Köln – Im vergangenen Jahr gab es im Rahmen des Festjahres 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland einen Tag der jüdischen Musik in Köln. Dieses Jahr folgt vom 4. bis zum 11. August ein ganzes Festival mit mehr als 50 Konzerten, das eine Brücke schlägt von weltbekannten Musikern wie dem Jazztrompeter Avishai Cohen oder der Sängerin Sharon Brauner zur jungen israelischen Musikszene mit der Band The White Screen aus Tel Aviv oder der Gruppe Ryskinder, die jüngst im legendären Berliner Club Berghain auftrat.
Älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen
„Wir wollen jüdische Musik auch nach dem großen Festjahr in Köln sicht- und hörbar machen“, sagte Claudia Hessel vom Kölner Forum für Kultur im Dialog am Mittwoch bei der Vorstellung des Programms in der Flora. Ein Dekret von Kaiser Konstantin aus dem Jahr 321 weist Köln als älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen aus. Der Stadt Köln komme auch wegen der Geschichte eine besondere Rolle zu, um der jüdischen Musikkultur ein Forum zu geben.
Dass diese weitaus vielfältiger sei als die oft genannte synagogale Musik und Klezmer, betonte Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorstand der Kölner Synagogen-Gemeinde, die das Festival genauso mitträgt wie die Kölner c/o pop.
In der Stadtbahn mit der Aufschrift „Schalömchen Köln“ der Kölner Verkehrs-Betriebe ist am 6. August ein interaktives Musiktheater des weltberühmten jüdischen Regisseurs Adrian Schwarzstein zu sehen. Ein Glockenspielkonzert ist am 7. August vor dem Historischen Rathaus zu hören, das Trio Picon spielt jüdischen Tango, Swing und Klezmer, die Gruppe Toda steht für ein interreligiöses Projekt mit Liedern aus christlicher und jüdischer Tradition. Wichtig sei es ihnen gewesen, ein hochkarätiges wie facettenreiches Programm zusammenzustellen, sagten das künstlerische Leitungs-Duo Ulrike Neukamm und Thomas Höft. „Vom Highlight-Konzert mit Weltstars über eine DJ-Session und Bandauftritten bis hin zu vielen Kurzkonzerten mit renommierten Künstlern und Newcomern“ wolle man „einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Musikstile jüdischer Künstler“ geben.
Motto des Festivals: Zuversicht
Um nicht nur ein Festival für Freunde der Hochkultur zu sein, sei es besonders wichtig, junge Musikerinnen zu integrieren, sagte Norbert Oberhaus, Geschäftsführer der c/o pop. Die Konzerte während der jüdischen Clubnacht im Buman & Sohn werden wie viele andere Veranstaltungen kostenlos sein.
Das Motto des Festivals „Shalom-Musik.Koeln“ lautet: „Zuversicht“. „Das Festival umspannt zum einen den jüdischen Trauertag Tischa beAv, der eine dreiwöchige Trauerzeit beschließt, mit dem wir an die Zerstörung unserer Tempel in Jerusalem gedenken“, erklärte Abraham Lehrer. „Zum anderen planen wir das Festival in einer Zeit, in der wir mit Schrecken auf den Krieg in der Ukraine schauen.“ Die jüdische Musik sei „leider schon oft gezwungen gewesen, in Zeiten des Leides Perspektiven zu entwickeln“. Man werde „die Nazis mit dem Festival nicht bekehren können“, so Lehrer. Ein Besuch sei freilich auch ein „Zeichen der Solidarität“.
Lehrer dankte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der sich noch vor seiner formalen Vereidigung nach der Wahl bereiterklärt hatte, die Schirmherrschaft für das Festival zu übernehmen.
Ministerpräsident Wüst ist Schirmherr
Das Menschheitsverbrechen des Holocausts wirke bis heute nach, schreibt Wüst in einem Grußwort. Antisemitismus sei „leider auch heute noch aktuell“. „Umso wichtiger ist es, mehr über jüdisches Leben bei uns zu erfahren, es zu erleben und zu verstehen.“
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker kündigte an, dass „Shalom-Musik.Koeln“ künftig alle zwei Jahre stattfinden soll. Mit dem Festival setze sich die Stadt für jüdisches Leben und jüdische Kultur und gegen Antisemitismus ein.