Zu wenig Plätze in KölnIn einem Stadtteil bekam die Hälfte der kommenden Erstklässler eine OGS-Absage

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Kinder mit Schulranzen auf der Bank.

Ganztagsplätze für die Kölner Erstklässler sind an manchen Grundschulen Mangelware.

In Köln fehlen an vielen Schulen ausreichende Kapazitäten für Küche und Mensa.

Nach den Schulferien freuen sich rund 10.000 Kölner Erstklässler auf ihren ersten Schultag. Viele Eltern haben ab diesem Tag allerdings ein gravierendes Problem. Denn: Es fehlen Plätze im Offenen Ganztag, die dann sicherstellen, dass es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktioniert: So etwa in der Erich-Ohser-Grundschule – der einzigen Grundschule in Pesch: In der Schule, die ab diesem Schuljahr von drei auf vier Eingangsklassen aufstockt, fehlen nach Angaben der Elterninitiative vor Ort 50 Plätze im Offenen Ganztag.

Das heißt, nur die Hälfte der neuen Erstklässler bekommt einen Platz. „Viele Familien, die Berufstätigkeit und Familie vereinbaren müssen, stürzt das wirklich in Nöte“, erläutert Elternvertreterin Eva Schömer. Erstklässler beenden ihren Schultag nämlich in der Regel um 12 Uhr.

Wie viele Plätze im Offenen Ganztag es in diesem Jahr in Köln zu wenig gibt, konnte die Stadt auf Nachfrage noch nicht sagen. Genaue Zahlen gebe es erst Mitte Oktober, wenn Schulen und Ganztagsträger die förderrelevanten Belegungszahlen vorlegen. Im vergangenen Schuljahr seien es etwa 750 Erstklässler gewesen, die keinen Platz bekommen haben. Dabei greift ab Schuljahresbeginn 2026/27 – also in zwei Jahren  der Rechtsanspruch für Erstklässler auf einen OGS-Platz.

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Engpässe, weil Küchen und Mensa zu klein sind

Köln stellt das vor riesige Herausforderungen: Neben dem Fachkräftemangel, der in allen Kommunen den Ausbau schwierig macht, ist es in Köln zusätzlich die herausfordernde Situation im Schulbau, die zu den Engpässen bei den Plätzen führt. Angesichts des akuten Schulplatzmangels an den Grundschulen, fehlen vielerorts ausreichend Räumlichkeiten, um den Ganztag in der erforderlichen Kapazität anzubieten. Zumal viele ihre Zügigkeit im Bestand erweitern mussten, um überhaupt alle Kölner Erstklässler mit einem Schulplatz zu versorgen.

Dabei ist das Nadelöhr vor allem die Mittagsverpflegung, auf die viele Grundschulen im Bestand selbst ohne Zügigkeitserweiterung baulich nicht anpasst sind. Ausgelegt sind die Grundschulen im Bestand nämlich auf eine Versorgungsquote von 50 Prozent. Das heißt, man ist beim damaligen Bau der teilweise schon in die Jahre gekommenen Schulen vom Raumprogramm her davon ausgegangen, dass nur jedes zweite Kind einen OGS-Platz beansprucht.

Anders als die nun neu gebauten Schulen haben die Schulen im Bestand daher viel zu kleine Küchen und Mensaflächen. An zahlreichen Grundschulstandorten ist daher der Bau von Mensen geplant oder wurde bereits begonnen. Reichen wird das aber nicht, um den Rechtsanspruch rechtzeitig sicherzustellen. Es braucht kurzfristige Interimslösungen.

In Pesch scheitert der Ausbau an einem Starkstromanschluss

Auch an der Grundschule in Pesch ist genau dies das Problem: Die Bewilligung der 50 Plätze scheitert bislang am rechtzeitigen Ausbau der OGS-Küche. Für die Küche gibt es seit zwei Jahren eine fertige Umbauplanung. Doch die Umsetzung stagniert. Die Stromversorgung für die Kühlung von Lunchpaketen für die Übergangszeit des Ausbaus reicht in der vorliegenden Form nicht aus. Es müsse ein Starkstromanschluss geschaffen werden, heißt es vonseiten der Schule. Dann könne der Umbau nach den vorliegenden Plänen begonnen werden. Schon weit vor dem Sommer sandte die Schule einen Hilferuf an die Gebäudewirtschaft, doch schnellstmöglich die nötigen Schritte einzuleiten, um die Kühlung sicherzustellen.

De facto klappte es vor den Sommerferien dann nicht. Die Stadt bestätigte auf Nachfrage, dass ein neuer Stromanschluss erforderlich sei. Dies lasse sich aber leider nicht so einfach und kurzfristig umsetzen. Man sei im Austausch mit der Rheinenergie und prüfe auch die Möglichkeit, eine Zuleitung zum benachbarten Gymnasium zu legen. Da dieses jedoch auch erweitert werden solle, müssten die Stromkapazitäten genau geprüft werden. „Wann es eine Lösung gibt und diese realisiert wird, steht daher noch nicht fest“, so die Stadt.

Ähnlich war die Lage zunächst in der Gemeinschaftsgrundschule Gartenstadt in Longerich. Dort musste die Schulleiterin Susanne Meiser und der Träger des Offenen Ganztags den Erstklässlereltern zwei Wochen vor den Sommerferien mitteilen, dass von den benötigten 52 Plätzen im offenen Ganztag für die künftigen Erstklässler nur 25 Plätze zugesichert werden könnten. Die Hälfte der angemeldeten Kinder bekam zunächst eine schriftliche Absage für den Offenen Ganztag: „Angesichts der Größenordnung und der Kurzfristigkeit war der Schock bei vielen Eltern groß“, berichtet Elternvertreterin Theresa Schwarze.

Auch in Longerich wurden die Absagen mit fehlenden Räumen und zu geringer Küchenkapazität begründet. Dabei wurde eigentlich von Stadt, Schule und OGS-Träger seit über einem Jahr an einer Lösung gearbeitet: Die Räume der angrenzenden Gemeinde sollten angemietet werden für 1200 Euro pro Monat plus der Kosten für die Warmlieferung des Essens. Was fehlte, war die verbindliche Zustimmung der Stadt. Weil die nicht kam, gab es die Absagen.

Bis 2029 fehlen noch mindestens 7000 zusätzliche Plätze

Nach der Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ kam nun Bewegung in die Sache. Die erforderlichen verwaltungsinternen Abstimmungen seien mittlerweile abgeschlossen, teilte die Stadt auf Nachfrage mit. „Erfreulicherweise kann dadurch allen Kindern mit Ganztagsbedarf im kommenden Schuljahr ein OGS-Platz an der Gemeinschaftsgrundschule Gartenstadt angeboten werden“, hieß es von einem Stadtsprecher. Die Freude bei den Eltern der Schule war riesig, dass es nun doch noch mit den Plätzen klappt.

Insgesamt steht Köln bei der Versorgungsquote im offenen Ganztag im Vergleich zu anderen Kommunen gut da: Im vergangenen Schuljahr kam man auf 87 Prozent. Allerdings war die Situation in den Stadtteilen sehr unterschiedlich. Während es in der Innenstadt bereits jetzt gelingt, alle Familien mit einem OGS-Platz zu versorgen, sind die Quoten in ohnehin benachteiligten Stadtteilen wie Kalk oder Chorweiler deutlich schlechter. Bis zum Schuljahr 2029 weitet sich der Rechtsanspruch auf alle Kölner Grundschulkinder aus. Die Stadt geht davon aus, bis dahin noch mindestens 7000 zusätzliche Plätze schaffen zu müssen.