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Staatskapelle Berlin zu Gast in KölnBarenboim glänzt mit Schubert und Beethoven

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Barenboim dirigiert in der Kölner Philharmonie       

Köln – „Die Stimme der Kultur darf nicht verstummen.“ Das Statement von Burkhard Glashoff, des Geschäftsführers der veranstaltenden Westdeutschen Konzertdirektion, löste bei Musikern und Publikum den erwarteten Beifall aus. Schütteren Beifall, wie er halt von lediglich 750 Zuhörern – allesamt Abonnenten der Kölner Meisterkonzerte – kommen kann. Traurig, traurig. Andererseits muss man in diesen Zeiten überhaupt dankbar dafür sein, dass eine Spitzenformation wie die Staatskapelle Berlin mit einem Dirigenten wie Daniel Barenboim noch nach Köln kommt – um dort vor einem kleinen, aber bemerkenswert andächtigen Publikum zu spielen. Tatsächlich: Die „Stimme der Kultur“ ist unter Corona-Herrschaft leiser geworden – „verstummt“ ist sie nicht.

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Back to the Roots? Besinnung aufs Essenzielle? Die Gäste brachten mit Schuberts h-Moll-Sinfonie und Beethovens „Eroica“ ein Programm mit, wie es auf Anhieb „kanonischer“ und einfallsloser nicht sein könnte. Das allein aber will nicht viel heißen, denn dem Geläufigsten noch einen individuellen, auch die Rezeption aus der „Kennen wir doch alles“-Attitüde herausreißenden Zugriff abzutrotzen – es dürfte eine der größten Herausforderungen auf dem Konzertpodium sein.

Keine Oberflächenbrillanz

Barenboim und den Seinen ist das in der Kölner Philharmonie gelungen, und zwar unter Verzicht auf Oberflächenbrillanz, pointierte Schärfe, „Drive“ und äußere Dramatisierung (bei Beethoven waren da allein schon die maßvollen Tempi vor). Die Vermutung, dass das nicht nur am Grundsound der Staatskapelle, sondern auch an Barenboims Alter liegt – er wird in diesem Jahr 80 –, liegt nahe, bedient aber ein Klischee; schließlich gibt es auch „alterswilde“ Dirigenten. Allemal bemerklich ist indes die Bewegungsarmut am Pult: Barenboim „schlägt“ nur gelegentlich, wichtiger sind kleine Gesten, vorgeformte Melodiebögen, auch dynamische Gewichtungen. Dahinter steckt selbstredend das gelassene Wissen, dass er vor diesem in allen Belangen exzellenten Klangkörper, dessen Hörner er (zu Recht) besonders lieb zu haben scheint, nicht viel „machen“ muss.

Stichwort Melodie: Bei der Interpretation der Schubert-Sinfonie lieferte sie in Gestalt eines instrumentalen Singens den alles beherrschenden Parameter. Nicht dass darüber die Konturentiefe der Partitur verloren gegangen wäre, aber es fiel schon auf, wie etwa, im ersten Satz, die Synkopen im Untergrund des zweiten Themas sozusagen ins Glied traten. Wo andere Dirigenten hier Unruhe und Störung inszenieren, hat Barenboim einen „harmonischeren“ Zugang.

Zu „versöhnlerisch“?

Anhänger der historischen Aufführungspraxis werden das vielleicht zu „versöhnlerisch“ finden, unstrittig aber kam hier auch eine sehr spezifische Weise musikalischer Zeitfüllung und, etwa bei den gedehnten Scharnieren zwischen den Gruppen, eines „Aus-der-Zeit-Fallens“ zur Geltung, die Schubert sehr angemessen scheint. Und es plätscherte auch nicht einfach behaglich dahin: Der Spannungsaufbau in der Durchführung hatte schon Bruckner'sche Dimensionen und Gewalt.

Einwände gegen die grundsätzliche Deutungslinie könnten im Fall der „Eroica“ noch schärfer ausfallen. Auch bei dieser also ließ Barenboim es singen, wo es nur irgend ging. Ist das zu nett, unangemessen weichzeichnend? Einsichtig dürfte allemal sein: Wer von Barenboim erwartet, etwa einen Paavo Järvi zu geben, ist selber schuld. In dieser Liga wird man zu akzeptieren haben, dass es sehr unterschiedliche Interpretationsansätze gibt, ohne dass dieser „richtig“ und jener „falsch“ wäre.

Suggestive Beklemmung

Wie auch immer: Kaum entziehen konnte man sich zumal der suggestiven Beklemmung im Trauermarsch des zweiten Satzes. Der Adagio-Priester des Klaviers wurde am Pult zum sinfonischen Priester. Verzweiflung und Trost, Aufbäumen und Zurücksinken und am Schluss die eindringlich gestaltete Zerfallslogik des Satzes – das alles hatte Größe und Stil. Ein Requiem etwa für die Corona-Opfer?