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Daniel Hug zur Art Cologne„Wir sind nicht mehr der globale Liebling“

Lesezeit 6 Minuten
Daniel Hug schaut in die Kamera

Daniel Hug, Leiter der Kölner Kunstmesse Art Cologne

Art-Cologne-Chef Daniel Hug über die neue Messeausgabe, die liebe Konkurrenz und warum er nicht aufhört, von einem besseren Köln zu träumen.

Daniel Hug, an diesem Donnerstag startet die Art Cologne. Was sind die neuen Trends auf der Kölner Messe?

Daniel Hug: Neue Kunst aus Asien, dem Nahen Osten und Afrika. Viele der jungen Galerien in der Sektion Neumarkt zeigen Künstler mit Wurzeln im Nahen Osten oder in Asien. Neuausstellerin Silke Lindner aus New York präsentiert eine Einzelausstellung von Ang Ziqi Zhang, einer in Kanada geborenen Künstlerin mit asiatischen Wurzeln, die noch in diesem Jahr im Neuen Essener Kunstverein zu sehen sein wird, oder die Galerie Khoshbakht aus Köln zeigt eine Einzelausstellung von Raha Raissnia, die in Teheran geboren wurde und heute in den Vereinigten Staaten lebt. Auch der Wolfgang-Hahn-Preis geht in diesem Jahr an Anna Boghiguian, die in Kairo geboren wurde.

Gibt es andere neue Entwicklungen?

Viele junge Galerien sind nicht nur dazu übergegangen, nur regionale Künstler zu zeigen, sie arbeiten auch mit immer älteren Künstlern zusammen; die Assoziation, dass junge Künstler körperlich jung sind, trifft nicht mehr zu. Deborah Schamoni zum Beispiel zeigt eine Einzelausstellung von AL Steiner, einem amerikanischen Multi-Media-Künstler, der 1967 geboren wurde, Raha Raissnia wurde 1968 geboren, Boghiguian wurde 1946 geboren, die Kunstwelt scheint in letzter Zeit ihren Altersdiskurs verloren zu haben, was eine sehr gute Sache ist.

Die Koelnmesse sucht nach einem neuen Termin für die Möbelmesse – möglicherweise im Herbst. Planen sie intern schon den nächsten Terminumzug für die Art Cologne?

Nein, wir sind sehr zufrieden mit unserem Termin Anfang November. Es ist schließlich der ursprüngliche und traditionelle Termin, an dem die Art Cologne von 1967 bis 2004 stattfand.

Viele Zeichen, die als große Marktkorrektur gesehen werden, wurden falsch interpretiert
Daniel Hug

Iwan Wirth, einer der wichtigsten Galeristen weltweit, warnte kürzlich davor, eine Untergangsstimmung am Kunstmarkt herbeizureden. Sehen Sie eine ähnliche Gefahr im deutschen Kunstbetrieb?

Ich denke, Iwan Wirth wollte mit seinem offenen Brief während der Art Basel zeigen, dass viele Zeichen, die oft als große Marktkorrektur gesehen werden, falsch interpretiert worden sind. Nach dem Erfolg der Art Basel Paris würde ich sagen, dass er recht hatte. Amerikanische Sammler haben nicht aufgehört zu kaufen; viele reisen seit der Pandemie einfach weniger und besuchen seltener Messen im Ausland. Umgekehrt gilt das auch: Europäische Sammler reisen weniger zu Messen in Asien und den USA. Insgesamt sind alle Messen regionaler geworden. Die diesjährige Frieze wirkte auf mich im Vergleich zur Art Basel Paris wie eine sehr lokale Messe. Der Art Cologne wird es gut gehen – wir sind zwar seit den frühen 2000er Jahren nicht mehr der globale Liebling, haben aber ein starkes, interessiertes Publikum in Deutschland und den Benelux-Ländern.

Die Art Basel macht sich mit ihrem Pariser Ableger selbst Konkurrenz. Grund zur Freude für Sie oder eher Grund zur Sorge?

Die Art Paris war in diesem Jahr in der Tat eine fantastische und erfolgreiche Veranstaltung, und viele Amerikaner, die auf der Art Basel gefehlt haben, waren gekommen. Obwohl Paris der neue Favorit ist, wird die Art Basel eine sehr wichtige Messe bleiben, vor allem für den europäischen Kontinent. Maike Cruse, die Direktorin der Art Basel, hat unsere kurzlebige Art Berlin Messe geleitet, und macht einen sehr guten Job. Ich denke, sie führt das deutsche Element wieder ein, das bis in die 1990er Jahre eine sehr wichtige Rolle in Basel spielte, was durch die globalen Ambitionen der früheren MCH Group Leitung überschattet wurde.

Ein Soldat liegt am Boden.

Josef Scharls Gemälde „Toter Soldat II“ (1953) ist auf der Art Cologne beim Kunsthandel Hagemeier zu kaufen.

Die Art Cologne findet dieses Jahr zeitgleich zur Paris Photo statt. Gab es Absagen deswegen?

Ja, wir haben zwei Galerien verloren, die sich hauptsächlich auf Fotografie konzentrieren. Einer unserer Stammaussteller, Sebastian Klemm, ist zufällig auch im Auswahlkomitee der Paris Photo, und er war der Erste, der mir sagte, dass die Paris Photo über die Terminüberschneidungen besorgt war. Aber nachdem wir uns mit der Paris Photo in Verbindung gesetzt und über unsere jeweiligen Aussteller und Besucher gesprochen hatten, stellten wir nur geringe Überschneidungen fest. Die Paris Photo wird nun am Mittwoch, den 6. öffnen, und wir am Donnerstag. Wenn es gut läuft, könnten wir sogar mehr Besucher aus Übersee gewinnen, aber wir werden sehen.

Sie beklagen, dass in Köln nicht genug Museumsausstellungen zur Art Cologne eröffnen. Hat die Messe bei den Direktoren nicht mehr denselben Stellenwert wie früher?

Ich habe doch ein Recht zu träumen. Es ist natürlich immer schön, wenn die hiesigen Museen, von denen eines zufällig auch weltberühmt ist, wie das Museum Ludwig, Blockbuster-Ausstellungen für die Art Cologne organisieren. Solche Ausstellungen ziehen Sammler an. Sammler, die Werke für die Ausstellungen leihen oder Sammler, die in die gezeigten Künstler investieren, auch die Galerien, die die Künstler vertreten. Aber ich bin in letzter Zeit realistischer geworden und verstehe angesichts der Basel/Paris-Dynamik, dass das einfach nicht möglich ist, dass Köln letztlich eher ein größerer Ballungsraum in der Nähe von Paris ist als Basel.

Die Galerien bestimmen, wie relevant und gesund Köln als Kunststadt ist
Daniel Hug

Wie meinen Sie das?

Basel mit seinen 500.000 Einwohnern hat keine andere Wahl, als seine wichtigsten Ausstellungen während der Messe zu veranstalten, wenn die Menschen aus dem Ausland dorthin reisen und zu Besuch kommen. Köln als Millionenstadt ist in diesem Sinne näher an Paris und ist das ganze Jahr über interessant, nicht nur während der Messe.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Kunststadt Köln im Allgemeinen?

Ich sehe die Entwicklung der Kunststadt Köln im Grunde positiv. Als ich 2009 als künstlerischer Leiter der Art Cologne anfing, haben eine Reihe guter und starker junger Galerien und Off-Spaces eröffnet, 2010 haben sich einige Galerien entschieden, nicht nach Berlin zu ziehen, was damals der Trend war. Wichtige Weltstars wie Karsten Greve sind weiterhin in Köln tätig. In letzter Zeit sind neue Galerien wie Alex Serra nach Köln gezogen, es haben Galerien wie GAA Project, Norbert Arns und Off-Spaces wie Cherry Hill wirklich großartige Ausstellungen organisiert. Galerien wie Jan Kaps und Ruttkowski:68 werden im Ausland wahrgenommen und sind in die Nähe von Galerien wie Daniel Buchholz, Gisela Capitain und Nagel/Draxler aufgestiegen. Ruttkowski:68 hat sogar Galerien in New York und Paris eröffnet.

Was könnte die Stadt tun?

Meiner Meinung nach sind es die Galerien, die bestimmen, wie relevant und gesund Köln als Kunststadt ist. Es ist schwer, eine Sache zu benennen, die die Stadt Köln unternehmen sollte, um relevant zu bleiben. Einige sagen, wir brauchen mehr bezahlbare Künstlerateliers, andere glauben, wir brauchen mehr öffentliche Skulpturprojekte, das sind großartige Ideen, die sicherlich bei der Entwicklung als Kunststadt helfen würden, aber am wichtigsten ist es, die Galerien in Köln zu halten.


Art Cologne, Koelnmesse, 7. bis 10. November 2024, Vernissage: 7. November, 16-20 Uhr, Fr.-Sa. 11-19 Uhr, So. 11-18 Uhr. Tageskarte (außer Vernissage): 34 Euro/ 29 Euro. Abendkarte (ab 16 Uhr): 29 Euro. Tickets auf https://tickets.artcologne.de