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Deutscher Jazzpreis 2024Viele Musikerinnen und Musiker aus Köln sind nominiert

Lesezeit 5 Minuten
Auf dem Bild ist eine blonde Frau in einem pinken Hemd zu sehen. Sie hält ein Saxophon. Im Hintergrund ist ein glänzender, pinker Vorhang.

Kira Linn ist für den Deutschen Jazzpreis 2024 nominiert

Im E-Werk wird der Deutsche Jazzpreis verliehen. Unter den Nominierten sind etliche Musikerinnen und Musiker aus Köln

Fast wäre ein Wunder geschehen: Als bekannt wurde, dass der Deutsche Jazzpreis 2024 und 2025 in Köln verliehen wird, kam die Hoffnung auf, dass dieses wichtige Musikereignis das „neue“ Opernhaus auf dem Offenbachplatz einweihen könne – jenen Ort, an dem vor fast 50 Jahren Keith Jarrett sein legendäres „Köln Concert“ spielte. Der Traum währte nur kurz, nun findet die Jazz-Gala im E-Werk statt, was der Freude keinen Abbruch tut. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sieht den Rang Kölns als ein Zentrum der Jazzmusik bestätigt: „Durch die internationale Bedeutung des Preises werden zukünftig noch mehr Impulse von der Kölner Jazzszene ausgehen.“

Die vierte Verleihung des Deutschen Jazzpreises findet zur rechten Zeit in Köln statt. Nun bestehe die Chance, sagt Saxofonistin Angelika Niescier, „dass noch mehr Menschen uns und unsere Musik kennenlernen. Ganz egal, auf welchem Sektor des Jazz man sich betätigt, wirklich Mainstream sind wir doch nie. Wenn unsere Musik jetzt noch weiter herausgehoben wird, dann sehen viele, dass es am Rand des Mainstream-Radars etwas sehr Spannendes gibt.“ Auch Sängerin Anette von Eichel ist überzeugt, dass der Jazzpreis „unsere künstlerische Arbeit im Jazz einer größeren Öffentlichkeit näherbringt. Das ist für alle gut und zeigt, wie lebendig der Jazz in Deutschland ist, wie vielseitig, brodelnd und in Entwicklung“.

Respekt und Anerkennung für Musikerinnen und Musiker aus Köln

Satte 1.150 Einreichungen sichtete eine internationale Fachjury, aus denen sie 72 Nominierungen auswählte. Nun trifft die Hauptjury die finale Wahl und ermittelt jene 22 Jazzpreise, die Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, am Donnerstag verleihen wird. Dotiert sind sie mit je 12.000 Euro, wer nicht ausgezeichnet wird, erhält 4.000 Euro Nominierungsgeld. Angelika Niescier ist gleich doppelt nominiert: in der Kategorie „Holzblasinstrumente“ sowie als „Live-Act des Jahres“, was den hohen Stellenwert verdeutlicht, den die international renommierte Kölner Saxofonistin im Jazz hat.

Auch Anette von Eichel lebt und arbeitet in Köln, sie ist – ebenso wie die in Köln geborene Sängerin Simin Tander – in der Kategorie „Vokal“ nominiert. „Die Stimme und der Gesang haben im Jazz immer schon visionäre und weitreichende Aufgaben erfüllt“, sagt sie. „Wir haben eine ganz eigene Art, mit dem Sound der Stimme, dem Phrasing von Text, Interpretation und Improvisation, mit und ohne Text, umzugehen. Diese Art zu singen, hat eine vielseitige, lange und reiche Tradition und ist wirklich etwas Besonderes.“

Jazz wird einem größerem Publikum nähergebracht

Der Posaunist Janning Trumann ist in der Kategorie „Blechblasinstrumente“ nominiert (wie auch der in Köln geborene Trompeter Axel Dörner). Gerne nimmt Trumann den „kleinen Ritterschlag“ an, hebe er doch seine musikalische Seite hervor: „Gerade in Köln wird meine Person oft mit meiner Funktion als Künstlerischer Leiter der Cologne Jazzweek verknüpft, aber ich bin und bleibe ja auch Posaunist und Musiker.“

Mareike Wiening ist in der Kategorie „Schlagzeug/Perkussion“ nominiert, und auch sie betont den hohen kulturpolitischen Stellenwert des Jazzpreises. Zugleich fühlt sie sich persönlich wertgeschätzt: „Schon die Nominierung ist eine wertvolle Anerkennung und gibt mir die Chance, meine Musik einem breiteren Publikum vorzustellen. Das motiviert mich, meine künstlerischen Visionen weiter zu verfolgen.“ Vor zwei Jahren war Wienings Band als „Ensemble des Jahres“ nominiert, „jetzt werde ich eher als Sidewoman in anderen Projekten gewürdigt, was ja einen bedeutenden Teil meiner Tätigkeit ausmacht“.

Künstlerinnen und Künstler veröffentlichten tolle Alben

Eines verbindet die in Köln lebenden Nominierten: Sie alle veröffentlichten aktuell vorzügliche Alben, die über die instrumentale Kompetenz hinaus von einer stupenden kompositorischen Gestaltungskunst zeugen. So glückte dem Ingen Nevn Trio um Saxofonistin Inge Rothamel mit „Elewha“ ein komplexes Klanggemälde, das zu Recht als „Debüt-Album des Jahres“ nominiert ist. In der Kategorie „Komposition/Arrangement“ bewerben sich gleich drei Kölner Nominierte um den Jazzpreis, und alle hätten ihn verdient. „Protecting A Picture That’s Fading“ ist eine knapp halbstündige Odyssee des Saxofonisten Fabian Dudek und seines Ensembles La Campagne durch mal pastellene, mal energetische Stimmungsmomente.

„Collisione Mondiale“ von Hans Lüdemann stammt aus dessen Album „On the Edges 3“, dem dritten von auf fünf Teile ausgelegten Projekt, das der Pianist mit dem TransEuropeExpress Ensemble einspielt: ein kraftvolles Opus, reich an subtil geschichteten Passagen. „Dass die Komposition von der Jury wahrgenommen und herausgehoben wurde, hatte ich gehofft“, sagt Lüdemann, „aber nicht unbedingt erwartet. Es ist aber das Stück, das mir besonders am Herzen liegt, und es erstaunt mich selbst, dass es zwei Jahre nach Entstehen noch immer wie eine unmittelbare musikalische Resonanz auf die Spannungen und Konflikte klingt, mit denen wir konfrontiert werden.“

Alexander von Schlippenbach wird für Lebenswerk geehrt

Kira Linn schließlich ist für „Woman to Sky“ nominiert, zu hören auf dem Album „Illusion“ ihres Ensembles Linntett. Darauf brilliert die junge Baritonsaxofonistin ebenso als Sängerin und Komponistin: „Während Corona habe ich viel Musik gehört und viele Gedichte gelesen. So entstand der Impuls, eigene Texte zu schreiben und sie als Stilmittel einzubauen. Viele persönliche Gedanken sind eingeflossen, wobei mir ‚Woman to Sky‘ besonders viel bedeutet: Die Komposition soll Frauen ermutigen, sich gegenseitig mehr zu unterstützen, weil es immer noch keine ausreichend praktizierte Gleichberechtigung gibt.“

Am Donnerstag wird sich zeigen, wer den Deutschen Jazzpreis bekommt, die Konkurrenz ist groß und zeugt von der Dichte herausragender Jazzerinnen und Jazzer in Deutschland. Bereits jetzt steht fest, wer den Preis fürs Lebenswerk erhalten wird. Der große Avantgarde-Pianist Alexander von Schlippenbach wurde soeben 86 Jahre alt, und auch er ist mit Köln verbunden: Hier machte er Abitur, hier studierte er an der Hochschule für Musik und Tanz, hier begeisterte er mit wild-virtuosen Konzerten, so auch 2023 im Klavier-Duo mit Aki Takase auf der Cologne Jazzweek. Diese wiederum erhielt den Deutschen Jazzpreis ein Jahr zuvor – als Festival des Jahres.

Zur Veranstaltung

Deutscher Jazzpreis 2024. Verleihung am 18.4., E-Werk Köln, alle Informationen dazu gibt es hier.

Aktuelle CDs der Kölner Nominierten

Fabian Dudek & La Campagne: Protecting A Picture That’s Fading. Traumton

Kira Linn Linntett: Illusion. Second Records/Cargo

Hans Lüdemann & TransEuropeExpress Ensemble:On the Edges 1-3, BMC/Galileo

Angelika Niescier, Tomeka Reid, Savannah Harris: Beyond Dragons. Intakt

Ingen Navn Trio: Elewha. Berthold Records/Cargo

Simin Tander: Unfading. Jazzhaus Records

Janning Trumann: Echo. Tangible Music

Anette von Eichel: Belonging. Double Moon

Mareike Wiening: Reveal. Greenleaf/H’Art)