Bei „Hart aber fair“ gab es am Montagabend ein Halbzeitzeugnis für die Bundesregierung. Gut fiel das nicht aus: Es wird zu viel gestritten.
„Hart aber fair“ zu Ampel-StreitigkeitenDürr strauchelt bei Fragen zu FDP-Verhalten beim Heizungsgesetz
An der Ampel wartet niemand gerne. In gewisser Weise lässt sich dieses Bild aktuell auf die Bundespolitik übertragen. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP leitet die politischen Geschicke in Deutschland seit zwei Jahren, in zwei Jahren steht die nächste Wahl an. Ein klassischer Zeitpunkt, um eine Bilanz zu ziehen. So tat es auch „Hart aber fair“ am Montagabend.
Hart aber fair am 12. September: Das sind die Gäste
Schon der Sendungstitel verrät, dass die Tendenz eher ins Negative fällt. Dort heißt es: „Schwierige Halbzeitbilanz: Verliert sich die Ampel im Dauerstreit?“ Diese Frage diskutierte Moderator Louis Klamroth mit folgenden Gästen:
- Michael Kellner (Bündnis 90/Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium
- Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP
- Ralph Brinkhaus (CDU), Bundestagsabgeordneter, ehemaliger Fraktionsvorsitzender
- Pro. Dr. Ursula Münch, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr München sowie Direktorin der Akademie für Politische Bildung
- Stephan Lamby, Journalist, Autor und Produzent
„Wenn eine Regierung zu viel streitet, dann lähmt sie sich“, findet Journalist Stephan Lamby. Die aktuellen Streitigkeiten findet er eher destruktiv als kontruktiv.
Ein großer Streitpunkt der vergangenen Monate: das Heizungsgesetz. Seit Februar wird es in der Öffentlichkeit diskutiert. Grünen-Politiker Michael Kellner hat es „in furchtbarer Erinnerung. Das war ein unglaublich zäher Prozess.“ Und „sicherlich ein Tiefpunkt innerhalb der Debatte in der Ampel.“
„Hart aber fair“: Journalist Lamby kritisiert Christian Lindner und Robert Habeck
Warum, das kann Stephan Lamby gut erklären. Der Journalist hat die Bundesregierung über zwei Jahre für eine Dokumentation begleitet. Und kann sich gut an eine Situation in der Bundespressekonferenz erinnern:
Gerade dann, als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seinen Entwurf zum Heizungsgesetz vorstellen wollte, ploppte ein Tweet von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf. In diesem kritisierte Habecks Koalitionspartner den Entwurf. Laut Lamby kein Zufall: „Das war Kalkül von Lindner, Habeck da in die Parade zu fahren. Ich habe das Gefühl, dass da etwas gebrochen ist. Nämlich Vertrauen.“
Aber: Das sei „nicht nur ein Foul von Lindner“ gewesen, sondern auch „das Unvermögen von Habeck, die offenen Fragen im Vorfeld in der Regierung abzustimmen.“
„Hart aber fair“: FDP habe Angst parteipolitisch ausgenutzt
Ein hervorragender Anker, um von hier aus über die Streitigkeiten innerhalb der Ampel zu diskutieren. Ein erster Entwurf war an die „Bild“ durchgestochen worden. Die bezeichnete die Ideen „wie aus einer Diktatur.“ Lamby hat diese Situation genau beobachtet: „Die 'Bild' hat angefangen, eine Kampagne zu machen. Und die FDP hat sie parteipolitisch für sich genutzt.“
Ein Vorwurf, den FDP-Politiker Dürr in der Folge nicht ausräumt, es vielleicht auch nicht kann. Lamby weiter: „Es wurde versucht, den Leuten Angst zu machen. Und es war eine erfolgreiche Kampagne.“
Auch Ursula Münch, Professorin für Politikwissenschaften, sieht eine Wurzel der Streitigkeiten rund um das Heizungsgesetz genau hier: „Die 'Bild' hat mit dazu beigetragen, dass die Leute Angst vor diesem Gesetz haben. Den Eindruck hatten, sie müssten die Heizung am nächsten Tag rausreißen. Und das Fatale ist ja: An dem Gesetz hat sich seitdem Vieles geändert. Aber die Angst ist geblieben.“
CDU-Politiker Brinkhaus fordert Olaf Scholz als stärkeren Moderator
Kommen also viele Streitigkeiten in der Ampel von außen? Mitnichten, das zeigt nicht nur das Beispiel aus der Bundespressekonferenz, als auf Lambys Smartphone der Tweet von Christian Lindner aufploppte. Bei vielen Themen gibt es Reibereien. CDU-Politiker Ralph Brinkhaus stellt, nicht als Erster, die Frage in den Raum: „Wo ist Olaf Scholz beim Heizungsgesetz gewesen? Oder bei der Kindergrundsicherung?“
Politiker der Ampelregierung betonen – auch regelmäßig in der Sendung „Hart aber fair“ – gerne, dass es aktuell auch so viel zu tun gebe, weil in den Jahren mit der CDU in der Regierung zu wenig passiert sei. Das betont FDP-Mann Dürr auch an diesem Montagabend wieder, Ralph Brinkhaus kontert hier. In der Großen Koalition, also zwischen SPD und CDU in den Jahren zuvor, sei „Vieles besser moderiert worden.“
Grünen-Politiker Kellner antwortet mit einem Sport-Vergleich, Klamroth geht darauf ein: „Muss also der Trainer ausgetauscht werden?“ Und meint damit nicht den jetzt ehemalige Fußball-Bundestrainer Hansi Flick, sondern Bundeskanzler Olaf Scholz. Kellner sieht die Verantwortung mehr bei der Mannschaft als bei deren Trainer. Politisch gesehen. „Wir haben uns zu viel am Fußball und zu wenig am Basketball orientiert. Zu wenig gemeinsam gespielt.“
Aber die Kritik an dem für viele zu unsichtbaren Politik-Bundestrainer Scholz kann er damit nicht wegwischen. Das zeigt auch ein Einspieler aus Magdeburg, bei dem Passantinnen und Passanten einer Scholz-Pappfigur ihre Meinung sagen sollten. Auch hier kam die Meinung zum Vorschein: bitte doch mal auf den Tisch hauen.