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Cecilia Bartoli in der Kölner PhilharmonieSo atemberaubend klingt Händels Cleopatra

Lesezeit 3 Minuten
Eine Nahaufnahme von Cecilia Bartoli. Sie hat dunkle, gewellte Haare und braune Augen. Sie trägt Lippenstift und ein schwarzes Kleid.

Cecilia Bartoli

Für eine konzertante Version der Oper „Giulio Cesare in Egitto“ trat in der Kölner Philharmonie die perfekte Cleopatra auf: die Opernsängerin Cecilia Bartoli.

Kühl berechnende Strategin, Männer bezirzender Vamp, entsagungsvoll Liebende: Händels Cleopatra ist all das - und noch einiges mehr. Um das zu zeigen, hat der Komponist ihr ganze acht Arien auf den königlichen Leib geschrieben. Sechs davon waren nun bei einer konzertanten Aufführung der Oper „Giulio Cesare in Egitto“ („Julius Cäsar in Ägypten“) in der Philharmonie zu erleben, von Cecilia Bartoli mit atemberaubender Virtuosität und subtiler Charakterisierungskunst gestaltet.

Dabei ließ es sich die Römerin nicht nehmen, dem Publikum im ausverkauften Haus die Königstochter vom Nil auch optisch in schillernder Wandelbarkeit zu präsentieren - mal mit Pagenkopf, mal mit Lockenmähne, mal im schlichten schwarzen Kleid, mal in großer türkisfarbener Robe, von Frischluft fächelnden Sklaven begleitet. Eine gehörige Portion Ironie war natürlich stets mit dabei, was das Stück übrigens auch glänzend verträgt: So ganz geht die Barockoper ja nie in der szenischen Illusion auf, sie ist immer auch ein bisschen Revue, Sängerfest und selbstgefällig zelebrierter Divenmoment.

Cecilia Bartoli tritt in Kölner Philharmonie auf

Dies augenzwinkernd anzudeuten, ohne der grandiosen „Se pietà“-Arie im zweiten Akt ihre abgründige Traurigkeit zu nehmen, ohne die pure Sinnlichkeit in „V’adoro, pupille“ preiszugeben - wer könnte das besser, überzeugender als Cecilia Bartoli? Dass die Stimme mittlerweile in ihrer Reifephase angekommen ist, hörte man allenfalls in jenen emotional gesteigerten Momenten, die großen Körpereinsatz fordern. Wo die Sängerin mit hauchzart gesponnenen Pianissimo-Phrasen zaubern („Piangerò“) oder ein furioses Koloratur-Feuerwerk abbrennen konnte („Da tempeste“), klang sie so frisch und vital wie eh und je.

Cecilia Bartolis anspringende Bühnenpräsenz macht es nahezu unvermeidlich, dass jede Veranstaltung mit ihr zur Veranstaltung um sie herum wird. Hier war das aber keineswegs so: Die Aufführung war in jeder Partie so exzellent besetzt, im Zusammenspiel der Figuren so zwingend verbunden, dass sich eine Ensembleleistung von größter Geschlossenheit ergab - und das, obwohl dieser schier endlose Reigen weitgehend gleich gebauter Arien ohne jede optische Auflockerung, ohne Inszenierung, Dekoration und Beleuchtung abrollen musste.

Oper „Giulio Cesare in Egitto“ mit famoser Sängerriege

Das Publikum feierte die famose Sängerriege mit ungeteiltem Jubel: Der italienische Countertenor Carlo Vistoli gab der Titelfigur mit seiner großen, metallisch anpackenden Stimme das erforderliche Feldherren-Format, konnte aber als zärtlicher Liebhaber auch mühelos auf feinere vokale Schwingungen umschalten. Sein Fachkollege Max Emanuel Cencic zeichnete Cleopatras Bruder Tolomeo nicht als platten Fiesling, sondern als schwierigen Charakter im Wechselspiel von Stolz und Ranküne.

Dritter Countertenor im Bunde war der wunderbare Kangmin Justin Kim als bald jugendlich ungestümer, bald ängstlich zaudernder Jüngling Sesto, der mit der Rächerrolle am gemordeten Vater völlig überfordert ist. Das Duett mit seiner Mutter Cornelia, der anrührend intensiv gestaltenden Sara Mingardo, war ein Höhepunkt des Abends. Die einzige tiefe Männerstimme im Ensemble gehörte dem ausgesprochen kultiviert und beweglich singenden bolivianischen Bass Josè Coca Loza (Achilla).

An den Pulten saßen Les Musiciens du Prince - Monaco, ein fabelhaftes Barockorchester, das Cecilia Bartoli 2016 mit Unterstützung des monegassischen Fürstenhofes gegründet hat. Dass man sich nicht als dienstbare Bartoli-Band versteht, machte Chefdirigent Gianluca Capuano mit energischen Tempi und Kontrastwirkungen bis an den Rand der Überzeichnung deutlich. Es gab exquisite Soli (Flöten, Oboe, Horn) zu hören, gewöhnungsbedürftig waren indes die teils sehr aufwändig auskomponierten Varianten in den Orchester-Ritornellen: So zentral die Verzierungskunst für die Barockoper auch sein mag, sie gehört doch idealerweise in den Bereich des Spontanen, Improvisatorischen und sollte Hoheitsgebiet der Sänger bleiben.