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Kölner PhilharmonieLetzter Kölnbesuch des Emerson String Quartet

Lesezeit 2 Minuten
Die Mitglieder des Emerson String Quartet, gekleidet in schwarzen Anzügen und schwarzen Hemden

Das Emerson String Quartet macht eine letzte Abschiedstournee

Seit 46 Jahren ist das Emerson String Quartet auf den internationalen Konzertpodien aktiv. In der Kölner Philharmonie war das New Yorker Ensemble insgesamt zehnmal zu Gast - aber dabei wird es nun auch bleiben: Eugene Drucker, Philip Setzer (Violine), Lawrence Dutton (Viola) und Paul Watkins (Cello) sind derzeit auf großer Abschiedstournee; Ende der Saison wird sich das Quartett auflösen.

Für die Kammermusikwelt ist das fraglos ein herber Verlust, auch wenn der letzte Abend der Emersons in der Kölner Philharmonie nicht gerade vielversprechend begann. Haydns G-Dur-Quartett op. 33/5 fehlte es durch die leicht säuerliche Klanggebung des Primarius an Oberflächenglanz, die Artikulation war pauschal, der Scherzo-Humor gedämpft. Die Staccati im Finalthema kamen so weich gebettet daher, dass sich der duftige Siciliano-Charakter kaum einstellte.

Emerson String Quartett zum Abschluss mit Haydn, Schostakowitsch und Bartók

Haydn zum Warmspielen? So ganz ließ sich dieser Eindruck nicht verdrängen. Sehr viel mehr Fortüne hatten die Amerikaner bei den beiden großen Streichquartett-Antipoden der klassischen Moderne, Dmitri Schostakowitsch (Nr. 12 von 1968) und Béla Bartók (Nr. 2 von 1915-17). Beide Komponisten hat das Quartett mit Referenz-Einspielungen ihres kompletten Quartettschaffens bedacht; die tiefe Einsicht in ihre jeweilige musikalische Sprache und Stilistik war hier denn auch in je-dem Takt eindrucksvoll zu vernehmen.

Bei Schostakowitsch agierten die vier aus einer Grund-Gelassenheit heraus, die den flächig angelegten Kopfsatz mit weitem Atem erfüllte und das labile Gefüge aus Des-Dur-Tonalität und Zwölftonthematik glasklar aufschloss. Die obsessive Motivik des zweiten Satzes war mit großem Nachdruck formuliert, aber ohne gesuchte Effekte, ganz aus der musikalischen Substanz entwickelt.

Die vier Musiker spielen in der Kölner Philharmonie wie ein Streicher

Das Publikum lauschte dieser eher spröden, von Längen nicht ganz freien Quartettkunst mit größter Aufmerksamkeit; die allgemeine Begeisterung steigerte sich aber noch nach Bartóks zweitem Quartett, das in der technischen Bewältigung, im organischen Bau, in der emotionalen Erschütterung kaum besser dargestellt werden kann. Die fragilen Gesten der langsamen Rahmensätze wurden so behutsam weitergereicht, als seien es rohe Eier; die fiebrige Fluchtbewegung am Ende des Scherzos war so minuziös koordiniert, als spiele da ein einziger Streicher auf seiner Riesengeige.

Mit zwingender Konsequenz war das Finale gestaltet - als ein Prozess der allmählichen Auflösung und Auslöschung, an dessen Ende nur noch zwei einsame Pizzicato-Klänge von Bratsche und Cello übrigblieben. Mit diesem Eindruck im Ohr wäre man gern still aus dem Saal geschlichen, aber die Emersons hielten noch ein freundliches Nachspiel bereit: die Nr. 7 aus Antonín Dvořáks „Zypressen“-Zyklus. (rue)