Der Kammerchor der Universität trat mit dem Gürzenich Orchester in der Philharmonie auf. Zuerst gehörte die Bühne aber dem Pianisten Alexandre Kantorow.
Kammerchor der Uni Köln in der PhilharmonieSirenengesänge und Kantorows Klavierzauber
Das dritte seiner „Trois Nocturnes“ widmete Claude Debussy den Sirenen, jenen Meermonstern der griechischen Mythologie, die mit ihrem betörenden Gesang Seeleute ins Verderben lockten. Die Gefährten des Odysseus wappneten sich, indem sie ihre Ohren mit Wachs verschlossen - aber das wäre bei der philharmonischen Gürzenich-Matinee ein grober Fehler gewesen.
Duncan Ward und der Kammerchor der Uni Köln in der Philharmonie
Hier liehen 32 junge Damen aus dem Kammerchor der Universität zu Köln den männermordenden Ungeheuern ihre Stimmen - mit einem kühlen, fast vibratolosen und schlank in die Höhe steigenden Klang, der (ganz im Sinne der Musik) eher das Rätselhafte als das Verführerische in den Blick nahm.
Auch orchestral war das eine superbe Darstellung, mit flüssigem Schlag und lächelnder Eleganz geleitet von dem jungen Briten Duncan Ward, der das Konzert für den (derzeit aus bekannten Gründen pausierenden) GMD François-Xavier Roth übernommen hatte. Der makellose Ansatz der Bläser, die durchsichtigen Texturen, das organische An- und Abschwellen der Phrasen - all das war mit einer lockeren Kompetenz gestaltet, die das reiche Farbenspiel dieser grandiosen Musik mustergültig aufschloss.
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Alexandre Kantorow spielt das fünfte Klavierkonzert von Camille Saint-Saëns
Vorangegangen war in dem rein französischen Programm das fünfte Klavierkonzert („Ägyptisches“) von Camille Saint-Saëns, das vom Gürzenich-Orchester zuletzt 2016 gespielt worden war. Damals hatte Jean‐François Heisser das Stück eher in einem beiläufigen Plauderton angelegt; „Artist in Residence“ Alexandre Kantorow ging nun deutlich mehr zur Sache: Den Oktavendonner des Finales schüttelte er mit müheloser Bravour aus dem Ärmel, aber auch die feineren Klangwerte des Stückes kamen bestens zur Geltung - das leichtgewichtige, feinkörnige „Jeu perlé“ im Kopfsatz etwa oder die zarten Mixturklänge im Mittelsatz, dem ein nubisches Volkslied zugrunde liegt. Für den Beifall bedankte sich der Solist (wie schon bei seinem Klavierabend im November) mit einer gefälligen, aber pianistisch nicht sehr ergiebigen Paraphrase über Saint-Saëns’ „Mon cœur s’ouvre à ta voix“.
Zur Eröffnung erklang (als deutsche Erstaufführung) die „Ouverture philharmonique“ des 1968 geborenen Franzosen Éric Montalbetti. Diese schillernde und flimmernde Klangfarbenstudie in unverkennbar französischer Tradition beschäftigt ständig das gesamte Orchester und verschießt ihr Pulver daher deutlich vor der Zeit. Auch in Maurice Ravels unsterblichem „Boléro“ ist die musikalische Substanz überschaubar, aber eine hohe Kunst der Steigerung hält das Stück eine Viertelstunde lang unter Spannung. Duncan Ward und das Gürzenich-Orchester folgten dieser zwingenden Dramaturgie ebenso diszipliniert wie effektiv - vom nahezu unhörbaren Beginn bis zum entfesselten Taumel.
Zur Veranstaltung
Freiflug in der Kölner Philharmonie. Mit Alexandre Kantorow, dem Kammerchor der Universität zu Köln, dem Gürzenich-Orchester Köln und Dirigenten Duncan Ward. Weitere Spieltermine am 24.5. und 25.5. um 20 Uhr. Alle Informationen gibt es hier.