Das Tetzlaff Quartett feierte in der Kölner Philharmonie sein Jubiläum und überzeugte mit einer überraschenden Beethoven-Interpretation.
Zum 30-jährigen JubiläumTetzlaff Quartett feiert ein Fest in Moll
Die Geschwister Christian (Violine) und Tanja Tetzlaff (Cello) haben neben ihren solistischen Verpflichtungen immer auch Kammermusik gespielt - nicht, wie so viele in ihrer Zunft, als ausgleichende Nebentätigkeit, sondern als künstlerischer Wesenskern. 1994 gründeten sie gemeinsam mit Elisabeth Kufferath (Violine) und Hanna Weinmeister (Viola) das Tetzlaff Quartett, das nun in der Kölner Philharmonie seinen 30. Geburtstag feierte.
Das Festprogramm neigte sich auffällig zur Mollseite, zu Trauer und Schmerz, was der Primarius bei der Ansage der Zugabe auch unumwunden eingestand. Mit dem duftig und anmutig gespielten Siciliano aus Haydns Streichquartett op. 20/5 setzte das Quartett immerhin zum Ausklang einen markanten Gegenakzent.
Quartett mit überzeugender Beethoven-Interpretation
Aber eigentlich hatte man diese sanften, lichten Farben auch schon vorher gehört, in Beethovens cis-Moll-Quartett op. 131, das den Abend eröffnete. Man kann dieses siebensätzige, in seinen Dimensionen und Satzstrukturen schwer zu überblickende Riesenwerk mit einigem Recht als die Avantgarde des frühen 19. Jahrhunderts bezeichnen - aber gerade diesen Eindruck schien das Tetzlaff Quartett bewusst zurückdrängen zu wollen.
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Schon das Eingangs-Adagio, das auf dem großen Zahnrad seines „alla breve“-Metrums zügig voranschritt, hatte eine fließende, schwebende Qualität, die unmittelbar gefangennahm. Selbst das Presto-Scherzo, das sonst so gern als heiteres Kratz- und Spuckvergnügen daherkommt, bewahrte im Zugriff der vier exzellenten Streicher ein Höchstmaß an Kantabilität und Deckung.
Gewöhnungsbedürftige Auffassung von Brahms
Durchgängig zu bewundern war die ausgefeilte Artikulation - vor allem in den Variationen des vierten Satzes, die stabil in der Korsage des weitflächigen Themas ruhten und sich doch zugleich in utopische Fernen verirrten. In der sechsten Variation gelang dem Quartett auf meisterhafte Weise das Paradox eines zugleich gebundenen und abgesetzten Akkordspiels, „sotto voce“ („gedämpft“) und mit unterschwellig drängenden Akzenten auf den unbetonten Taktzeiten.
So überzeugend die Beethoven-Interpretation der Tetzlaffs in jeder Note war - an ihre Auffassung von Brahms’ a-Moll-Quartett op. 51/2 musste man sich erst einmal gewöhnen. Da war wenig romantischer Schwung zu hören, stattdessen viel Raunen und Hauchen, eine Atmosphäre des Verwehten und Verwitterten, die sich erst im Finale ins Konkrete und Kompakte verdichtete.
Vielleicht wirkte hier noch die eigenwillige Haptik des vorangegangenen Stückes nach: In Jörg Widmanns „Choralquartett“ (2003/06) sind die Streicher überwiegend mit geräuschhaften Klängen betraut, mit schabenden, verschatteten Figuren, die entweder tonlos bleiben oder traditionelle Akkordverbindungen wie in einem Zerrspiegel auffangen. So ganz reicht das Angebot des Stückes nicht für die Dauer einer knappen Viertelstunde; um so beeindruckender war die hohe Spannung, die das Quartett hier bis zum letzten Moment durchhielt und auch beim aufmerksam lauschenden Publikum erwirkte.