Die Ampel-Koalition hat am Dienstagabend viele neue Maßnahmen vorgestellt, einige Fragen sind aber noch offen. Ein Überblick der Ergebnisse.
Neues Paket der Ampel-RegierungDas soll sich für Autofahrer, Bahnreisende und bei Heizungen ändern
Mehr Geld für die Schiene, mehr praktische Angebote für Elektro-Autos und überhaupt mehr Tempo: Die Ampel-Koalitionäre haben nach langem Streit eine Reihe von Vorhaben festgezurrt, die den Klimaschutz besonders im Verkehr voranbringen sollen - hinkt der Sektor beim Verringern von Treibhausgasen doch immer noch hinterher.
Zum Paket gehören auch Änderungen bei der Lkw-Maut zugunsten der Bahn und beschleunigte Planungen, um Staustellen auf Autobahnen zu beseitigen. Auch die umstrittene Umstellung auf sauberere Heizungen soll vorankommen. Dabei sind aber wie in anderen Punkten noch viele offene Fragen zu klären, wie nicht nur Verbraucherschützer monieren. Eine Übersicht der Ergebnisse.
Was ist bei der Bahn geplant?
Die klimafreundliche Schiene soll eine neue Finanzspritze bekommen, um das strapazierte und störanfällige Gleisnetz in Schuss zu bringen und auszubauen. Dafür hat die bundeseigene Deutsche Bahn bis 2027 einen Investitionsbedarf von 45 Milliarden Euro, der „soweit wie finanziell darstellbar“ gedeckt werden soll. Erklärte Priorität: mehr Kapazitäten für Güter- und Personenzüge im Kernnetz der wichtigsten Strecken.
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Bahnchef Richard Lutz sagte, das seien „entscheidende Schlüssel“, um die Wachstumsziele für die Schiene zu erreichen und die derzeit „unbefriedigende“ Pünktlichkeit zu verbessern.
Woher kommt das extra Geld?
Zur Finanzierung plant die Koalition eine grundlegende Neuerung. Denn ein Teil des Geldes soll aus der Lkw-Maut kommen, für die bisher galt: Einnahmen aus der Straße fließen wieder in die Straße. Die Bahnbranche und die Gewerkschaft EVG feiern die neue Weichenstellung. Dabei rechnet die Koalition mit jährlich fünf bis sechs Milliarden Euro für die Bahn aus der frischen Quelle, und das unabhängig von der Haushaltslage.
Die übrigen Milliarden sind aber noch zu organisieren. Das extra Geld für die Schiene soll aus einem neuen CO2-Aufschlag bei der Lkw-Maut abgezweigt werden - der würde die Lkw-Maut von 2024 an nahezu verdoppeln, wie der Verband der Speditionsbranche erläuterte.
Was wird bei der Lkw-Maut noch geändert?
Die Lkw-Maut, die auf allen Autobahnen und Bundesstraßen für Laster ab 7,5 Tonnen fällig ist, soll außerdem ausgeweitet werden. Ab 2024 sollen auch schon kleinere Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen einbezogen werden, darunter sind zum Beispiel Transporter von Paketdiensten. CSU-Chef Markus Söder warnte, Unternehmen würden die Zusatzkosten auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umlegen. Das belaste vor allem „kleine Geldbeutel“ und heize die Inflation an. Ausdrücklich heißt es jedoch im Ampel-Beschluss: „Handwerksbetriebe werden ausgenommen.“
Was kommt noch für Bahnkunden?
Das künftige 49-Euro-Ticket für Busse und Bahnen in ganz Deutschland soll ohne Aufpreis in die Bahncard 100 integriert werden, so dass sie flächendeckend im Nahverkehr genutzt werden kann. Das zielt auf echte Vielfahrer, die so eine Jahres-Flatrate-Karte für alle Züge haben. Kostenpunkt in der zweiten Klasse: 4339 Euro.
Nach jüngsten Daten für 2021 gibt es bisher gut 36.000 Abonnenten mit Bahncard 100 erster und zweiter Klasse. Die Koalition hebt auch einen weiteren Ausbau des Nahverkehrsangebots insbesondere in ländlichen Räumen hervor. Zusagen für höhere reguläre Zahlungen aus Berlin dafür gibt es vorerst nicht.
Was soll bei den Autobahnen passieren?
Nach hartem Gezerre zwischen Grünen und FDP ist nun auch mehr Tempo bei bestimmten Autobahnvorhaben vereinbart. Laut Beschluss geht es aber um „eine eng begrenzte Zahl von besonders wichtigen Projekten und Teilprojekten zur Engpassbeseitigung“ - konkret gibt es eine Liste mit 144 Projekten aus dem Bundesverkehrswegeplan. Angestrebter Effekt: weniger Staus.
Zugleich sollen entlang der Bundesfernstraßen mehr Windkraft- und Solaranlagen entstehen. „Es soll kein Kilometer Autobahn mehr geplant werden, ohne die Möglichkeiten der Erzeugung erneuerbarer Energien auszuschöpfen“, heißt es im Ampel-Papier.
Was ist noch für Autofahrer vorgesehen?
Für das große Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Fahrzeugen bis 2030 sollen E-Autos attraktiver werden - zu Jahresbeginn waren rund eine Million Pkw mit Batterie zugelassen. Dafür soll es binnen fünf Jahren an jeder größeren Tankstelle mindestens einen Schnellladepunkt geben, geregelt über eine Verpflichtung der Betreiber. Auflage für Parkplätze an Flughäfen, Bahnhöfen und Einzelhandel soll werden, dass es dort offen zugängliche Ladepunkte gibt.
Beim Pkw-Kauf soll in der Energieverbrauchskennzeichnung („Klima-Label“) klarer werden, wie die Belastung über den Lebenszyklus durch CO2-Bepreisung und Kfz-Steuer aussieht. Die Ampel will außerdem die Besteuerung von Kraftstoffen angehen und stärker die „Umwelt- und Klimawirkung“ berücksichtigen.
Was ist bei Heizungen geplant?
Eigentlich hatte die Ampel sich schon vor einem Jahr geeinigt, dass ab 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Ein erster Entwurf löste aber Protest besonders in FDP-Reihen aus. Bedenken scheinen nun ausgeräumt: Noch im April soll das Kabinett das Gesetz beschließen. Vor der Sommerpause soll es den Bundestag passieren. Die Koalitionäre versicherten erneut, soziale Härten abzufedern.
Finanzhilfe für jene, die sich keine neue Heizung leisten können, hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits angekündigt. Die Verbraucherzentralen kritisierten „schwammige“ Beschlüsse. Es brauche jetzt Klarheit, wie verbindlich erneuerbare Energien in Heizungskellern ab 2024 würden.
Welche Fragen sind bei Heizungen noch zu klären?
Der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte ein Förderkonzept. Denn nicht nur einkommensschwache private Gebäudeeigentümer bräuchten Unterstützung, da Heizungen mit erneuerbarer Energie eine Investition von zehntausenden Euro seien. Auszubuchstabieren ist auch, was genau ein von der Koalition versprochener „technologieoffener Ansatz“ sein soll.
Laut FDP-Chef Christian Lindner könnten Anlagen etwa auch mit Wasserstoff oder Biomasse genutzt werden. Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen merkte an, dass Wasserstoffheizungen „sicherlich nur in Einzelfällen die Lösung“ sein könnten und nicht für die breite Masse - einfach, weil Wasserstoff knapp und fürs Heizen teuer sei. (mab/dpa)