Bundespolizisten an allen deutschen Grenzen: mit dieser plötzlichen Maßnahme reagierte Innenministerin Faeser auf die wachsende Angst vor islamistischem Terror.
Bilanz nach einer WocheWas haben die Grenzkontrollen in ganz Deutschland gebracht?
Seit vergangener Woche gilt in Deutschland ein verstärktes Grenzregime. An allen deutschen Grenzen kontrolliert die Bundespolizei bei der Einreise, neuerdings auch an den Übergängen zu Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Dänemark. Das Ziel: illegale Migration nach Deutschland eindämmen. Doch wie viele Personen in der ersten Woche bei den neuen Grenzkontrollen zurückgewiesen wurden, konnte die Bundespolizei bisher nicht sagen.
Festzustellen bleibe, dass die Aufgriffe von unerlaubt Einreisenden und Schleusern relativ gering sei, die Anzahl der Schutz- und Asylsuchenden aber weiterhin hoch, sagt Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Bereich der Bundespolizei.
Fahndungserfolg bei Grenzkontrollen in Niedersachsen und NRW
In zahlreichen Pressemitteilungen der Bundespolizei ist trotzdem von einem Fahndungserfolg an den neuerdings kontrollierten Grenzen von West- und Norddeutschland die Rede. Darin geht es aber nicht um illegale Migranten, vielmehr seien einige Straftäter aufgegriffen worden, die noch eine Haft- oder Geldstrafe abzuleisten hätten. Ein willkommener Nebeneffekt.
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So hat die Bundespolizei Niedersachen einen 23-Jährigen festgenommen, der mit drei Kilogramm einer chemischen Droge im Auto aus den Niederlanden einreiste. Die Bundespolizeiinspektion Bad Bentheim berichtet von vier weiteren Straftätern, die bei den Kontrollen aufgegriffen wurden.
Etwas mehr zu tun gab es an den Grenzen von Nordrhein-Westfalen. Bei der Kontrolle von Reisenden aus Belgien und den Niederlanden stoppte die Polizei insgesamt neun Straftäter - auf der Autobahn, im Zug oder am Bahnhof Aachen. Die Männer, sowohl Deutsche als auch Ausländer, waren zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt worden. Der wohl ergiebigste Fahndungserfolg war erneut ein Drogenfund bei einem 24-Jährigen, der mehr als drei Kilo Crystal Meth mit einem Straßenverkaufswert von schätzungsweise 200.000 Euro dabei hatte.
In Schleswig-Holstein haben Polizeikräfte ein Ehepaar verhaftet, das mit Schweizer Kennzeichen die deutsch-dänische Grenze passierte und wegen Insolvenzverschleppung und Körperverletzung gesucht wurde. Das Paar bezahlte die Geldstrafe von 5400 Euro und durfte weiterfahren. Zu den Grenzkontrollen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland gibt es aktuell keine Meldungen der Bundespolizei.
Wenig Staus, aber Zugverspätungen durch Kontrollen
„Bisher sind wir mit dem Anlauf der Kontrollen sehr, sehr zufrieden“, sagte NRW-Bundespolizeisprecher Jens Flören. Der teilweise zivile Auftritt der Polizei trage dazu bei, dass man von Verkehrsteilnehmern kaum wahrgenommen werde. „Das kann uns nicht unrecht sein“, so Flören und verweist auf den bisherigen Fahndungserfolg. Weil nur stichprobenartig kontrolliert werde, gelinge es, kaum in den Verkehr einzugreifen und keine Staus zu verursachen. Gleichzeitig berichtet Roßkopf, dass die Kontrollstellen und Hauptstraßen seit einer Woche selbst von Busunternehmen vermehrt umfahren werden.
Auf internationalen Bahnverbindungen kommt es seit einer Woche zu deutlich mehr Verspätungen. Die werden von der Deutschen Bahn (DB) mit „Pass- und Zollkontrolle“ begründet. Laut einer Sprecherin des Konzerns werden die Kontrollen während der Fahrt und somit „so verspätungsneutral wie nur möglich“ durchgeführt. Derzeit plant die DB bei Zügen aus Amsterdam und Brüssel aber grundsätzlich zehn Minuten Verspätung ein. Zum genauen Ausmaß der Verspätungen und Beschwerden von Fahrgästen wollte sich die Bahn auf Nachfrage nicht äußern
Die DB gibt auch an, dass die Polizeikontrollen im ICE von Brüssel erst nach dem ersten Halt in Deutschlandstattfinden, zwischen Aachen und Köln. Wer also aus Belgien illegal nach Deutschland einreisen möchte, hat die Chance, einer Kontrolle zu entgehen.
Kontrollen an deutsch-französischer Grenze fast vorbei
Während die Kontrollen an den besagten Grenzen erst begonnen haben und bis Mitte März 2015 laufen sollen, wird an der deutsch-französischen Grenze nur noch bis zum 30. September überwacht. Die Grenze zu Österreich bleibt vorerst bis Mitte November besetzt, die zu Polen, Tschechien und der Schweiz bis Mitte Dezember. Die Begründung für die zeitlichen Begrenzungen liegt im EU-Recht. Danach dürfen die Binnen- und Schengen-Grenzen nur temporär für maximal sechs Monate kontrolliert werden.
Mehr als 400 eingeführte Grenzkontrollen – einmal Bedenken der Kommission
Kontrollen an EU-Binnengrenzen sind als „letztes Mittel in Ausnahmesituationen“ zugelassen. Die EU-Kommission stellt sich ihnen aber nicht in den Weg, auch Nachbarstaaten von Deutschland zeigen sich laut Bundeskanzler Scholz verständnisvoll. „Gemäß dem Schengener Grenzkodex gibt die Kommission eine Stellungnahme ab, wenn sie Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit oder Verhältnismäßigkeit einer geplanten Wiedereinführung hat“, sagt ein Sprecher der EU-Kommission dem RND.
Eine solche Stellungnahme habe die Kommission bisher nur einmal abgegeben, und zwar im Oktober 2015 zur Entscheidung Österreichs und Deutschlands, die Kontrollen zu verlängern. Zusammengefasst: In mehr als 400 Fällen seit 2014, in denen EU-Staaten Grenzkontrollen an den Binnengrenzen eingeführt haben, hat sich die Kommission genau einmal dagegen gestellt.