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Fragen und AntwortenWie es mit den Impfungen in NRW weitergeht

Lesezeit 5 Minuten
Corona-Impfung Hausarzt

Eine Hausärztin impft eine Patientin gegen das Coronavirus.

Düsseldorf/Berlin – Seit Montag sind auch die Betriebsärzte an der Corona-Front und kämpfen mit Impfungen gegen die Pandemie. Zumindest in der Theorie. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) spricht gern von einem „Impfdreiklang“, bestehend aus den NRW-Impfzentren, den Haus- und den Betriebsärzten. Doch der ist im Moment wenig harmonisch. Weil alle sich um die wenigen Notenblätter balgen. Die sind zumindest noch im Juni absolute Mangelware.

Warum läuft das Impfen derzeit nur so schleppend? Warum gibt es in NRW derzeit fast nur noch Zweitimpfungen?

Weil bundesweit bei weitem nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht und das Land alle Rücklagen aufgebraucht hat. Nach Angaben des Deutschen Apothekerverbands stehen in der Woche vom 14. Juni bis 18. Juni bundesweit für die Kassen- und Privatärzte nur 3,1 Millionen Impfdosen zur Verfügung, davon 2,42 Millionen von Biontech/Pfizer, 400.000 von Astrazeneca und 240.000 von Johnson&Johnson. Vor allem Biontech hat aus technischen Gründen bis Mitte Juni eine Lieferdelle.

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NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte schon Mitte Mai angekündigt, dass in den 53 Impfzentren des Landes in den kommenden drei Wochen nur noch Zweitimpfungen vorgenommen werden können. Das sind rund 1,5 Millionen. Ab der dritten Juni-Woche könnten dort auch wieder Erstimpfungen starten. „Wir beobachten die Impfzahlen daher jeden Tag sehr genau. Ob wir im Laufe des Juni gezielt bestimmten Personengruppen ein Sonderimpfangebot über die Impfzentren machen können, steht derzeit noch nicht fest“, so Laumann.

Wie viele Menschen sind in NRW aktuell geimpft?

48,6 Prozent der Bevölkerung haben bisher eine Erstimpfung erhalten. Vollständig geimpft sind 22,3 Prozent.

Was sagen die Hausärzte?

„Mit Mangel kann man schlecht planen“, sagt Monika Baaken, Sprecherin des Hausärzteverbands Nordrhein. „Wir versuchen, den maximalen Abstand zwischen der Erst- und der Zweitimpfung auszuschöpfen, um so den Spielraum zu erhöhen.“ Die Aufhebung der Priorisierung sei problematisch und sorge für Frust bei Patienten und Ärzten, habe aber zumindest den Vorteil, „dass wir jetzt nur noch ein medizinisches und kein politisches Problem mehr haben. Das spielt sich jetzt wieder alles am Tresen in den Arztpraxen ab.“

Die Arztpraxen haben derzeit bundesweit pro rund drei Millionen Dosen zur Verfügung, die je zur Hälfte für Erst- und Zweitimpfungen eingesetzt werden. Weil sie direkt über den Bund und den Großhandel an die Bundesländer verteilt werden, lässt sich nicht genau sagen, welcher Anteil davon nach NRW fließt. Den Betriebsärzten stehen pro Woche ebenfalls 700.000 Dosen bundesweit zu. Ab Juli soll in Deutschland dann wesentlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen.

Was heißt das genau?

Von Juli bis September, also im dritten Quartal, erwartet die Bundesregierung für Deutschland insgesamt 130 Millionen Impfdosen aus der Produktion der vier bisher zugelassenen Hersteller Biontech/Pfizer (40 Millionen) Moderna (30 Millionen), Astrazeneca (zwischen 30 und 40 Millionen) und Johnson & Johnson (22 Millionen). Prognosen für Curevac liegen noch nicht vor, weil es nicht sicher ist, ob der Impfstoff im dritten Quartal die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) erhalten wird.

Wie verteilen sich die Lieferungen?

Wie sich die Impfstoffmenge auf die einzelnen Monate verteilen und welche Mengen in welcher Kalenderwoche zur Verfügung stehen wird, ist noch offen. Der NRW-Gesundheitsminister bleibt dennoch bei seiner Zusage, dass jedem Bürger des bevölkerungsreichsten Bundeslands bis Ende September ein Angebot für eine Erst- und Zweitimpfung gemacht werden kann.

Wann kommt der digitale Impfnachweis?

Viele deutsche Apotheken werden ihn ab kommenden Montag, 14. Juni, für vollständig Geimpfte ausstellen können. Auf dem Portal www.mein-apothekenmanager.de können sie bundesweit nach Apotheken suchen, die digitale Impfnachweise kostenlos ausstellen. Statt den gelben Impfpass der Weltgesundheitsorganisation WHO ständig bei sich tragen zu müssen, können Geimpfte ihre Immunisierung dann per Handy nachweisen.

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Derzeit sind mehr als 17 Millionen Menschen – ein Fünftel der Bevölkerung – vollständig geimpft und können den digitalen Impfnachweis nachfragen. „Wir wollten so schnell wie möglich ein Werkzeug entwickeln, mit dem Apotheken sicher und rechtsverbindlich einen Impfnachweis digitalisieren können. Über das Apothekennetz bringen wir den Impfnachweis am besten zu den Menschen“, sagt Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV).

In den 53 Impfzentren des Landes soll es ab Ende Juni ebenfalls digitale Impfnachweise geben. Die Probeläufe in den Kreisen Kleve, Borken und der Landeshauptstadt Düsseldorf sind inzwischen erfolgreich abgeschlossen worden.

Was wird aus der Bundesnotbremse?

Sie soll am 30. Juni auslaufen. Darauf haben sich die Koalitionsfraktionen laut CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag verständigt. Die Notbremse war Anfang April eingeführt worden und sieht vor, dass der Bund einheitliche Corona-Schutzmaßnahmen in Gebieten mit hohen Inzidenzwerten durchsetzen kann.Die wegen der Pandemie verhängte epidemische Notlage hingegen will der Bundestag noch in diesem Monat bis zum 30. September verlängern.

Die epidemische Notlage soll erst enden, wenn auch die Pandemie auslaufe, heißt es aus Berlin. Die erstmals im März 2020 vom Bundestag festgestellte „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ ermöglicht es dem Bundesgesundheitsministerium und anderen Regierungsstellen, weitreichende Verordnungen gegen die Pandemie zu erlassen. Die derzeitige Regelung würde am 30. Juni auslaufen.

Nach Dobrindts Angaben hängen derzeit rund 20 Verordnungen direkt von der festgestellten Notlage ab – etwa Verordnungen zu Testangeboten und zur Unterstützung von Eltern im Falle pandemiebedingter Kita- und Schulschließungen. (mit afp)