- NRW-Familienminister Joachim Stamp hat einem Teil der Lehrerschaft in in einem Interview vorgeworfen, er hätte sich im Lockdown zum Teil „bequem eingerichtet“.
- Damit sorgt er unter anderem bei den Lehrerverbänden für einen Sturm der Entrüstung. Wie reagiert Stamp wiederum auf die Vorwürfe?
- Lesen Sie hier die Hintergründe.
Düsseldorf – NRW-Familienminister Joachim Stamp hat Lehrerverbände durch Äußerungen über die Berufsauffassung von Lehrern verärgert. Maike Finnern, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW, warf dem FDP-Politiker ein „unsägliches Lehrkräfte-Bashing“ vor. Die „populistische Herabsetzung“ der Lehrer gegenüber anderen Berufsgruppen sei „infam“ und für die Pädagogen, die jetzt vor dem Start in ein schwieriges Schuljahr stünden, „äußerst demotivierend“, sagte Finnern dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.Der FDP-Politiker hatte sich in einem Interview bei RTL-West auch zum Verhalten der Lehrer in der Corona-Krise geäußert. „Da haben wir ganz viele, die sich unglaublich engagiert haben und für die Kinder da gewesen sind. Die sind selber kreativ geworden sind und wirklich den Kindern einen guten Unterricht geboten haben.“ Dann fügte Stamp hinzu: „Wir erleben aber auch, wie sich viele wirklich bequem eingerichtet haben und mit zum Teil auch fadenscheinigen Gründen gar nicht mehr unterrichten wollen. Und das ist etwas, was nicht geht.“
Die Verkäuferin könne „sich auch nicht einfach vom Acker machen und die Pflegekraft im Pflegeheim sowieso nicht“. Er erwarte „von allen dass sie hier auch tatsächlich ihren Mann und Ihre Frau stehen“, so wie es von ihnen verlangt werde.
GEW-Chefin Finnern verlangte, Stamp „sollte sich vor alle Lehrkräfte stellen und nicht von Versäumnissen der Landesregierung ablenken“. Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verband Bilungs und Erziehung, sagte unserer Zeitung, Stamp zeichne ein Bild von Lehrkräften, „das wütend und fassungslos“ mache: „Er stößt engagiertes Schulpersonal vor den Kopf. Ursache vieler Probleme ist der Personalmangel, aber nicht das Personal.“ Die Lehrkräfte in NRW seien „hochmotiviert und engagiert“: „Solche Angriffe verdienen sie nicht.“
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Sigrid Beer, bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, verlangte, Stamp sollte sich „angesichts des chaotischen Managements“ und der mangelhaften Unterstützung der Schulen durch die Landesregierung „besser nicht in dieser Weise über Lehrkräfte auslassen“. Statt über Lehrkräfte „zu mäkeln“ sollte die Landesregierung dafür sorgen, dass Schüler und Lehrer ausreichend mit digitalen Endgeräten ausgestattet und im Umgang damit geschult würden.
Die SPD hat einen Bericht der Landesregierung für die nächste Sitzung des Schulausschusses angefordert. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Haltung der Landesregierung ist. Wir sind gespannt zu erfahren, was Frau Gebauer von diesem Stamp-Tisch-Niveau hält“, sagte Schulexperte Jochen Ott. Stamp sollte sich für seine „missglückten Äußerungen“ aber am besten schon jetzt entschuldigen. „Dass solche Äußerungen fehl am Platz sind, hat der ehemalige Bundeskanzler Schröder ja unlängst auch eingesehen“, so der Politiker aus Köln. Schröder hatte Lehrer 1995 als faule Säcke“ bezeichnet, seine Einschätzung allerdings kürzlich revidiert.
Der NRW-Familienminister blieb auf Anfrage unserer Zeitung bei seinen Äußerungen. „Ich habe im RTL-Interview die vielen Lehrerinnen und Lehrer gelobt, die sich mit großem Engagement und viel Kreativität für ihre Schülerinnen und Schüler in dieser schwierigen Zeit engagieren“. Gleichzeitig habe er sich erlaubt darauf hinzuweisen, dass sich „auch viele bequem im Lockdown eingerichtet“ hätten. „Über dieses Verhalten der Selbstoptimierung sind nicht nur Eltern, sondern auch die eigenen Kollegen sauer. Unangenehme Wahrheiten muss man leider manchmal aussprechen“, betonte Stamp.