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Gewalt an NRW-SchulenSchulministerin setzt auf Psychologen statt Hilfssheriffs

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Die Zahl der Gewalttaten an Schulen nimmt zu. Ministerin Yvonne Gebauer hält sie allerdings weiterhin für „sichere Orte“.

Düsseldorf – Sie waren unzufrieden mit ihren Noten – deswegen wollten drei Schüler an der Dortmunder Martin Luther-King-Gesamtschule einen Lehrer töten. Der Fall, der jetzt bekanntwurde, wirft ein Schlaglicht auf ein drängendes Problem. Nach einer Statistik des Landeskriminalamtes ist die Zahl der angezeigten Straftaten an NRW-Schulen von 2016 auf 2017 um knapp fünf Prozent auf 22.900 gestiegen, darunter waren 3146 Körperverletzungen. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer hat jetzt einen Aktionsplan vorgelegt, der für mehr Sicherheit sorgen soll. Die FDP-Politikerin setzt dabei aber nicht auf Aufrüstung, sondern auf Prävention.

Hinweise für den Krisenfall

Ab dem 1. August sollen 54 Schulsozialarbeiter den schulpsychologischen Dienst verstärken, der im nächsten Jahr zudem um 100 Schulpsychologen aufgestockt werden soll. 2020 erhalten alle Schulen einen aktualisierten Notfallordner mit Handlungsempfehlungen für verschiedenste Krisen. Das Thema Gewalt soll bei den Lehrer-Fortbildungen eine wichtige Rolle spielen. Zudem stehe rund um die Uhr ein kostenfreies Beratungstelefon zur Verfügung. Selbstverteidigungskurse für Lehrer seien nicht geplant, sagte Gebauer.In Florida könnten Pädagogen als Hilfssheriffs bewaffnet vor die Klasse treten, kritisierte die FDP-Politikerin. Davon halte sie nichts.

200 Lehrer angegriffen

Die Zahl der polizeilich erfassten Körperverletzungen an Lehrern hatte das Schulministerium 2018 mit rund 200 pro Jahr beziffert. Ein Erlass soll im zweiten Halbjahr 2019 regeln, wie Straftaten am besten zu erfassen und wem sie zu melden sind. Damit soll geklärt werden, wann die Schulaufsicht, Psychologen oder die Polizei die richtigen Ansprechpartner sind.

Alles zum Thema Jochen Ott

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„Wir fordern jeden auf, Straftaten zu melden“, unterstrich die FDP-Politikerin aus Köln. „Die Landesregierung prüft auch eine erweiterte Meldepflicht, etwa für antisemitische Straftaten.“ Der Lehrerverband VBE hatte bereits im Mai 2018 eine Studie zur Gewalt an Schulen vorgestellt. Danach hatten 35 Prozent der befragten Schulleiter in NRW berichtet, dass es an ihrer Schule in den vergangenen fünf Jahren körperliche Gewalt gegen Pädagogen gegeben habe. Von verbalen Drohungen, Mobbing, Beleidigungen berichteten 55 Prozent der befragten Schulleiter. „Das beste Mittel, der Gewalt entgegenzutreten, ist Konflikten zu begegnen, bevor sie entstehen“, sagte Stefan Behlau, Vorsitzender der Bildungsgewerkschaft VBE in NRW.

Jochen Ott, dem schulpolitischen Sprecher der SPD, gehen die Pläne der Ministerin nicht weit genug. „Es wäre besser, gezielt da zu helfen, wo der Problemdruck am größten ist, anstatt mit der Gießkanne Stellen zu verteilen. Ein Gesamtkonzept gegen die Gewalt an Schulen ist nicht erkennbar. Der Aktionsplan ist vor allem Aktionismus“, sagte Ott auf Anfrage.

GEW fordert 6000 Stellen

Auch Maike Finnern, designierte neue Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, übte Kritik. Bei dem Aktionsplan handele es sich bislang nur um eine Absichtserklärung, mit der die Ministerin ihre Handlungsfähigkeit unterstreichen wolle, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Es darf jetzt aber nicht dabei bleiben, Effekte zu erzielen. Der Ausbau bei den Schulpsychologen ist ein richtiger Schritt, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man Gewalt wirksam verhindern will. Die Ministerin sollte jede der 6000 Schulen in NRW mit mindestens einem Schulsozialarbeiter ausstatten.“ Das Land NRW beschäftigt derzeit nur 1400.