Köln – Auf die Hochwasser-Katastrophe im Westen Deutschlands folgt eine Flut an Müll. Die Wassermassen haben Möbel und Elektrogeräte, bei einigen das gesamte Hab und Gut zerstört. Für die Abfallentsorgungsbetriebe in den betroffenen Regionen ist das vor allem ein logistisches Problem. Allein in Erftstadt hat das Verwertungszentrum der Firma Remondis innerhalb von vier Tagen mehr Abfall eingesammelt, als sonst in einem ganzen Jahr anfällt. Insgesamt 2200 Tonnen wiegt in der Gemeinde der materielle Schaden der Menschen bislang (Stand 21.7.). Der emotionale Schaden lässt sich nicht vermessen und abtransportieren.
Einige nutzen die Notlage unsolidarisch aus
Auch in Köln haben die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) ihren Betrieb auf die möglichst rasche Entsorgung des Hochwasser-Sperrmülls umgestellt. „Wir arbeiten mit vielen zusätzlichen Kollegen und Kolleginnen aus anderen Bereichen, haben Fahrzeugreserven eingeplant, fahren Sonderschichten, haben Öffnungszeiten verlängert“, sagt eine Sprecherin der AWB Köln. Was sie und ihre Kollegen zuletzt jedoch vermehrt beobachtet haben, seien Personen, die ihren normalen Sperrmüll einfach mit auf die Straße stellten. „Für uns ist es aber wichtig, dass wir die nassen Sachen abholen, bevor sie auch noch anfangen zu schimmeln“, betont die Sprecherin und bittet eindringlich, Termine für die Abholung zu vereinbaren und vermeidbare Abfälle wie Grünschnitt vorerst zu vermeiden.
Zumal es am Wochenende erneut regnen soll, wodurch weitere Probleme entstehen. Das hat vor allem den Grund, dass der größte Teil des Hochwasser-Abfalls verbrannt werden muss. Für Recycling kommt vieles allein deshalb schon nicht infrage, weil es möglicherweise mit Chemikalien, Öl oder Keimen kontaminiert ist. Um den Müll aber möglichst restlos und sicher zu verbrennen, müssen sehr hohe Temperaturen erreicht werden. Durch Nässe wird das erschwert.
Dass der Müll möglichst schnell aus den betroffenen Regionen entfernt wird, ist auch aus gesundheitlichen Gründen wichtig. Denn die Fluten haben nicht nur Möbel und Autos mit sich gerissen, sondern auch Öltanks, Tierkadaver oder Fäkalien. All das steckt nun möglicherweise in dem Schlamm, der in den Katastrophengebieten nahezu alles bedeckt. Wenn er trocknet, wird er zu Staub, fliegt durch die Luft, verteilt sich, wird eingeatmet. Besteht in den Flutregionen jetzt also Seuchengefahr?
Nachfrage beim Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Das Bundesforschungsinstitut beobachtet unter anderem mögliche Zoonosen, Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übergehen können. Die konkrete Seuchengefahr vor Ort könne man beim FLI zwar nicht beurteilen, man hält sie dort aber für gering. Denn eine Tierseuche oder gar Zoonose bei Betrieben in der Region sei nicht bekannt. „Prinzipiell besteht für die Einsatzkräfte vor Ort ein Gesundheitsrisiko, je länger der Schlamm da ist“, sagt eine Sprecherin.
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Auch Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gibt Entwarnung: „Eine Gefahr zu erkranken, besteht immer dann, wenn die Betroffenen keinen Zugang mehr zu frischem Trinkwasser haben.“ Durch den Müll an sich bestehe keine direkte Gefahr, solange vernünftig damit umgegangen werde. Generell gelte: „Die Berge mit Sperrmüll und anderem Abfall sind kein Spielplatz, das sagt einem ja bereits der gesunde Menschenverstand. Jeder kennt die Regeln im Umgang mit Müll. Wenn sich alle daran halten, ist auch die Gefahr sehr gering, sich zu verletzen und sich mit Keimen zu infizieren.“
Eigenen Müll reduzieren
Beim Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises sind bislang keine Krankheitsfälle aus den betroffenen Regionen gemeldet worden. Auch Ungeziefer wie Ratten seien noch nicht festgestellt worden, sagt eine Sprecherin des Kreises auf Anfrage.
Bleibt das logistische Problem bei der Müllbeseitigung. Abhilfe will das NRW-Umweltministerium schaffen. Dort hat man eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die die Abfallentsorgung in den Hochwasser-Gebieten organisieren soll. Die betroffenen Kommunen können sich bei Bedarf bei den Bezirksregierungen melden, wo die Hilfegesuche gebündelt weitergegeben werden. Auch Mitbürger können den Betroffenen helfen, indem sie ihren eigenen Müll reduzieren und dem Hochwasser-Abfall Priorität einräumen.