Köln – Sich schützen, sich abschotten? Wie soll das gehen angesichts einer Sintflut, wie sie NRW und weitere Teile Deutschlands heimgesucht hat? Mit Dutzenden von Toten ist es die folgenschwersten Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes seit der Elbeflut von 1962.
An einem einzigen Tag prasselte in Köln und der Umgebung mehr Wasser vom Himmel als sonst im ganzen Juli, der schon zu den regenreicheren Monaten zählt. Im Süden von NRW fielen gar bis zu 180 Liter Regen pro Quadratmeter, mehr als ein Fünftel der Gesamtmenge eines Jahres.
Städte und Gemeinden waren nicht vorbereitet
Davor müssen die Vorkehrungen der Städte und Gemeinden versagen. Oder anders gesagt: Dafür waren sie bislang nicht ausgelegt. Ob das überhaupt möglich wäre, müssen die Experten beantworten. Aber wie will man sich darauf einstellen, dass harmlose Rinnsale binnen kurzem auf mehrere Meter anschwellen und ganze Ortschaften überschwemmen, wie in der Eifel geschehen?
Auch verbesserte Vorhersagen und Warnungen, die im Einzelfall lebensrettend und damit höchst sinnvoll sind, brächten am Ende ja keine Abhilfe gegen derartige Sturzfluten. Man wüsste dann, sarkastisch gesagt, eben etwas früher, was unausweichlich auf einen zukommt und könnte immerhin noch versuchen, sein bewegliches Hab und Gut und sich selbst in Sicherheit zu bringen.
Extremwetterlagen werden sich häufen
Nach allem, was Meteorologen und Klimaforscher uns sagen, werden wir uns auf die periodische Wiederkehr solcher Wetterlagen einstellen müssen. Jahrhundertstürme oder Jahrhunderthochwasser werden uns weitaus häufiger treffen als im Abstand von 100 Jahren. Und so richtig es ist, alle Möglichkeiten für die Ableitung und Verteilung der Niederschläge zu nutzen und die Versiegelung von Bodenflächen in bewohnten Gebieten zu stoppen, so falsch wäre es, es damit bewenden zu lassen.
Denn umgekehrt werden wir auch mit Phasen der Trockenheit konfrontiert werden. Das gehört ja zu den Paradoxien dieser Tage, dass Bauern und Förster nach der grassierenden Junihitze ergiebige Regenfälle herbeigesehnt hatten, am besten über Tage.
Der Mensch hat der Natur Gewalt angetan
Gegen die Extremwetterlagen gibt es konkret kaum eine Abwehr. Der Mensch steht machtlos vor der Gewalt der Natur. Einer Natur, der er aber über Jahrzehnte hinweg Gewalt angetan hat und es unablässig weiter tut. Die Folgen bekommen wir jetzt zu spüren – und zwar buchstäblich vor der eigenen Haustür.
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Das alles ist aber nur ein harmloses Vorgeplänkel dessen, was uns bevorsteht, wenn wir uns dem Klimawandel nicht mit aller Macht entgegenstemmen. Dieser Kampf muss heraus aus den Debattierclubs der Ideologen, die das Problem leugnen oder kleinreden.
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Was geschähe, wenn man ihnen folgte, schildert der Autor Frank Schätzing anhand wissenschaftlicher Projektionen. Die Geschehnisse vom Mittwoch muten an wie eine frühe Szene aus diesem fiktiven Klimathriller. In der Realität gilt es, daraus zu lernen und zu handeln. Noch haben wir die Zeit dafür.