Solingen – Es ist ein Duell, an dessen Ende einen das Gefühl beschleicht, alles schon mal gehört zu haben. Vier Tage vor der Landtagswahl gelingt es NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und seinem Herausforderer Thomas Kutschaty (SPD) in der WDR-Wahlarena einfach nicht, die Unterschiede ihrer Politik herauszuarbeiten. Das liegt auch am Abfrageformat, das die WDR-Chefredakteurinnen Ellen Ehni und Gabi Ludwig gewählt haben – und das jede Kontroverse im Keim erstickt.
So bleibt am Ende viel Langeweile und die einzig offene Frage, warum Wüst eine rote und Kutschaty eine schwarze Krawatte trägt. Alle Themen werden dermaßen routiniert abgearbeitet, dass man sich fragt: Wo ist der Kern der Marke Wüst, wo der Markenkern Kutschatys? Es geht um innere Sicherheit, Schulpolitik, Gesundheitspolitik, Wohnen und die Transformation der Industrie zu einer klimaneutralen Produktion.
WDR-Wahlduell: Abend beginnt mit vereiteltem Anschlag in Essen
Ellen Ehni und Gabi Ludwig steigen erwartungsgemäß mit dem vereitelten rechtsextremistischen Anschlag in Essen ein. Er sei betroffen und schockiert über das Ausmaß der Gewaltbereitschaft eines 16-jährigen Schülers, sagt Wüst. Das zeige, dass der Staat im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfe. Kutschaty, der aus dem Essener Stadtteil Borbeck kommt, wo der Verdächtige zur Schule ging, sagt: Wenn ein 16-Jähriger solche Gedanken entwickle und Material für Bombenbau horte, sei es weit genug gekommen.
Zur Clankriminalität führt Wüst aus, dass Innenminister Herbert Reul nach dem Regierungswechsel das Thema überhaupt erst auf die Agenda gesetzt habe. Er kündigt an, die Zahl der Polizeianwärter pro Jahr auf 3000 erhöhen zu wollen und räumt ein, dass die Anforderungen an die Ausbildung hoch seien. Deshalb falle jeder Fünfte durch. „Auch deshalb brauchen wir mehr Bewerber.“
Kutschaty: „Dürfen uns nicht nur auf die Clans konzentrieren"
Man dürfe sich nicht nur auf die Clans konzentrieren, sondern auch die Rocker und die Mafia in den Blick nehmen, ergänzt Kutschaty. „Wir müssen an die Bosse ran.“ Die organisierte Kriminalität sei vielschichtiger. Die Zahl der Polizeianwärter kompensiere gerade mal die Abgänge jener Polizisten, die in Pension gehen. Fakt sei, dass sich die Zahl der Beamten in NRW in den vergangenen fünf Jahren nur um 600 erhöhte habe. „Da muss man sich nicht wundern, dass wir bei den Flächenländern in der Kriminalitätsstatistik das Schlusslicht sind.“
Wüst sieht Nachholbedarf bei Einstiegsgehältern von Lehrern
Bei der Bildungspolitik räumt der Ministerpräsident ein, dass die Angleichung der Einstiegsgehälter bei den Grundschullehrern in den ersten fünf Regierungsjahren liegenblieben sei. „Das werden wir in den ersten 100 Tagen mit der neuen Regierung erledigen“, sagt Wüst. Bessere Bezahlung helfe aber nur auf lange Sicht. Deshalb müsse man den Quereinstieg beschleunigen, fordert Kutschaty.
Ein Diplom-Biologe könne auch Lehrer werden. Eine Comeback-Kampagne für Lehrer im Ruhestand in Kombination mit einem Lebensarbeitszeitkonto für derzeit aktive Lehrer könne er sich vorstellen. „Wer jetzt zwei Stunden mehr pro Woche machen möchte“, könne das in späteren Jahren ausgleichen.
Einigkeit in der Gesundheitspolitik
Auch in der Gesundheitspolitik herrscht Einigkeit: überall die Versorgungssicherheit gewährleisten und möglichst keine Krankenhäuser schließen. „Krankenhausplanung sei nicht, allen alles zu versprechen“, sagt Wüst. „Die Planung müsse politisch entschieden werden“, so Kutschaty.
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Selbst beim Thema Wohnung gibt es nur wenige Unterschiede. Zur Einschränkung beim Bau von Einfamilienhäusern wegen des hohen Flächenverbrauchs, den die Bundes-SPD fordert, sagt Kutschaty: „Jeder soll so wohnen, wie er möchte, wenn die Möglichkeiten da sind.“ Mietwohnungsbau sei aber derzeit vorrangig. „Beides müsse möglich sein, Einfamilienhäuser und Mietwohnungsbau“, sagt Wüst. Das Flächenthema müsse man nach der ökologischen Wertigkeit beurteilen. Bauen sei die beste Lösung gegen Wohnungsmangel.
Mögliche Koalitionspartner für beide Parteien offen
Kein Wunder, dass sich Wüst und Kutschaty beim Koalitionsbingo zum Schluss der Sendung auch nahezu einig sind. Das bedeutet für Sonntag: Jeder könnte mit jedem koalieren. Die AfD einmal ausgenommen.
Eine Insa-Umfrage im Auftrag der Bild-Zeitung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, sieht die CDU bei 32 Prozent und damit recht deutlich vor der SPD, die bei 28 Prozent liegt. Die Grünen kämen danach auf 16, die FDP auf acht Prozent. Mit sieben Prozent würde die AfD den Wiedereinzug in den Landtag schaffen, die Linken (drei Prozent) blieben erneut draußen.