Die tödlichen Folgen der Jahrhundertflut 2021 sind unvergessen. Eine App soll Bürger künftig über das Risiko für die eigenen vier Wände informieren.
Flut-App für NRWWie sicher ist mein Zuhause bei einem Hochwasser?
Es dauert nur ein paar Sekunden, nachdem eine Straße und eine Hausnummer in Dortmund eingegeben wurden. „Es besteht eine mittlere Gefahr durch Flusshochwasser für ihr Gebäude“, heißt es in der App. Bei einem extremen Ereignis indes könne das Wasser eine Höhe von 4,8 Metern erreichen. Auch bei Starkregen sei die Gefahr für das Haus „sehr groß“, heißt es weiter: „Ihr Gebäude liegt in einem Gebiet, das überflutet wird. Das Wasser kann dann eine Höhe von mindestens 0,5 Meter erreichen.“
Per App können Menschen in Nordrhein-Westfalen künftig prüfen, wie gut ihr eigenes Zuhause vor Überflutung, Starkregen oder Hochwasser geschützt ist. Die von den Wirtschaftsverbänden Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) entwickelte „Flood Check App“ werde in den kommenden Monaten „landesweit ausgerollt“, wie die Ministerien für Umwelt und Kommunales mitteilten. Bisher konnten nur Bürger in den Städten Bochum, Bottrop, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herne und Herten die App nutzen.
Die Daten aus allen NRW-Kommunen werden in der App einlaufen
Ziel sei es, allen Bürgerinnen und Bürgern einen schnellen und unkomplizierten Zugriff auf Informationen zur konkreten Gefährdungslage ihrer Immobilie zu ermöglichen, sagte Bau- und Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU). Die dafür notwendigen Daten, etwa spezielle Starkregen-Karten zu jeder Straße, würden dem Land bereits vorliegen. Soweit Kommunen noch eigene Untersuchungen durchgeführt hätten, die sogar eine zentimetergenaue Prognose zulassen, würden diese Werte im Nachgang noch in die Datenbank der App eingepflegt.
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NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) warnte vor plötzlich auftretendem Starkregen, der in kurzer Zeit aus sehr kleinen, oft gar nicht wahrgenommenen Gewässern, große Gefahrenpotenziale entstehen ließe. Viele Menschen hätten diese Gefahr „überhaupt nicht auf dem Schirm“, sagte Krischer. „Aber Starkregen-Überflutungen können an ganz, ganz vielen Orten auftreten.“
Tipps zum Schutz der eigenen vier Wände
Nutzer geben in die App ihre Wohnadresse ein und beantworten Fragen zur baulichen Beschaffenheit. Daraus wird ermittelt, wie groß das Risiko möglicher Starkregen- und Hochwassergefahren für die Immobilie ist. Konkret werden mögliche Wasserstände für jeweils drei Szenarien ermittelt.
Die Nutzer bekommen zudem Hinweise zum Schutz ihrer eigenen vier Wände sowie zu Verhaltensmaßnahmen bei Hochwasser. In der App können die Kommunen auch ihre Vorsorge-Aktivitäten darstellen, auf die kommunalen Starkregen-Gefahrenkarten hinweisen und Beratungen anbieten. Die nordrhein-westfälischen Verbraucherzentralen beispielsweise bieten an, Eigentümern konkrete Sicherungsmaßnahmen zu erläutern. Das Flood-Check-Angebot ist auch im Internet abrufbar.
Einfacher Schutz vor Hochwasser
Oft reichen einfache und wenig kostspielige Mittel, um ein Haus vor Wassermassen zu schützen, sagte der EGLV-Vorstandsvorsitzende Uli Paetzel. So könne man Kellerschächte mit Glas oder Plastik abdecken, damit kein Wasser eindringt. Durch Anheben des Pflasters könne die Fließrichtung geändert werden. Die App sei für jeden Bürger „ein einfaches Instrument, die eigene Gefährdung konkret zu sehen“.
Scharrenbach wies darauf hin, dass von der Flut betroffene Bürger aus den Finanzmitteln des Wiederaufbaufonds auch vorbeugende Hochwasserschutzmaßnahmen wie etwa Flutschotts im Keller, Rückstaueinrichtungen im Gebäude oder den Einbau wasserdichter Kellerfenster finanzieren könnten. Das gelte auch, wenn der ursprüngliche Gebäudeschaden über eine Versicherung reguliert worden sei.
Mehr als vier Milliarden für Wiederaufbau bewilligt
Anlass für die App war die Jahrhundertflut im Juli 2021, bei der allein in NRW 49 Menschen starben. Der Starkregen und die Wasserfluten verursachten Schäden in Höhe von 13 Milliarden Euro. Nahezu die Hälfte aller Städte und Gemeinden in NRW war betroffen.
Mehr als drei Jahre nach der Flutkatastrophe hat das Land 4,1 Milliarden Euro Hilfen für den Wiederaufbau bewilligt. Davon gehen rund 839 Millionen Euro an Privatleute. Rund 2,75 Milliarden Euro sind für den Wiederaufbau beschädigter Infrastruktur vorgesehen.