Die Einführung der Frauenquote liegt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst persönlich am Herzen. Das bekommen jetzt die Europa-Politiker der NRW-CDU zu spüren. Sie müssen befürchten, verdrängt zu werden.
Wüst will paritätische WahllisteCDU-Platzhirsche bangen um Europa-Mandate wegen geplanter Frauenquote
NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst gehört zu den Befürwortern der Frauenquote in seiner Partei. Dem Vernehmen nach macht er sich dafür stark, die CDU-Liste für die Europawahl paritätisch zu besetzen. Eine Entscheidung, die Verwerfungen auslösen kann. Bislang werden fünf der sechs sicheren Plätze von Männern eingenommen. „Es gibt einen großen Veränderungsdruck“, heißt es in CDU-Kreisen. Die Platzhirsche stehen vor einer ungewissen Zukunft.
CDU-Regionalfürsten beraten Liste
Die Platzierung der Politiker auf der Landesliste wird von der Runde der acht CDU-Bezirksvorsitzenden in NRW ausgehandelt. Zu den mächtigen „Regionalfürsten“ in der NRW-CDU gehören u.a. Generalsekretär Paul Ziemiak (Südwestfalen), Staatskanzleichef Nathanael Liminiski (Mittelrhein), Innenminister Herbert Reul (Bergisches Land), Sozialminister Karl-Josef Laumann (Münsterland) und Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (Ruhrgebiet).
Bislang lassen sich die Strippenzieher nicht in die Karten blicken. Fest steht, dass alle Bezirkschefs versuchen werden, Vertreter aus ihrer Region weit vorne zu platzieren. Die Option, mit einer Frau ins Rennen zu gehen, ist verlockend. Bei dem von Wüst angestrebten „Reißverschlussverfahren“ stehen mindestens drei Freifahrtscheine nach Europa für Frauen in Aussicht.
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Kripo-Chefin Verena Mertens soll nach Brüssel
Der Bezirk Südwestfalen, bislang nicht im EU-Parlament repräsentiert, hat jetzt beschlossen, die Kripo-Chefin Verena Mertens in Rennen zu schicken. Der Bezirk Bergisches Land, ebenfalls in Brüssel derzeit nicht präsent, sucht dem Vernehmen nach ebenfalls nach einer Frau als Nummer Eins für die Region. Die taktischen Überlegungen versetzen die bisherigen EU-Parlamentarier naturgemäß in Unruhe. Denn durch die Quotierung ist klar, dass nicht alle ihr Mandat behalten werden.
Der Schmach, in der politischen Bedeutung nach hinten durchgereicht zu werden, begegnen altgediente Politiker oft mit einem freiwilligen Mandatsverzicht. Eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu ihren Zukunftsplänen ließen die Noch-EU-Parlamentarier allerdings unbeantwortet.
Dafür meldete sich Peter Liese, der Chef der Landesgruppe der NRW-CDU im Europäischen Parlament, im Namen seiner Kollegen zu Wort. „Bei der Aufstellung der Landesliste zur Europawahl wollen wir den Wählerinnen und Wählern ein breites Angebot unterbreiten, das die personelle und inhaltliche Vielfalt unserer Partei abbildet“, schreibt Liese. Zusätzlich würden „natürlich auch die Erfahrungen und Kompetenzen der bisherigen Europaabgeordneten eine sehr wichtige Rolle“ spielen. Ein Bekenntnis zur Frauenquote hört sich anders an.
Zu den Männern, die bislang sichere Listenplätze besetzen, gehört neben Liese Politiker Axel Voss (Mittelrhein), Dennis Radtke (Ruhrgebiet), Markus Pieper (Münsterland) und Stefan Berger (Niederrhein). Nun soll wohl ausgelotet werden, für wen möglicherweise andere Jobs infrage kommen könnten. In eine Kampfkandidatur zu ziehen, birgt bekanntlich immer Risiken.
Fall Elmar Brok ist Warnung für Platzhirsche
Wie bitter der Poker um die besten Plätze in Europa ausgehen kann, bekam vor der letzten Europawahl CDU-Urgestein Elmar Brok zu spüren. Er hatte dem Parlament seit 1980 angehört und wollte – trotz mancher Warnsignale, 2019 noch weitermachen. Doch sein Versuch, sich auf Listenplatz sechs in die nächste Amtszeit zu retten, ging daneben. Brok unterlag dem Wissenschaftspolitiker Stefan Berger, der bis dato im Landtag saß. Kein schönes Karriereende für den Kenner der internationalen Politik.
Wüst hatte sich beim CDU-Bundesparteitag 2022 in Hannover mit einer emotionalen Rede vehement für eine Frauen-Quote ausgesprochen. Seine Mutter sei Fleischerin geworden, weil es damals keine Aufstiegsoptionen für Frauen gegeben habe. „Glauben wir ernsthaft, dass unsere Mütter dümmer waren?“, fragte Wüst. Er sieht die Frauenquote auch als Signal an die Frauen, die sich noch nicht in der CDU engagieren.