Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz im Straßenkarneval vor. Ausschreitungen wie an Silvester sollen sich in den Hotspots nicht wiederholen.
Hohe Polizeipräsenz an WeiberfastnachtReul warnt vor Exzessen im Karneval
Die Polizei in NRW bereitet sich durch eine deutlich erhöhte Präsenz auf Ausschreitungen an den Karnevalstagen vor. NRW-Innenminister Herbert Reul warnt potenzielle Gewalttäter davor, dass die Beamten bei Regelverstößen kein Auge zudrücken werden: „Unsere Polizisten sind gehalten, gegen Belästigungen und Übergriffe konsequent vorzugehen - auch an Karneval“, sagte der CDU-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Nicht nur für Kölnerinnen und Kölner sei Weiberfastnacht sicher ein Highlight der Session. „Und genauso sicher ist es dieses Mal ein besonderer Karneval. Denn die vergangen drei Jahren haben ihre Spuren hinterlassen“, sagte der NRW-Innenminister.
Krieg, Inflation und Geldsorgen würden viele Menschen belasten. „Umso wichtiger finde ich, dass es diese Tage gibt, an denen man mal für einige Stunden abschalten und die Sorgen beiseitelegen kann. Aber: Gerade, weil Karneval ein Fest der Freude ist, bitte ich die Bürgerinnen und Bürger eindringlich, friedlich zu bleiben und sich an die Regeln zu halten. Jeder sollte wissen, wann es genug Kölsch gewesen sind“, sagte der CDU-Politiker unserer Zeitung.
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Angriffe mit Pyro-Technik
Vielen Sicherheitskräften dürften die Ereignisse an Silvester noch gut in Erinnerung sein. Zum Jahreswechsel waren Polizei und Feuerwehr in Bonn, Bochum, Duisburg, Hagen, Essen und Gelsenkirchen durch Angriffe mit Feuerwerk und Pyrotechnik überrascht worden. 41 Polizisten und drei Einsatzkräfte des Rettungsdienstes wurden verletzt.
Werden sich solche Gewaltausbrüche jetzt im Karneval wiederholen? „Dass einzelne Gewalttäter in Menschenmassen Randale machen, lässt sich nicht komplett ausschließen“, sagt Christos Katzidis, innenpolitischer Sprecher der CDU im Düsseldorfer Landtag. „Wichtig ist es, dass sich auch die Justiz auf diese Tage vorbereitet, damit anschließend Gewalttäter im beschleunigten Verfahren schnell und hart bestraft werden können“, erklärte der Politiker aus Bonn.
Kommt es auf den Partymeilen im engen Gedränge zum Streit, lässt sich meist kaum mehr nachvollziehen, wer angefangen hat und was genau passiert ist – zumal, da die Beteiligten meist kostümiert sind. „Um beweissichere Strafverfahren durchführen zu können, muss es natürlich einen entsprechenden Nachweis geben. Dazu ist der Einsatz von Videobeobachtung ganz entscheidend, aber auch die Nutzung der Bodycams“, sagt CDU-Experte Katzidis. Vor diesem Hintergrund sollte „die Videobeobachtung an neuralgischen Punkten, wo viele Menschen feiern, elementar und obligatorisch sein.“ Straftätern bietet sich oft die Gelegenheit, im Gewimmel der Feiernden abzutauchen. Allerdings setzt die Kölner Polizei auch vermehrt Zivilkräfte ein, die sich unter die Feiernden mischen und potenzielle Krawallmacher im Auge behalten. „Außerdem sind die Einsatzhundertschaften, insbesondere die von uns eingeführten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten, darauf spezialisiert und trainiert, solche Gewalttäter aus dem Verkehr zu ziehen“, erklärt Katzidis, der früher selbst in Brühl und Wesseling als Wachdienstführer unterwegs war.
Hilft ein Alkoholverbot?
Erfahrungsgemäß steigt die Gefahr, dass es zwischen den Feiernden zu Schlägereien kommt, mit steigendem Alkoholpegel. Oft reicht schon ein Rempler, bei dem Bier verschüttet wird, als Auslöser für eine körperliche Auseinandersetzung. Der Konsum von Hochprozentigem lässt die Hemmschwelle, Gewalt auszuüben, auch bei vermeintlich vernünftigen Feiernden sinken.
„Wenn immer wieder festgestellt wird, dass gerade Alkohol in Bereichen, wo viele Menschen feiern, zu Randale und Gewaltexzessen führt, ist für mich vorstellbar, dass man dort Alkoholverbotszonen einrichtet. In solchen Bereichen sollte man auch Waffen ausdrücklich verbieten“, fordert der CDU-Politiker Katzidis.
Ein Alkoholverbot an Karneval? Das ist für die SPD-Politikerin Christina Kampmann keine Lösung. „Das Sicherheitsgefühl hat viel mit Präsenz zu tun“, sagt die Politikerin aus Bielefeld. Dazu gehörten beispielsweise gezielte Anlaufstellen vor allem für Jugendliche und Frauen. Die müssten wissen, wohin man sich im Zweifel wenden kann. „Hier spielt die Sensibilisierung der Einsatzkräfte für Straftaten wie etwa sexuelle Übergriffe eine wichtige Rolle“, so Kampmann.
Strafen bis zu 50.000 Euro möglich bei Verstößen gegen den Jugendschutz
In den Hotspot-Zonen müsse darüber hinaus das Glasverbot konsequent eingehalten werden. Mit Blick auf harte Alkoholika gelte das Jugendschutzgesetz. „Wer dagegen verstößt, muss wissen, dass er zur Rechenschaft gezogen wird“, betont Kampmann. Schnaps an Jugendliche auszugeben, ist streng verboten. Der Konsum von Mischgetränken wie Aperol-Spritz sind erst ab 18 Jahren erlaubt. Verstoßen Gewerbetreibende gegen das Jugendschutzgesetz, sind Strafen bis zu 50.000 Euro möglich.
Wegen der Exzesse am 11.11. haben sich im Kölner Kwartier Latäng bereits die Traditionskneipen „Engelbät“ und „Oma Kleinmann“ aus dem Karneval zurückgezogen. Markus Wagner, innenpolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, macht eine „falsche Gesellschafts- und Migrationspolitik“ für die negativen Entwicklungen im Straßenkarneval verantwortlich. Alkohol an Karneval verbieten, weil es zu Ausschreitungen komme, sei „reine Symbolpolitik“.
Grüne vertrauen erprobten Konzepten
Michael Mertens ist der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW. „Der 11.11. hat gezeigt, dass der Nachholbedarf beim Feiern groß ist“, stellt er GDP-Chef fest. Gewaltausbrüche, wie sie es an vielen Orten an Silvester gegeben habe, befürchtet er aber nicht.
Julia Höller, Innen-Expertin der Grünen, sieht das ähnlich: „Die meisten Menschen wollen Karneval friedlich feiern“, so die Politikerin aus Bonn. Die Städte hätten mit Ordnungsämtern, Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr „langjährig erprobte und kluge Sicherheitskonzepte“ entwickelt.
NRW-Innenminister Reul bekannte, der traditionelle Karneval habe vielen Menschen in Nordrhein-Westfalen gefehlt - auch ihm: „Nach der Pandemie gibt es viel nachzuholen. Deshalb tun Polizisten, Rettungskräfte und Organisatoren schon im Vorfeld alles für einen möglichst reibungslosen Verlauf. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.“