Der neue Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst kostet NRW wohl eine Milliarde Euro. Die SPD will ihn auch auf Personal im Landtag übertragen und zehrt mit ihrer Durchsetzungs-Taktik an den Nerven der anderen politischen Lager.
Tarifabschluss wird für NRW teuerJochen Ott streitet über höheren Etat für Fraktionen im NRW-Landtag
Der Tarifabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, der am Wochenende in Potsdam erzielt wurde, wird das Land NRW im nächsten Jahr rund eine Milliarde Euro kosten. Das schätzt der Finanzexperte der SPD im Landtag, Christian Dahm. Das NRW-Finanzministerium wollte sich auf Anfrage am Montag noch nicht dazu äußern.
Die Beschäftigten erhalten ein Lohnplus von 5,5 Prozent. Der Inflationsausgleich in Höhe von 1800 Euro, der für den Dezember 2023 gezahlt wird, schlägt nach Einschätzung von Dahm mit rund 600.000 Euro zu buche. Die Vereinbarung sieht vor, dass der Tarifabschluss für die Beschäftigten auf die Anhebung der Beamtenbesoldung übertragen wird.
Zoff ums Geld hinter Landtags-Kulissen
Auch hinter den Kulissen des Düsseldorfer Landtags geht es in diesen Tagen um viel Geld: Die SPD will für sich und alle anderen Fraktionen einen höheren Etat. Gefochten wurde und wird um Funktionszulagen, eine Inflationsprämie oder ein 49-Euro-Ticket für Mitarbeiter. Um den Forderungen Druck zu verleihen, versperren sich die Sozialdemokraten – so der Vorwurf aus anderen Fraktionen – bei anderen Themen.
Alles zum Thema Jochen Ott
- Wüst unter Druck Sozialkürzungen „geräuschlos, schnell und eiskalt“ beschlossen
- Überlastet und schlecht ausgebildet Vor allem jüngere Kita-Fachkräfte wollen aufgeben
- Eklat bei SPD-Landtagsfraktion Ott-Vertrauter André Stinka fällt bei Vorstandswahl durch
- Früherer Referent von Gerhard Schröder Torsten Burmester als OB-Kandidat der Kölner SPD im Gespräch
- Wasser vom Boden Menschen mit nassen Kellern in Lind kriegen keine Hilfen aus dem Katastrophenfonds
- Rotlicht-Streit im Landtag Eklat um SPD-Foto von Wüst vor dem Pascha
- Traditionsverein Kölner Sportverein feiert 150-jähriges Bestehen – Erste Turnhalle war eine Kneipe
Hintergrund ist ein Papier mit dem schmucklosen Namen „Einzelplan 01“. In diesem Teil des Haushalts werden die Finanzen des Landtags geregelt. Normalerweise wird der Einzelplan (m Gegensatz zum Rest des Haushalts) im Konsens der Fraktionen beschlossen. Nun wird aber seit Wochen in vertraulichen Runden um Details gerungen. Die AfD ist außen vor, gestritten wird zwischen CDU, Grünen, FDP und eben der SPD.
SPD-Fraktionschef Jochen Ott schickte vor anderthalb Wochen „Vorschläge“ in die Runde, die es in sich hatten. So sollten aus Otts Sicht eine Funktionszulage für Fraktionsvorsitzende (also auch ihn selbst), sowie Parlamentarische Geschäftsführer und Ausschussvorsitzende neu im Abgeordnetengesetz verankert werden. Für Fraktionsvorsitzende schlug Ott eine Zulage in Höhe einer vollen Diät vor – also knapp 10.000 Euro im Monat.
Der Unterschied wäre: Bisher zahlen manche Fraktionen solche freiwilligen Zulagen aus ihrem Etat. Laut Otts Vorschlag, wie ihn die anderen verstanden hatten, würden sie per Gesetz das Geld zusätzlich vom Landtag – und damit vom Steuerzahler – überwiesen bekommen. Ott dagegen beteuert, er habe nur für Transparenz sorgen wollen – entsprechend den Vorgaben des Landesrechnungshofs. Das wäre unterm Strich nicht teurer, so der SPD-Fraktionschef.
Tarifabschluss soll auch für Mitarbeiter der Fraktionen gelten – iPhones sind schon bewilligt
Bei der Übertragung des aktuellen Tarifabschlusses bleibt die SPD aber hart. Die Entwicklung der Gehälter der Fraktionsmitarbeiter orientiert sich am öffentlichen Dienst. Für den wurde gerade unter anderem eine Inflationsausgleichszahlung von 3000 Euro ausgehandelt. Die SPD will, dass das Geld auch an die Fraktionsmitarbeiter geht – und zwar zügig. Die Sonderzahlung müsse den Fraktionen zusätzlich bereitgestellt werden.
Ott schlug in seinem Schreiben an die Fraktionen zudem vor, dass jeder Abgeordnete zusätzliches Geld bekommen solle, um für seine Mitarbeiter zwei 49-Euro-Tickets zu besorgen. Auf zwei iPhones pro Abgeordnetenbüro hatte man sich vorher schon geeinigt.
Was in den anderen politischen Lagern für Frust sorgt: Die SPD hat ihre Punkte mit ihrer Zustimmung zu anderen Punkten verkettet. So wollten CDU, Grüne und FDP vergangene Woche eigentlich gemeinsam mit der SPD das neue Ordnungsgeld für pöbelnde Politiker auf den Weg bringen. Die entsprechenden Änderungen von Geschäftsordnung und Abgeordnetengesetz wurden erst mal geschoben, weil die SPD nicht mitmachen wollte.
Auch der im Koalitionsvertrag vorgesehene Polizeibeauftragte des Landtags (im Innenministerium gibt es auch schon einen) ist noch nicht durch. Mit dessen Finanzierung soll laut „WAZ“ sogar Landtagspräsident André Kuper (CDU) unglücklich sein. Auch der Beauftragte und sein Mitarbeiterstab sollen aus besagtem Einzelplan 01 bezahlt werden.