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Opposition klagt gegen NRW-HaushaltNutzt Wüst den Krieg, um Koalitionsprojekte zu finanzieren?

Lesezeit 3 Minuten
Hendrik Wüst nimmt an einer Demo am Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine teil.

Hendrik Wüst nimmt am 24. Februar an einer Demo am Jahrestag des Angriffs auf die Ukraine teil.

SPD und FDP wollen vom NRW-Verfassungsgericht in Münster klären lassen, ob die Schaffung eines Sondervermögens rechtskonform ist.

SPD und FDP im Düsseldorfer Landtag halten das Sondervermögen in Höhe von fünf Milliarden Euro, dass die schwarz-grüne Landesregierung für das Jahr 2023 zur Krisenbewältigung zur Verfügung gestellt hat, für verfassungswidrig. Der laufende Haushalt habe „erhebliche Überschüsse“ aufgewiesen, sodass eine Neuverschuldung in dieser Höhe nicht nötig gewesen sei, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Montag vor Journalisten in Düsseldorf.

Henning Höne, Fraktionsvorsitzender der Liberalen, ergänzte: „Wer noch Geld für den Urlaub übrighat, kann schlecht zur Bank gehen und Schulden für den Hausbau aufnehmen.“

Opposition will Klageschrift gegen Haushaltspolitik von Ministerpräsident Hendrik Wüst einreichen

SPD und FDP wollen jetzt in drei Punkten gegen die Haushaltspolitik Klage beim NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster einreichen. Die Klageschrift sei fertig und werde unverzüglich zugestellt, hieß es.

Die Opposition wirft der Landesregierung vor, den Krieg in der Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise widerrechtlich als Vorwand zu benutzen, um neue Schulden aufzunehmen, mit denen auch Koalitionsprojekte finanziert würden. So sei es fraglich, ob Maßnahmen zur Verbesserung des Katastrophenschutzes in NRW unmittelbar mit dem Krieg zu tun hätten – oder ob diese nicht auch unabhängig davon notwendig seien, sagte Höne. Die Koalition habe zum Beispiel beschlossen, die Notstromversorgung der Polizei zu verbessern und die Behörden mit Satellitentelefonen auszustatten, um die Kommunikation im Krisenfalls sicherzustellen.

Land NRW erhöht Mittel für Lehrerbesoldung

Gleichzeitig würden die zusätzlichen Ausgaben beispielweise für die Lehrerbesoldung oder neue Förderprogramme unterstreichen, dass im laufenden Haushalt „noch Spielräume“ vorhanden gewesen seien. „Das Sondervermögen wurde aus Bequemlichkeit eingerichtet, um einer Priorisierung der Ziele aus dem Weg zu gehen“, fasste Höne zusammen. Die Haushaltspolitik von Schwarz-Grün sei „schlechtes Regierungshandwerk mit der Brechstange“. Die Landesregierung habe sich als „Treuhänder der Steuerzahler“ disqualifiziert.

Die Regierungsfraktionen hatten im Dezember vergangenen Jahres den Weg für die Aufnahme neuer Schulden durch einen Nachtragshaushalt freigemacht. Der Schritt wurde mit einer „außergewöhnlichen Notsituation“ durch die Kriegsfolgen und den drohenden Konjunktureinbruch begründet. Mit dem Sondervermögen sollen unter anderem die zusätzlichen Kosten für die Aufnahme und Integration der rund 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine finanziert werden. Außerdem soll es Hilfen für Unternehmen und einkommensschwache Haushalte, aber auch für Tafeln und ehrenamtliche Organisationen geben. Auch Steuerausfälle infolge der Rezession können aus dem Sondervermögen ausgeglichen werden.

Schuldenbremse in NRW außer Kraft gesetzt

Die Klageschrift von SPD und Liberalen hatte der Bielefelder Rechtsprofessor Simon Kempny vorbereitet. Der Wissenschaftler hatte im vergangenen Jahr bereits davor gewarnt, die Haushaltspläne von NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk seien verfassungswidrig. Der CDU-Politiker hatte zunächst versucht, übrig gebliebene Mittel aus dem Corona-Rettungsschirm für die Finanzierung der Kriegsfolgen zu verwenden. Nachdem der Landesrechnungshof massive Bedenken geäußert hatte, änderte Optendrenk seine Pläne. Die Feststellung der „außergewöhnlichen Notsituation“ ermöglichte es der Landesregierung, die Schuldenbremse außer Kraft zu setzen.

CDU und Grüne äußerten ihr Unverständnis über die Klage. Es sei „absolut unverantwortlich“, dass SPD und FDP die Augen vor den außergewöhnlichen finanziellen Herausforderungen der Kriegsfolgen verschließen würden, sagte Verena Schäffer, Fraktionschefin der Grünen.