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„Grottenschlechtes Regierungshandwerk“Schwarz-Grün in NRW will sparen - trotzdem Rekordhaushalt für 2024

Lesezeit 4 Minuten
Marcus Optendrenk (CDU), Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, bereitet sich auf der Regierungsbank im Landtag auf die bevorstehende Debatte zum Haushaltsgesetz 2024 vor

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) stimmte die Bevölkerung am Mittwoch auf einen Sparkurs bei den Haushaltsausgaben ein.

Die schwarz-grüne Landesregierung kündigt einen Sparkurs an. Gleichzeitig ist der Haushaltsentwurf für 2024 so hoch wie nie.

Angesichts der Konjunkturabschwächung schnallt Nordrhein-Westfalens schwarz-grüne Landesregierung den finanziellen Gürtel enger. Landesfinanzminister Marcus Optendrenk (CDU) stimmte die Bevölkerung am Mittwoch auf einen Sparkurs bei den Haushaltsausgaben ein.

Grund seien die Inflation, steigende Zinsen, schwächere Steuereinnahmen und die Folgen des andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, sagte Optendrenk bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs für 2024 in den Landtag. Alle Indikatoren wiesen auf eine Abschwächung der Wirtschaft in diesem und nächsten Jahr hin.

Die schwarz-grüne Landesregierung werde „deutlich stärker als in den letzten Jahren bis in die Einzelposten des Haushalts, bis in die Titelgruppen und Verwendungszwecke reinschauen“, wo Prioritäten gesetzt werden müssten und es noch Spielräume gebe, sagte Optendrenk.

Alles zum Thema Jochen Ott

Etat für 2024 soll auf mehr als 100 Millionen Euro wachsen

Zwar will die Landesregierung sparen, dennoch soll der Etat 2024 erstmals auf mehr als 100 Milliarden Euro wachsen. Geplant ist ein Anstieg der Gesamtausgaben um 7,2 Milliarden Euro auf 101,9 Milliarden im Vergleich zu 2023.

Darin enthalten sind allerdings drei Milliarden Euro zur Schuldentilgung für den Corona-Rettungsschirm, so dass das eigentliche Ausgabevolumen doch unter 100 Milliarden Euro liegt. Die Ausgabensteigerungen ergeben sich laut Optendrenk unter anderem durch einen Anstieg der Zinsausgaben um fast 900 Millionen Euro und wachsende Personalausgaben.

Neue Schulden sind im nächsten Jahr nicht vorgesehen. Ausgenommen vom angekündigten Sparkurs sind Kitas und Schulen. Für Bildung sollen 2024 mehr als 38 Milliarden Euro ausgegeben werden. Dies sei aber nur „durch konsequente und breite Einsparungen in allen anderen Ressorts“ möglich gewesen, sagte Optendrenk.

Marcus Optendrenk (CDU) wirft Regierung Verunsicherung vor

Die Opposition aus SPD, FDP und AfD bescheinigte Schwarz-Grün ein „grottenschlechtes Regierungshandwerk“ und eine Verkennung der Realitäten in NRW. Stattdessen zeige Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bei Problemen immer nur nach Berlin.

Dagegen warf CDU-Politiker Optendrenk der Ampel-Bundesregierung vor, die Menschen in Deutschland zu verunsichern. „Die endlosen Streitereien in Berlin, das Nicht-Lösen von Problemen, das Schneckentempo des Agierens, die Unberechenbarkeit von Abläufen und Entscheidungen führen zu einer großen Verunsicherung in Deutschland.“

Altschulden-Lösung und Finanzierung für Flüchtlingskosten werden kritisiert

Konkret warf Optendrenk der Ampel vor, die Länder bei der Bundesbeteiligung an der Finanzierung der Flüchtlingskosten hinzuhalten. Der Bund entziehe sich auch der Verantwortung für eine kommunale Altschulden-Lösung. In NRW habe Schwarz-Grün einen Weg zur Entschuldung der Kommunen aufgezeigt.

Das Land werde die Verhandlungen mit dem Bund und den Kommunen weiterführen und 2025 mit der Entschuldung der Kommunen beginnen. Aber auch der Bund müsse sein Wort halten, so Optendrenk. Er warf der SPD in der Frage der Altschulden „billige Parteipolitik“ vor.

Am Dienstag hatte die NRW-Landesregierung den für 2024 geplanten Einstieg dann kurzfristig auf 2025 verschoben. Zuvor hatten auch Städte und Gemeinden in NRW sowie Experten die vorgelegte Altschuldenlösung massiv kritisiert. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich schon im Juni ablehnend zu einer Beteiligung des Bundes geäußert.

Leugnung von Verantwortung ist in NRW zum Regierungsstil geworden.
Jochen Ott, SPD-Oppositionsführer in NRW

SPD-Oppositionsführer Jochen Ott zeichnete ein düsteres Bild für NRW. Für Eltern gebe es keine verlässliche Kinderbetreuung mehr, in den Schulen komme es zur „Bildungskatastrophe“, Kitas und Pflegeeinrichtungen drohe die Insolvenz, sagte der SPD-Landtagsfraktionschef. Ministerpräsident Wüst aber zeige jeden Tag nur nach Berlin.

„Sie sind das teuerste Autobahnschild, das das Land je hatte“, sagte Ott. „Leugnung von Verantwortung ist in NRW zum Regierungsstil geworden.“ Nach dem Chaos bei der Haushaltsaufstellung vergangenes Jahr drohe Schwarz-Grün nun „die Bruchlandung“ bei der Altschuldenlösung für die Kommunen.

FDP-Fraktionschef Henning Höne sagte: „Wer ständig mit beiden Hände nach Berlin zeigt, hat keine Hand frei, um zuhause anzupacken.“ Für die Landesregierung komme „Repräsentieren vor Regieren“. AfD-Fraktionschef Martin Vincentz sagte: „Sie regieren sich in die Handlungsunfähigkeit.“

Einige Kennzahlen für den Haushalt:

Kitas: 178 Millionen Euro werden bis 2027 jährlich für das Sprach-Kita-Programm und zur Entlastung der Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertageseinrichtungen durch Alltagshelfer bereitgestellt.

Schule: Schaffung von zusätzlichen 38 000 Plätzen im Offenen Ganztag (OGS) an Grundschulen. Damit wird der Weg zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen OGS-Platz fortgesetzt. Acht Millionen Euro für die Stärkung der Basiskompetenzen in Rechnen, Schreiben, Lesen.

Flüchtlinge: Für flüchtlingsbedingte Aufwendungen sind insgesamt rund drei Milliarden Euro veranschlagt.

Klimaschutz: Nordrhein-Westfalen soll bis 2045 die erste klimaneutrale Industrieregion Europas werden. Für 2023 und 2024 stehen mehr als eine Milliarde Euro für Klimaschutzmaßnahmen im Landeshaushalt bereit, etwa für klimafreundliche Mobilität, die Wärmewende, den beschleunigten Ausbau von Windkraft und Photovoltaik sowie auch für klimaresilientere Wälder und Innenstädte.

Digitalisierung: Für Gigabitförderung und Glasfaserausbau sind mehr als 134 Millionen Euro veranschlagt. Im Justizetat stehen 190 Millionen Euro für die Digitalisierung zur Verfügung. (dpa/lnw)