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Petition gegen Björn HöckeIndra Ghosh wurde zum Zufallsaktivist mit Rekordzuspruch

Lesezeit 4 Minuten
Berlin: Indra Ghosh, Petent, spricht und überreicht 1,6 Millionen Unterschriften im Rahmen einer Petition zu einem Antrag auf Grundrechtsverwirkung für den AfD-Politiker Björn Höcke. Das Ziel der Aktion ist, dass Höcke das Recht verliert, sich zur Wahl stellen zu lassen und ein öffentliches Amt zu bekleiden.

Indra Ghosh hat Anfang Februar seine Petition in Berlin überreicht. Er sammelte 1,6 Millionen Unterschriften zu einem Antrag auf Grundrechtsverwirkung für den AfD-Politiker Björn Höcke.

Indra Ghosh aus Düsseldorf will den Rechtsextremisten Björn Höcke mit dem Instrument der wehrhaften Demokratie unwählbar machen. Was ihn antreibt.

Als der Düsseldorfer Indra Ghosh im vergangenen November die Online-Petition „Wehrhafte Demokratie: Höcke stoppen!“ startete, ahnte er nicht, welches Echo das haben würde. Bis heute haben fast 1,7 Millionen Menschen digital „unterschrieben“. So viel wie noch nie bei einer Online-Petition in Deutschland zuvor.

Ghosh und die Unterzeichner fordern, dass dem thüringischen AfD-Fraktionschef Björn Höcke die Grundrechte aberkannt werden. Anfang Februar übergab Ghosh die Petition symbolisch im Bundestag. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprach mit dem Initiator.


Herr Ghosh, Sie sind eigentlich Physiker – wie kam es zu der Petition?

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Indra Ghosh: Die AfD ist in den letzten Jahren unter dem Einfluss von Björn Höcke stetig nach rechts gerückt. Die Landesverbände Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens sind laut Verfassungsschutz gesichert rechtsextrem, ebenso wie Höcke, den man gerichtsfest einen Faschisten nennen darf.

Nach der Landtagswahl in Thüringen könnte die AfD stärkste Kraft und er dort Ministerpräsident werden. Er würde seine Macht nutzen, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung auf Landesebene und auch im Bundesrat anzugreifen. Dies muss mit den Mitteln der wehrhaften Demokratie verhindert werden. Dazu zählt die Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 Grundgesetz: Das Bundesverfassungsgericht könnte einzelne Grundrechte Höckes einschränken und ihm das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkennen.

1,7, Millionen Unterschriften: Hätten Sie mit diesem Erfolg gerechnet?

Ich hatte damit gerechnet, dass viele Menschen die Gefahr registrieren, die von Björn Höcke im Hinblick auf die Landtagswahlen im Herbst dieses Jahres ausgeht: Bis Weihnachten hatten bereits rund 200.000 Menschen unterschrieben.

Einen immensen Einfluss hatte allerdings die Veröffentlichung der Correctiv-Recherche Mitte Januar, die noch einmal ganz klar demonstriert hat, was zumindest Teile der AfD vorhaben: Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund sollen nach Nordafrika abgeschoben werden. Und alle, die sich für Geflüchtete einsetzen, gleich mit.

Thüringen, Pfiffelbach: Björn Höcke (AfD), Vorsitzender der Thüringer AfD Landtagsfraktion, spricht beim Politischen Aschermittwoch des AfD-Landesverbands Thüringen.

Björn Höcke (AfD), der Vorsitzende der Thüringer AfD Landtagsfraktion, beim Politischen Aschermittwoch. Nach der Landtagswahl in Thüringen könnte die AfD stärkste Kraft und Höcke Ministerpräsident werden.

War Ihre Forderung symbolisch oder ernst gemeint?

Ganz klar: Die Forderung ist ernst gemeint. Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben uns im Bewusstsein der Erfahrung mit der Machtübernahme Adolf Hitlers 1933 einen Leitspruch mit auf den Weg gegeben, der von Staatsrechtler Carlo Schmid stammt: ‚Man muss auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.‘

Und sie haben uns im Grundgesetz die Instrumente der wehrhaften Demokratie an die Hand gegeben, um sich gegen Verfassungsfeinde zu wehren. Das muss jetzt passieren, damit die Demokratie keinen Schaden nimmt.

„Alle demokratischen Fraktionen außer der FDP kamen zur Petitions-Übergabe im Bundestag“

Sie haben die Petition im Bundestag übergeben – wie war das?

Es war ein starkes Signal an die Politik, endlich aktiv zu werden. Ich hatte im Vorfeld der Übergabe alle demokratischen Fraktionen und Gruppen, also SPD, Union, Grüne, FDP und Linke für die Übergabe angefragt. Und es ist ein Zeichen der Geschlossenheit, dass – mit Ausnahme der FDP – alle kamen. Ich habe seitens der Politikerinnen und Politiker viel Zuspruch für diese Initiative bekommen. Auch die mediale Aufmerksamkeit war sehr groß. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Umso wichtiger ist es, dass die Politik jetzt auch handelt.

Was ist danach passiert?

Ich werbe weiter für das Anliegen der Petition: Unter anderem bin ich auf die 50 Mitglieder des Bundestags zugegangen, die sich laut taz offen für die Prüfung eines AfD-Parteiverbots gezeigt haben. Auch habe ich mit Georg Maier, dem Innenminister von Thüringen, gesprochen. Er hat bereits im Januar dazu geraten, die Antragstellung für eine Grundrechtsverwirkung vorzubereiten und Beweise zu sammeln. Noch ist die Politik zurückhaltend, was sowohl eine Grundrechtsverwirkung für Herrn Höcke als auch ein AfD-Parteiverbot anbelangt.

Meine Hoffnung ist, dass sich dies nach dem von der AfD angestrengten Verfahren gegen die Einstufung als Verdachtsfall auf Bundesebene ändern wird. Die entsprechende Verhandlung findet Mitte März vor dem OVG Münster statt. Sollte das Gericht die Einstufung bestätigen, dann plant der Bundesverfassungsschutz laut Medienberichten vom vergangenen Wochenende zeitnah die Einstufung der gesamten AfD als gesichert extremistische Bestrebung. Dies wird den Druck auf die Politik noch mal deutlich erhöhen.

Planen Sie noch mal eine ähnliche Aktion wie die Petition?

Ich werde mich weiter im Kampf gegen den Rechtsextremismus engagieren, auch öffentlich. 2024 ist ein entscheidendes Jahr. Der Erhalt der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, des Rechtsstaats und des Pluralismus ist mir ein sehr großes Anliegen und eine Verpflichtung aus der Geschichte Deutschlands.


Zur Person: Der gebürtige Hamburger Indra Ghosh (56) lebt seit 24 Jahren in Düsseldorf und ist Physiker. Er ist parteipolitisch nicht aktiv und war durch Zufall darauf aufmerksam geworden, dass man seine Grundrechte verwirken kann. So kam es zu der Petition.