Bahar Aslans Fall wird verfremdet, ist aber klar erkennbar. Nicht allen Prüflingen war die Debatte vor der Klausur bekannt.
Streit um LehrauftragPolizeihochschule nutzt umstrittenen Fall der Kölnerin Bahar Aslan in Klausur
Vor knapp einem Jahr wurde die Dozentin Bahar Aslan von der Polizeihochschule des Landes geschasst, nachdem sie einen polizeikritischen Tweet abgesetzt hatte. Die Kölnerin klagte erfolgreich gegen den Rauswurf, der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. Bizarr: Jetzt hat die Polizeihochschule aus dem Streit eine scheinbar fiktive Prüfungsaufgabe gemacht. Aslan sieht das kritisch. Die Hochschule verteidigt die Klausur.
Aslans umstrittener Tweet wird zitiert
Der Hintergrund: An der Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung (HSPV) werden diese Woche die Bachelor-Klausuren im Bereich Verwaltungsrecht geschrieben. In der mehrseitigen Prüfung („Modul 5.2“), die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, wird die Causa Aslan leicht verfremdet als hypothetischer Fall dargestellt.
Die Dozentin in der Klausur heißt „K“. Sie ist Gymnasial- statt Realschullehrerin (wie Aslan) und Tochter türkischer Eltern, die an der HSPV für 32 Euro pro Stunde als Dozentin anfängt. „Die K hat für diese Nebentätigkeit keine Genehmigung bei ihrer dienstvorgesetzten Stelle beantragt und entsprechend auch keine Genehmigung erhalten“, heißt es in der Klausur vom 23. April.
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In Folge wird der umstrittene Tweet von Aslan zitiert, den „die K“ am „20. Mai 2023“ abgesetzt habe: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*Innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“
Studenten sollen entscheiden, ob Lehrauftrag entzogen werden durfte
In der Klausur wird auch ein Tweet aus dem Januar 2021 hervorgeholt („Ja, ich sympathisiere mit Linksextremisten!“), über den in der Textaufgabe gesagt wird, er sei erst „einige Monate zuvor“ von „K“ abgesetzt worden. Aslan hatte betont, dass das der Tweet eine ironische Antwort auf eine Twitter-Attacke gewesen sei.
Die Textaufgabe führt nun aus, dass Dozentin „K“ daraufhin der Lehrauftrag entzogen worden sei und sie dagegen geklagt habe. Die Studenten sollen nun entscheiden, ob „K“ damit Erfolg haben kann - und gegebenenfalls begründen, warum nicht. Für die Prüfung gab es 120 Minuten Zeit.
Einigen Studenten fiel dem Vernehmen nach auf, dass es um einen realen Fall geht. Andere kannten die Debatte um Bahar Aslan nicht – was für sie von Nachteil sein könnte. Denn die Antwort auf die Prüfungsfrage wurde in der Realität schon gegeben: Aslan hatte in zwei Instanzen gewonnen und hätte ihren Lehrauftrag wieder annehmen können. Sie tat es am Ende wegen ihrer Schule nicht.
Aslan sagte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeigers“, dass sie vor der Klausur nicht von der HSPV gefragt worden. Nun ist sie sauer, denn: „Ich habe nichts dagegen, dass mein Fall thematisiert wird – aber dann hätte man ihn wenigstens korrekt wiedergeben sollen.“ Sie sehe die Sache daher „sehr kritisch“, so Aslan. Von juristischen Schritten werde sie wahrscheinlich absehen, weil es vermutlich keinen Anpack gebe.
Ein Sprecher der HSPV sagte, die Art der Prüfung sei nicht ungewöhnlich. Man verwende neben fiktionalen auch immer wieder Fälle, die einen realen Bezug hätten. Dass es sich diesmal um einen Vorgang aus dem eigenen Haus handele, sei kein Problem. Am Ende gehe es darum, dass die Studierenden in der Lage seien, einen Sachverhalt korrekt zu bewerten.