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NRW-Staatskanzlei-Affäre
Ex-Ministerpräsident Laschet soll viele Sonderwünsche gehabt haben

Lesezeit 4 Minuten
Armin Laschet (CDU), früherer Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, soll Wünsche zur Gestaltung der Staatskanzlei gehabt haben.

Armin Laschet (CDU), früherer Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, soll Wünsche zu Gestaltung der Staatskanzlei gehabt haben.

Ex-Landeschef Laschet soll jenen Planer ins Spiel gebracht haben, der inzwischen im Fall des Staatskanzlei-Umbaus unter Korruptionsverdacht steht.

In der Korruptionsaffäre um den Umbau und die Sanierung des Landeshauses zur neuen Staatskanzlei am Düsseldorfer Horionsplatz gerät der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet unter Druck. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, soll der CDU-Politiker bei der Auswahl des Objektplaners für die Neugestaltung des 100 Jahre alten Gebäudes jenen Stararchitekten und dessen Büro ins Spiel gebracht haben, der inzwischen unter Korruptionsverdacht steht.

Der Baumeister zählt zu den sieben Beschuldigten, die Vergaben an Firmen verschoben haben sollen, um später überhöht abzurechnen und sich den illegalen Gewinn zu teilen.

Zu den Tatverdächtigen gehören auch vier Mitarbeiter des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebes (BLB) aus der Abteilung Einkauf, die für den Umbau des Regierungssitzes zuständig waren. Sie sollen die weit überteuerten Nachtragsrechnungen anstandslos bezahlt haben. Schließlich, so der Verdacht, sollen sie ebenfalls von den Zahlungen profitiert haben. Auch sollen sie die BLB-eigene SAP-Software manipuliert haben, um den mutmaßlichen Betrug zu verschleiern.

Laschet soll mutmaßliche Betrüger-Architekten ins Spiel gebracht haben

Zu Beginn des Projekts sollen die BLB-Verantwortlichen auch die Auftragsvergabe zu Gunsten des besagten Architekten gesteuert haben. Offenbar wollte man den Wunsch des damaligen Ministerpräsidenten unbedingt umsetzen. So heißt es in Justizkreisen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Laschet bereits kurz nach der Razzia in der Korruptionsaffäre zu einer etwaigen Einflussnahme auf das Bauprojekt befragt. Der Christdemokrat wollte sich hierzu nicht äußern und verwies einzig auf die Staatskanzlei.

Offenbar aber hat Laschet weitaus üppiger beim Umbau der NRW-Regierungszentrale wirtschaften lassen, als bisher bekannt war. Aus einem Bericht an den Haupt- und Finanzausschuss im Landtag, der am Donnerstagvormittag tagte, geht hervor, dass der CDU-Nachfolger Hendrik Wüst vor zwei Jahren diese so genannten „Nutzerwünsche“ zusammengestrichen hat.

Ex-Ministerpräsident wollte Bronzetafel am Staatskanzlei-Eingang, Wüst ließ Standardschild montieren

So wollte Laschet in Absprache mit dem Stararchitekten eine Bronzetafel am Eingang installieren lassen. Kostenpunkt: 28.000 Euro. Wüst verfügte, die üblichen Standardschilder aus Stahl zu verwenden, um 20.000 Euro einzusparen. Ursprünglich sollte etwa am Rheineingang ein Kunstwerk für 168.000 Euro den Besucher empfangen, inzwischen soll eine knapp 50.000 günstigere Grünwand installiert werden. In etwa 80 Fällen ließ Ministerpräsident Wüst die Kosten senken oder verlangte Einsparpotenziale zu realisieren.

Da war ihm noch nicht bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Wuppertal und das Landeskriminalamt nach Hinweis eines Insiders die Ermittlungen wegen Bestechung, Bestechlichkeit, Untreue und Betruges aufgenommen hatte. Die BLB-Innenrevision fand die Angaben über mutmaßlich illegale Machenschaften durch eigene Kontrollen bestätigt. Allein bei den Beleuchtungsgewerken soll ein einstelliger Millionenschaden entstanden sein.

SPD-Fraktion: „Das Projekt ist völlig aus dem Ruder gelaufen“

Bisher besteht kein Tatverdacht gegen die damals zuständigen Bediensteten im Regierungssitz. Derzeit sind die Umbaukosten auf 55 Millionen Euro veranschlagt; dazu kommt ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag für die Sicherheitsmaßnahmen. Ein nicht-öffentlicher Bericht der Innenrevision der Staatskanzlei jedenfalls kommt zu dem Schluss, dass die Mitarbeiter sich keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht haben.

„Da wird jetzt versucht, sich selbst in ein besseres Licht zu rücken und von der Affäre um die Luxussanierung abzulenken“, sagte Elisabeth Müller-Witt, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag: „Das zeigt nur, wie groß die Panik ist.“ Was einmal als „Sanierung im Rahmen des Notwendigen“ begonnen habe, erweise sich immer mehr als eine „endlose Kette an zusätzlichen Sonderwünschen“. Das Projekt sei „völlig aus dem Ruder gelaufen“. Und es stelle sich die Frage, wer dafür die politische Verantwortung trägt. „Am Ende bleiben die Fragen: Wer hat das alles verursacht? Und wer hat nicht richtig hingeschaut? Wer hat diese ,Was-kostet-die-Welt‘-Haltung zur Maßgabe gemacht?“, so Müller-Witt.

Im Haushaltsausschuss des Landtages beantwortete der nordrhein-westfälische Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) am Donnerstag zahlreiche weitere Fragen der Opposition. „Die heutige Erörterung wirft leider neue Fragen auf“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Ralf Witzel anschließend. Die Landesregierung habe zum Beispiel nicht beantwortet, „warum die Anschaffung hochwertiger Lichtobjekte in Abhängigkeit von Akustikaspekten des Fußbodenbelags erfolgen sollte.“ Ebenfalls unklar sei geblieben, „warum regelmäßige Besprechungen der Staatskanzlei zur Kostenentwicklung erst ab September 2020 erfolgt sind, also drei Jahre nach Start der Bauarbeiten“.