Düsseldorf – Was bringt die geplante Energiepreisbremse, der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als „Doppelwumms“ bezeichnete 200 Milliarden Euro schwere Preisdeckel für Gas und Strom konkret?
Diese Frage müsse jetzt schnell beantwortet werden, forderte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Freitag im Düsseldorfer Landtag. Die Menschen müssten wissen, ob sie im Winter eine warme Wohnung hätten, sagte er bei einer Unterrichtung über die jüngste Ministerpräsidentenkonferenz am vergangenen Mittwoch. Der Energiepreisdeckel sei richtig, die Menschen und die Unternehmen benötigten verlässliche und bezahlbare Energie.
Wüst: Bund muss höheres Wohngeld allein finanzieren
Die Länder seien sich auch einig, dass die neuen Entlastungen zielgenau sein müssten. Vor den Bund-Länder-Gesprächen am kommenden Dienstag forderte der Ministerpräsident erneut eine faire Kostenverteilung bei der Finanzierung des neuen Entlastungspakets.
Die Kosten für die geplante Erhöhung und Erweiterung des Wohngelds müsse der Bund vollständig übernehmen. Das Land werde sich aber selbstverständlich an den Kosten der vorgesehenen Entlastungen beteiligen und dort, wo es selbst Verantwortung trage, für Lösungen sorgen.
Kitas, Schulen und Universitäten blieben im Winter geöffnet und warm, versicherte Wüst. Nach gut zwei Jahren Corona-Pandemie seien hier keine weiteren Einschränkungen zumutbar.
Kutschaty: NRW muss eigenes Entlastungspaket schnüren
Für SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty (SPD) hat Bundeskanzler Scholz dem NRW-Ministerpräsidenten eine Lektion in Krisenmanagement und Tatkraft erteilt. Wüst habe in seiner Rede nichts darüber gesagt, wie die Landesregierung Familien und Unternehmen unterstützen und die Maßnahmen der Bundesregierung flankieren wolle.
„Der Bund handelt jetzt – und wann handelt Nordrhein-Westfalen?“, fragte Kutschaty. Die Landesregierung müsse ebenso wie andere Bundesländer ein eigenes Entlastungspaket vorlegen. Stattdessen mache sie „Politik für ein Paralleluniversum“ und flüchte vor der Realität.
Eine große Hilfe für Familien wäre es etwa, die Gebühren für Kitas und Ganztagsangebote abzuschaffen, kostenlose Mittagessen in Kindertagesstätten und Schulen anzubieten oder Gratis-Tickets für Kinder und Jugendliche für Busse und Bahnen einzuführen, so Kutschaty. „Stand heute gibt es in Nordrhein-Westfalen keine einzige landespolitische Maßnahme gegen die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten“, kritisierte er.
Für die FDP-Opposition haben die Ministerpräsidenten bei ihrer Zusammenkunft lediglich bereits bekannte Positionen in Schriftform gebracht. Hingegen sorge die Bundesregierung mit einem „bahnbrechenden“ Abwehrschirm für Entlastung. NRW müsse endlich eigene Akzente setzen, forderte Fraktionschef Henning Höne.
Grüne beklagen sich über Auftreten der SPD
Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer wies die Kritik der SPD-Fraktion an der Landesregierung ebenfalls zurück. NRW blockiere nicht, sondern dränge auf eine faire Lastenverteilung. „Dass wirksame Hilfen dringend nötig sind, hören und sehen wir jeden Tag“, sagte Schäffer.
Angesichts des Krieges mitten in Europa und der „höchsten Inflationsrate seit Anfang der 50er-Jahre“ empfinde sie Tonlage und Auftreten der Oppositionsfraktion jedoch als unangemessen. Sobald klar sei, wie das Entlastungspaket konkret ausgestaltet werden solle, „werden auch wir in Nordrhein-Westfalen dort ergänzen, wo Existenzen gefährdet sind“.
Die Bundesländer sind sich offenbar einig, bei den Gesprächen mit dem Bund am kommenden Dienstag das 200 Milliarden Euro-Paket nicht mehr aufzuschnüren, um die schnelle Umsetzung nicht zu gefährden.
Neben dem Wohngeld sind das die laufenden Unterhaltskosten für Krankenhäuser, die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen und der öffentliche Nahverkehr mit der Finanzierung eines Nachfolgers für das 9-Euro-Ticket, der höheren Energiepreise und der Regionalisierungsmittel für den Ausbau der Infrastruktur. (mit dpa)