AboAbonnieren

Politikwissenschaftler im InterviewZeichen in NRW sprechen für Rot-Grün

Lesezeit 3 Minuten
Wahlplakate NRW

Wahlplakate der Spitzenkandidaten von CDU und SPD in NRW

  1. Im „NRW-Check“, der Umfrageserie des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und weiterer NRW-Zeitungen liegen SPD und CDU gleichauf.
  2. Der Politikwissenschaftler Frank Decker von der Universität Bonn erklärt, warum das eine schlechte Nachricht vor allem für Ministerpräsident Hendrik Wüst ist.
  3. Für den Schlussspurt der Parteien bis zum Wahltag am 15. Mai hat Decker eine klare Prognose.

Köln Herr Professor Decker, die Bürgerinnen und Bürger in NRW machen es einen Monat vor der Landtagswahl nochmal spannend: SPD und CDU im „NRW-Check“ gleichauf, Rot-Grün ist ebenso möglich wie Schwarz-Grün. Wenn das so bleibt, was passiert dann nach dem 15. Mai?

Frank Decker: Selbst für den Fall, dass die CDU stärkste Partei wird, es aber für SPD und Grüne gemeinsam reicht, wird es in NRW zu einem rot-grünen Bündnis unter einem Ministerpräsidenten Thomas Kutschaty kommen.

Warum? NRW galt doch immer wieder als Experimentierfeld für Schwarz-Grün.

Frank Decker

Frank Decker

Nur wenn es nicht anders ginge. Die Grünen tendieren sowohl im Land zur SPD als auch im Bund, wo sie ja schon – gemeinsam mit der FDP – regieren. Übrigens stellt es einen erheblichen zusätzlichen Anreiz dar, im bundespolitisch bedeutsamen Bundesland NRW die Konstellation in Berlin nachzubilden. Nur eben ohne die FDP, die als Mehrheitsbeschafferin nicht gebraucht würde.

Sie denken beim „Anreiz“ an die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat?

Die Stimmen einer rot-grünen Regierung in der Länderkammer fielen natürlich auf die Seite der Ampel. Auch das spricht bei den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen der Parteien in NRW für Rot-Grün, ganz egal, ob am Ende die CDU oder die SPD auf Platz eins landet.

Von der größeren Beliebtheit des amtierenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst würden die Grünen sich nicht beeindrucken lassen?

Die Grünen würden sich schwer schwertun, ihren Mitgliedern und ihrer Wählerschaft zu erklären, dass sie mit Wüst und der CDU gehen wollen, wenn sie auch die Wahl hätten, sich mit Kutschaty und der SPD zusammenzutun.

Was bedeutet das für die Endphase des Wahlkampfs?

Die Wiederbelebung eines „Lagerwahlkampfs“ nach altem Stil durch die Union verspricht wenig Aussicht auf Erfolg. Es gab das Modell Rot-Grün schon im Bund wie im Land. Und seit der Abwahl der letzten rot-grünen Landesregierung hat sich bei den großen Themen sehr viel getan, etwa den Fragen des Klimaschutzes. Denken Sie daran, dass die Grünen vom Wahlergebnis 2017 bis zur aktuellen Umfrage um fast 14 Prozentpunkte zugelegt haben. Es sind ganz andere Kräfteverhältnisse und andere Akteure als vor fünf Jahren.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was dann?

Für die Union wird es darauf ankommen, mit ihrem Ministerpräsidentenbonus einen möglichst großen Vorsprung vor der SPD herauszuarbeiten, um dann vielleicht doch noch als „Wahlsiegerin“ in Richtung der Grünen winken zu können. Aber das dürfte auf den letzten Metern schwierig werden, ist die CDU doch durch die „Mallorca-Affäre“ und die damit zusammenhängenden Rücktrittsdiskussionen zurzeit stark unter Druck.

Der Ansatzpunkt für SPD und Grüne in der Schlussphase des Wahlkampfs?

Beide werden natürlich versuchen, aus dem Verhalten von Ministern im Kabinett Wüst während der Flutkatastrophe weiter ihren Nutzen zu ziehen. Durch den Rücktritt ihrer Bundesfamilienministerin Anne Spiegel ist für die Grünen das Thema „Umgang mit der Flut“ abgeräumt, zumal Spiegels Platz im – aus Wahlkämpfer-Sicht – fernen Rheinland-Pfalz war. Wüst und die Union dagegen haben das Problem dagegen weiter an der Backe, und meine Prognose: Sie werden es bis zum Wahltag auch nicht mehr los. „Genosse Trend“ ist momentan mit der SPD – und hätte Kutschatys Partei am 15. Mai die Nase vorn, ist die Sache für die CDU ohnehin gelaufen.