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Wissenschaftler schlagen wegen Ukraine Alarm„Diese Gefahr muss heute benannt werden“

Lesezeit 4 Minuten
Soldat Ukraine Trümmer 1307

Ein ukrainischer Soldat marschiert durch die Trümmerlandschaft von Mariupol.

Carlo Masala, Rainer Meyer zum Felde, Andreas Heinemann-Grüder, Prof. Dr. Thomas Jäger – auf der Liste der Autoren eines Gastbeitrages in der F.A.Z. finden sich viele prominente Namen. Insgesamt 22 Wissenschaftler und Militärs haben in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein ausführliches Statement veröffentlicht.

Ihre Botschaft: Putins Politik dürfe nicht belohnt werden, diplomatische Zugeständnisse für einen schnellen Frieden seien der falsche Weg, die Ukraine müsse militärisch so unterstützt werden, dass sie den russischen Truppen Einhalt gebieten und so einen Waffenstillstand zu akzeptablen Bedingungen anstreben könne.

Kein Waffenstillstand um jeden Preis

„Wir sehen mit großer Sorge, dass in der politischen Debatte in Deutschland zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine immer wieder Forderungen nach einer nicht näher definierten und sofortigen „politischen Lösung“ oder nach einem „Waffenstillstand“ um jeden Preis aufkommen“, beginnt der Beitrag, den die FAZ am Mittwochnachmittag veröffentlichte.

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Es gebe keinen Spielraum für eine diplomatische Lösung, solange Russland die Unterwerfung der Ukraine zur Bedingung mache, argumentieren die Verfasser. Sie fordern die Bundesregierung auf, „ihre mittel- und langfristigen Erwartungen und Ziele [zu] verdeutlichen und besser [zu] kommunizieren, auf was sie sich vorbereitet“.

Russlands Angriff auf die Ukraine „eine Zeitenwende“

Die Tragweite dieses Angriffskrieges sei vielen immer noch nicht bewusst. Er stelle „eine Zeitenwende dar“ und bedrohe die europäische Sicherheit fundamental. Deswegen gelte es, Einfluss auf die weitere Entwicklung in der Ukraine zu nehmen. Die westliche Staatengemeinschaft sei mit dem „Wiederaufleben eines großrussischen Imperialismus, der auf die militärische Unterwerfung von Nachbarstaaten und die Zerstörung westlicher Gesellschaften, demokratischer politischer Systeme und internationaler Institutionen (NATO, EU) abzielt“, konfrontiert – es gehe um nichts weniger als um „unsere freiheitliche Ordnung und Sicherheit“.

In der Folge analysieren die 22 Autoren das bisherige Kriegsgeschehen und gehen dabei unter anderem auf russische Fehler und Verluste ein. Sie folgern aus den strategischen Entscheidungen Moskaus, dass Russland einen Abnutzungskrieg anstrebe.

Gastbeitrag in der FAZ: „Diese Gefahr muss heute benannt werden“

„Diese Strategie kann nur aufgehen, wenn es Russland gelingt, die westliche Unterstützung für die Ukraine zu schwächen, etwa indem durch das Herunterfahren der Erdgasversorgung eine Rezession – vor allem in Deutschland – ausgelöst werden soll. Diese Gefahr muss heute benannt und angegangen werden.“

Das Schreiben enthält neben Einschätzungen zur aktuellen Situation auch Handlungsempfehlungen und Lösungsvorschläge, insbesondere an die Bundesregierung.

Verfasser erwarten mehr Unterstützung für die Ukraine von der Bundesregierung

Politischer Aktionismus sei nicht das Gebot der Stunde, vielmehr sei eine langfristige Strategie notwendig, die auch über den unmittelbaren Krieg hinausweist. Unter anderem solle die Bundesregierung die Ukraine militärisch und wirtschaftlich (mehr als bisher) unterstützen; sich darauf vorbereiten, dass auch NATO-Mitglieder Gegenstand einer militärischen Aggression werden könnten; sich auf die Folgen der zu erwartenden Knappheit bei Erdgas einstellen und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen abmildern.

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Für Deutschland würden „die nächsten zwei Jahre sehr schwierig werden“, deswegen sei es umso wichtiger, nun die richtigen Schritte einzuleiten. Für den Fall, dass die Ukraine sich ergeben müsste, zeichnen die 22 Autoren im Gastbeitrag ein düsteres Szenario. Dann plane Russland, das die Invasion in die Ukraine „mehrere Jahre systematisch geplant und vorbereitet habe“ weitere regionale Kriege.

Der Gastbeitrag ist nicht der erste Appell namhafter Nicht-Politiker an die Bundesregierung bezüglich deren Ukraine-Politik. In einem Brief hatten Prominente wie die Feministin Alice Schwarzer und der Schriftsteller Martin Walser bereits im Mai aus Sorge über einen Atomkrieg appelliert, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern. Es folgte ein weiterer mit der Forderung „Waffenstillstand jetzt!“.

Auf der anderen Seite hatten unter anderem in der Zeit Intellektuelle einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie mehr Waffen für die Ukraine fordern. „Wer einen Verhandlungsfrieden will, der nicht auf die Unterwerfung der Ukraine unter die russischen Forderungen hinausläuft, muss ihre Verteidigungsfähigkeit durch kontinuierliche Waffen- und Munitionslieferungen stärken“, hieß es in dem Schreiben. Eine ähnliche Meinung vertreten auch die 22 Autoren in der FAZ.

Die Autoren des Gastbeitrages in alphabetischer Reihenfolge: PD Dr. Jan Asmussen, Universität Kiel, Prof. Dr. Christoph Bluth, University of Bradford, Generalleutnant a. D. Heinrich Brauß, Berlin, Elisabeth Braw, Senior Fellow, American Enterprise Institute, Washington, D.C., Dr. Sebastian Bruns, Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK), Gustav Gressel, European Council on Foreign Relations, Berlin, Dr. Stefan Hansen, ISPK, Kiel, Prof. Dr. Andreas Heidemann-Grüder, Universität Bonn, Prof. Dr. Thomas Jäger, Universität Köln, Dr. Sarah Kirchberger, ISPK, Kiel, Prof. Dr. Joachim Krause, ISPK, Kiel, Prof. Dr. Carlo Masala, Universität der Bundeswehr, München, Prof. Dr. Burkhard Meißner, Helmut-Schmidt- Uni­versität/Universität der Bundeswehr, Hamburg, Brigadegeneral a. D. Rainer Meyer zum Felde, Berlin, Prof. Dr. Sönke Neitzel, Universität Potsdam, Johannes Peters, ISPK, Kiel, Prof. Dr. Gary S. Schaal, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr, Hamburg, Prof. Dr. Maximilian Terhalle, London School of Economics, ISPK, Kiel, Berlin, Dr. Konstantinos Tsetsos, Universität der Bundeswehr München, METIS Institut, Dr. Frank Umbach, Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS), Bonn, Dr. Joachim Weber, CASSIS, Bonn, Brigade­general a. D. Dr. Klaus Wittmann, Berlin.