AboAbonnieren

Quarantäne-Regeln an SchulenKölner Idee könnte Vorbild für NRW werden

Lesezeit 4 Minuten
252323843 (1)

Künftig sollen nur noch infizierte Schülerinnen und Schüler in Quarantäne.

Düsseldorf/Köln – 14 Tage, fünf Tage oder gar keine Quarantäne für Kontaktpersonen von infizierten Schulkindern? Unter anderem dieser Frage ging der Landtag bei einer Sondersitzung am Donnerstag nach, zu deren Beginn Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann über die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen informierte.

„Die Pandemie, die wir jetzt bekämpfen, ist eine Pandemie der Ungeimpften“, sagte Laumann. Derzeit seien fast ausschließlich Ungeimpfte von schweren Corona-Verläufen betroffen. Jeder dritte Corona-Patient auf den Intensivstationen sei zwischen 19 und 50 Jahren alt. Bei Schulkindern spricht Laumann von der Herausforderung, sowohl Schutz als auch Teilhabe zu bieten. In der vergangenen Woche seien 30000 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne gewesen – pro infiziertes Kind wurden im Schnitt 3,6 weitere Kontaktpersonen isoliert.

Was könnte sich an den Quarantäne-Regeln ändern?

Bisher werden in NRW häufig enge Kontaktpersonen in eine zweiwöchige Quarantäne geschickt, in einigen Fällen aber auch ganze Klassen. „Wir sehen die Möglichkeiten, die Quarantäne-Regeln anzupassen“, sagte Laumann. Damit befasse sich derzeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut. Laumann hofft, dass künftig nur noch das jeweils infizierte Schulkind 14 Tage in Quarantäne muss. Bereits am Mittwoch hatte sich Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) für eine Lockerung der Quarantäne-Regel ausgesprochen. Sie schlug vor, künftig nur noch positiv getestete Schüler in Quarantäne zu schicken – keine Kontaktpersonen mehr. Sie folgt einem Modellprojekt, das eigentlich die Stadt Köln plante.

Wie sieht das Modellprojekt der Stadt Köln aus?

Ursprünglich wollte die Stadt Köln in einem Modellprojekt selbst für eine Reduzierung der Quarantäne-Fälle sorgen. So sollte am Freitag in einer Sitzung des Krisenstabs beschlossen werden, Kontaktpersonen in Kitas nicht mehr zu isolieren – und stattdessen tägliche PCR-Pool-Tests durchzuführen, wie eine Sprecherin der Stadt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte. Für die Schulen wurde mit dem Land zuletzt über eine Genehmigung des Projekts verhandelt. Nun wartet die Stadt angesichts der bevorstehenden Entscheidung für ganz NRW ab, damit die Eltern nicht binnen weniger Tage mehrfach mit Neuregelungen konfrontiert sind. Der Krisenstab wird vorerst nicht aktiv. Man sei froh, dass das Land Anregungen der Kommunen aufnehme und es sei „natürlich auch schön, wenn diese Anregungen aus Köln kommen“, so die Sprecherin. Das Kölner Gesundheitsamt hatte in Zusammenarbeit mit dem virologischen Institut der Uniklinik die Idee für das Projekt, das nun offenbar Vorbild der landesweiten Regelung wird.

Das könnte Sie auch interessieren:

Welche Quarantäne-Regeln gelten in Kitas?

Derzeit müssen Kontaktpersonen von infizierten Kita-Kindern für zwei Wochen in Quarantäne. NRW-Familienminister Joachim Stamp bekräftigte am Donnerstag seine Forderung nach einer Lockerung: Ein geordneter Kita-Betrieb sei nur möglich, wenn wegen einer Infektion nicht gleich die gesamte Kita-Gruppe in Quarantäne müsse. Stattdessen solle auch hier nur das infizierte Kind isoliert werden. Man sei mit dem Bund im Austausch, sagte Stamp und verwies auf die nächste Woche: Da wisse man mehr.

Was sagt die Opposition?

Grüne und SPD sprachen im Plenum von einem Chaos bei den Quarantäne-Regelungen. „Nordrhein-Westfalen hat sich bundesweit zum Hotspot entwickelt“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Kutschaty, das Land sei auf der RKI-Inzidenzkarte gut zu erkennen: Alles, was dunkelviolett gefärbt ist, sei NRW. Und während Urlaubsrückkehrer nur fünf Tage in Quarantäne müssen, schickten die Gesundheitsämter Klassen bis zu 14 Tage in Isolation – ohne Möglichkeit sich freizutesten. Sollte die Landesregierung tatsächlich keine Kontaktpersonen in Schulen mehr isolieren, müsse sie für ausreichend Tests sorgen, so Kutschaty. Die SPD forderte bereits vorab, bei einem Corona-Fall eine gesamte Klasse für fünf Tage in Quarantäne zu schicken.

Wie steht der Landtag zu 2G und 3G?

Die CDU äußerte sich im Plenum nicht zu 2 G (geimpft und genesen) und 3G (geimpft, genesen und getestet) im Freizeitbereich. Laumann sprach sich bisher gegen Einschränkungen für Ungeimpfte aus. SPD und Grüne plädierten dagegen für 2G aus: „Was spricht dagegen, dass wir das Hamburger 2G-Modell nicht auch hier einführen?“, fragte Kutschaty. Bei 3G seien intensivere Hygienemaßnahmen nötig als bei 2G. Nach diesem Modell entscheiden Wirte und Veranstalter selber, ob sie nur Geimpfte und Getestete einlassen und sind dann weitgehend von Einschränkungen befreit.

Wie sehen die Quarantäne-Regeln in anderen Bundesländern aus?

In Baden-Württemberg müssen Klassen ab dem Schulstart am 13. September bei einem Corona-Fall nicht geschlossen in Quarantäne, sondern sich fünf Tage lang mindestens einmal täglich mit einem Schnelltest testen. In Grundschulen müssen sich Kontaktpersonen nur einmal testen lassen, bevor sie zurück ins Gebäude gehen. In Bayern werden alle isoliert, die unmittelbaren und ungeschützten Kontakt zum Infizierten hatten. In Brandenburg und Bremen müssen nur direkte Kontaktpersonen in Quarantäne. In Hamburg müssen aktuell ganze Klassen für 14 Tage in Quarantäne, das will der Schulsenator jedoch ändern. In der nächsten Woche soll politisch über eine bundesweit einheitliche Lösung diskutiert werden. (mit dpa)