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RechtsfrageWarum Bewährungsstrafen für Wiederholungstäter und keine „richtigen“?

Lesezeit 4 Minuten
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Freiheitsstrafe oder Bewährung? Das ist hier die Frage.

  1. In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art – und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
  2. Dafür befassen sich eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und eine Jura-Professorin in ihrer Kolumne regelmäßig mit einem konkreten Fall.
  3. Diesmal beantwortet Jura-Professorin Frauke Rostalski die Frage, warum ein Täter manchmal hintereinander mehrere Bewährungsstrafen erhält.

KölnEine Bewährungsstrafe soll ein „Warnschuss“ sein für jemanden, dessen Tat nicht so schwerwiegend ist und/oder der bisher unbescholten war. Wieso gibt es immer wieder Fälle, in denen ein Täter hintereinander mehrere neue Bewährungsstrafen erhält? Sollte bei Wiederholung eine erneute Bewährung nicht ausgeschlossen sein und eine „richtige“ Bestrafung folgen? Eine Frage von Leserin Katja Dirks

Das deutsche Sanktionensystem kennt die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe. Welche davon verhängt wird, hat mit dem Gewicht der begangenen Straftat zu tun. Für besonders schwer wiegende Delikte kommt zu Beispiel eine Geldstrafe von vorneherein nicht in Betracht. Das zeigt, dass diese Sanktion prinzipiell weniger eingriffsintensiv eingeschätzt wird als eine Begrenzung der persönlichen Freiheit.

Sofern das Gesetz beide Möglichkeiten vorsieht, bringt das Gericht durch die Verhängung einer Freiheitsstrafe zum Ausdruck, dass es sich bei der konkreten Tat um eine schwerer wiegende handelt, die eine bloße Ahndung mittels Geldstrafe nicht mehr rechtfertigt. Zugleich sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, Freiheitsstrafen von nicht mehr als zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen.

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Um Wiedergutmachung bemüht

Zur Person

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Strafrechtsprofessorin Frauke Rostalski

Foto: Csaba Peter Rakoczy

Frauke Rostalski, geboren 1985, ist geschäftsführende Direktorin des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität zu Köln. Im Januar 2018 wurde sie dort auf den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung berufen.

Rostalski studierte Rechtswissenschaften an der Philipps-Universität Marburg und promovierte dort von 2009 bis 2011. Im Anschluss an ihre zweite juristische Staatsprüfung 2013 verbrachte sie Forschungsaufenthalte an der Nanjing Universität (China) und der Seoul Universität (Korea). 2017 promovierte sie auch im Fach Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. (jf)

Bei Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr ist dies möglich, wenn zu erwarten ist, dass sich der Verurteilte schon diese zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Falls die Freiheitsstrafe zwar weniger als zwei, jedoch mehr als ein Jahr umfasst, kommt eine Aussetzung zur Bewährung unter besonderen Umständen in Betracht – etwa wenn der Verurteilte bemüht ist, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. „Richtig“ bestraft wird der Verurteilte also bereits mit einer Bewährungsstrafe.

Grundsätzlich besteht die Strafe aus zwei Elementen: dem Schuldspruch und in der Regel dem sogenannten Strafübel, konkret der Geld- oder Freiheitsstrafe. Dabei darf die Bedeutung des Schuldspruchs nicht relativiert werden. Durch ihn bringt die Gesellschaft gegenüber dem Täter zum Ausdruck, dass sie ihn für sein Verhalten tadelt. Bereits dies stellt einen Einschnitt und eine Beeinträchtigung des Täters dar.

Er muss für seine Tat gegenüber allen anderen die Verantwortung und die Folgen tragen, was sich etwa im Eintrag in ein Vorstrafenregister niederschlägt. Geld- und Freiheitsstrafe machen dies noch weiter spürbar. Dies gilt auch, wenn die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, da der Verurteilte hier in aller Regel Auflagen und Weisungen erhält, die ihrerseits seine Freiheit begrenzen.

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In die Gesellschaft zurückfinden

Dahinter steht der Gedanke der Resozialisierung: Kurze Freiheitsstrafen schaden den Einzelnen oftmals mehr, als sie ihnen nutzen. Während der Verurteilte im längeren Strafvollzug Resozialisierungsangebote wahrnehmen kann, ist dies bei kurzen Freiheitsstrafen zumeist nicht der Fall. Ein wesentlicher Zweck des Vollzugs von Strafen wird aber auch darin gesehen, dass der Täter in die Gesellschaft zurückfindet – nicht zuletzt um zu verhindern, dass er erneut straffällig wird.

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Aus diesem Grund kann es einen guten Sinn ergeben, auch bei einer Tatbegehung innerhalb der Bewährungszeit erneut eine Strafaussetzung zu gewähren. Das kann der Fall sein, wenn die neue Tat ein ganz anderes Delikt betrifft und nichts darüber aussagt, ob das früher begangene Unrecht vom Täter nicht noch einmal begangen wird. Oder wenn die aktuell bestrafte Tat auf Fahrlässigkeit beruht, die vorherige aber auf Vorsatz.

Warnung hat nicht gewirkt

Gleichwohl steht fest: Der Gedanke der Resozialisierung kann nicht jedwedes andere Interesse überwiegen, das mit dem Vollzug von Strafen 0verbunden ist. Erneute Straftaten innerhalb der Bewährungszeit sind ein klares Signal, dass die Warnung durch die vorangegangene Verurteilung bislang nicht die gewünschte Wirkung gehabt hat. Das Gericht sollte daher nicht vorschnell erneut eine Bewährungsstrafe verhängen, sondern muss dies – wie es auch das Gesetz verlangt – besonders kritisch prüfen.