Nach den neuen Corona-Regeln soll es eine Qurarantänepflicht für alle Reisenden, die den Urlaub in Risikogebieten verbracht haben, geben.
Was diese Regelung für Arbeitnehmer bedeutet, ob sie Urlaub für die Quarantäne nehmen oder gar auf Gehalt verzichten müssen, erklären zwei Arbeitsrechtler.
Die Rechtsanwälte sagen auch, ob man dem Chef oder der Chefin sagen muss, dass man in einem Risikogebiet Urlaub macht.
Berlin/Hagen/Köln – Viele deutsche Urlauber sind in den letzten Wochen aus dem Urlaub zurückgekehrt, kommen bald wieder nach Hause oder möchten vielleicht im Herbst noch eine Reise machen. Manche kommen aus einem Risikogebiet zurück. Urlauber, die aus Risikogebieten zurückkehren, sollen künftig nach der Ankunft in Deutschland in Quarantäne. Was Arbeitnehmer wissen müssen und ob ihnen bei Quarantäne Gehaltseinbußen drohen, erklären der Hagener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Yasin Tekin und der Berliner Arbeitsrechtler Alexander Bredereck.
Nach der Beratung von Kanzelerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder soll es demnächst eine Quarantäne für Reiserückkehrer aus Risikogebieten, die frühestes nach fünf Tagen durch einen negativen Corona-Test verkürzt werden kann. Müssen Arbeitnehmer für diese Tage Urlaub nehmen?
„Eine Pflicht des Arbeitnehmers, seine Urlaubstage während der Quarantäne zu opfern, besteht nicht“, erklärt Yasin Tekin. Das Bundesurlaubsgesetz räume dem Arbeitnehmer das Recht ein, Urlaubswünsche zu äußern, von denen der Arbeitgeber nur bei Vorliegen dringender betrieblicher Belange abweichen könne. „Zu den ‚dringenden betrieblichen Belangen‘ gehört es nicht, wenn ein einzelner Mitarbeiter in Quarantäne muss.“
Allerdings komme es in der Praxis häufig vor, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich verständigen: Der Arbeitnehmer nimmt zur Vermeidung von Gehaltseinbußen seinen Urlaub. „Ist ein solcher Konsens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht möglich und hat der Arbeitnehmer auch sonst keinen Entschädigungsanspruch (beispielsweise nach dem Infektionsschutzgesetz), riskiert der Arbeitnehmer, für den Zeitraum der Quarantäne unbezahlt zu Hause zu bleiben. Aus diesem Grund ist jedem Arbeitnehmer dringend zu empfehlen, den Urlaub nicht in den Risikogebieten zu verbringen“, erklärt der Arbeitsrechtler.
Zur Neurung der Corona-Regeln ist geplant, dass Verdienstausfälle durch Quarantäne nach Reisen in Risikogebiete nicht mehr auszugleichen werden, dies erfuhr die Deutsche Presseagentur am Donnerstag (27.8.2020) aus den Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder.
Muss ich meinem Arbeitgeber vorher sagen, dass ich Urlaub in einem Risikogebiet mache?
Grundsätzlich gehe es den Arbeitgeber nichts an, wo ich meinen Urlaub verbringe, so der Berliner Arbeitsrechtler Alexander Bredereck. „In Zeiten der Pandemie darf der Arbeitgeber aber fragen, ob der Arbeitnehmer in ein Risikogebiet reist. Ohne diese Informationen kann der Arbeitgeber nämlich nicht seinen Fürsorgepflichten den übrigen Arbeitnehmern gegenüber nachkommen.“ Das heißt: Ohne zu wissen, dass ein Angestellter in einem Risikogebiet Urlaub gemacht hat, kann der Arbeitgeber die anderen Mitarbeiter nicht vor einer möglichen Ansteckung schützen.
Was ist, wenn mein Urlaubsort erst während meines Urlaubs zum Risikogebiet erklärt wird. Muss ich das meinem Arbeitgeber sagen? Und muss ich dann nach der Rückkehr in Quarantäne?
Auch in diesem Fall sei es so, dass der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nur nachkommen könne, wenn er weiß, dass der Arbeitnehmer in einen Risikogebiet Urlaub gemacht hat. „Soweit der Arbeitnehmer weiß, ob sein Urlaubsziel von der Bundesregierung zu einem Risikogebiet erklärt wird, sollte er dies seinem Arbeitgeber wahrheitsgemäß mitteilen“, sagt Yasin Tekin. Ob die Bundesregierung mit Blick auf die Einführung einer Quarantänepflicht dies auch für den oben beschrieben Fall regeln wird, dass das Urlaubsziel nachträglich zum Risikogebiet erklärt wird, bleibe abzuwarten.
Steht mir für die Länge der Quarantäne extra Urlaub zu?
Ein gesetzlicher Zusatzurlaub, den der Arbeitgeber zu gewähren und zu vergüten hat, sei für die Zeit der Quarantäne nicht ausdrücklich geregelt, sagt Tekin. „Es kann sich allenfalls für die Dauer der behördlich angeordneten Quarantäne nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Entschädigungspflicht in Höhe des Verdienstausfalls ergeben.“ Der Arbeitgeber müsse die Entschädigungsleistung vornehmen und erhalte diese wiederum auf Antrag von der Behörde erstattet.
Wie wird kontrolliert, ob ich mich an die Auflagen halte und in Quarantäne bleibe?
Die örtlichen Gesundheitsämter seien für die Kontrolle zuständig, ob sich eine unter Quarantäne stehende Person auch wirklich an die Auflage hält, sagt Tekin. Arbeitsrechtler Alexander Bredereck weiß, dass in den verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich kontrolliert wird – teils gar nicht und teils auch durch unangekündigte Besuche des Ordnungsamtes.
Was passiert, wenn ich mich nicht an die Quarantäne halte? Welche Strafen drohen?
Wer sich nicht an die Anordnung zur Quarantäne halte, müsse mit einem Bußgeld rechnen, denn Verstöße gegen die Quarantäne sind eine Ordnungswidrigkeit nach § 73 IfSG, erklärt Yasin Tekin. „Verstöße gegen die Meldepflicht können als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro geahndet werden. Wer die Quarantäne nicht einhält, muss mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro rechnen“, sagt der Rechtsanwalt.
Bekomme ich weiter mein Gehalt, wenn ich nach einem Urlaub im Risikogebiet erkranke?
Normalerweise haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung beziehungsweise Krankengeld, wenn sie durch eine Krankheit nicht arbeiten gehen können. „Doch das Entgeltfortzahlungsgesetz gewährt einem Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn ihn kein Verschulden daran trifft, dass er erkrankt. Dass aber bei der gegenwärtigen Situation einem Mitarbeiter, der ‚sehenden Auges‘ in ein Risikogebiet reist, auch ein Verschulden zur Last gelegt werden kann, dürfte nicht gänzlich von der Hand zu weisen sein“, meint Yasin Tekin.
Muss ich meinen Urlaub auch dann nehmen, wenn die geplante Reise in ein Risikogebiet storniert worden ist und ich gar nicht wegfahre?
Man müsse zwischen der Stornierung der Reise und der Frage, was mit dem Urlaub passiert, unterscheiden. „Solange der Urlaub mit dem Arbeitgeber wirksam vereinbart wurde, kann der Urlaub nur im beidseitigen Einvernehmen wieder aufgehoben werden. Wenn der Arbeitgeber der Verlegung nicht zustimmt, bleibt man im schlimmsten Falle im Urlaub zu Hause“, sagt Alexander Bredereck. (mit Material der dpa)