Düsseldorf – Das Valk-Hotel am Düsseldorfer Flughafen ist ein Ort, an dem sich die NRW-CDU in schweren Zeiten wieder aufgerichtet hat. Nachdem die Rüttgers-Regierung die Landtagswahlen verloren hatte, fand dort der Neujahrsempfang in abgespecktem Rahmen statt. Am Montagabend traf sich der CDU-Landesvorstand in dem Airport-Hotel. Wichtigster Punkt auf der Tagesordnung: Wie soll es in der NRW-CDU nach der Wahlschlappe im Bund weitergehen?
In der Partei gibt es darum ein heftiges Gerangel. Mehrere Bezirksvorsitzende unterstützen, dass NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst aufs Schild gehoben wird. Auch die Junge Union und die CDU-Mittelstandsvereinigung stehen geschlossen hinter dem Münsterländer. Die NRW-CDU müsse mit einem Kandidaten, der einen Amtsbonus als Ministerpräsident habe, in den Landtagswahlkampf ziehen, sagte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen: „Ich bin dafür, dass Hendrik Wüst dieser Kandidat wird.“
Auch Armin Laschet wurde zum Krisengipfel in Düsseldorf erwartet. Er hatte sich im Vorfeld darauf festgelegt, dass sein Platz - unabhängig vom Wahlausgang - in Berlin sein würde. Eine Ankündigung, die in der NRW-CDU jetzt ernst genommen wird. „Armin Laschet hat gesagt, dass sein Platz in Berlin ist und ich habe keinen Zweifel, dass er sich dort seiner Verantwortung stellt“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Florian Braun dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „In NRW müssen wir jetzt die kurze Zeit bis zur Landtagswahl nutzen, um uns neu aufzustellen. Für Diskussionen über einen Verbleib von Armin Laschet in NRW gibt es keinen Anlass“, fügte Braun hinzu.
Aufgaben bis hin zu jeder Kabinettssitzung weiterführen
Laschet selbst hatte am Montag Spekulationen über einen Verbleib in NRW mit der Aussage, er werde „vorerst“ Ministerpräsident bleiben, befeuert. Er habe im Bundestagswahlkampf „sehr darauf geachtet“, seine Aufgabe als Ministerpräsident in NRW „sehr ernsthaft“ bis hin zu jeder Kabinettssitzung und Bearbeitung jedes Vorgangs weiterzuführen, sagte Laschet am Montag in Berlin. „Deshalb können Sie davon ausgehen, dass ich das auch in der nächsten Zeit bis zu einem Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten in vollem Umfang machen werde.“
Laschet hat über die NRW-Landesliste ein Bundestagsmandat gewonnen. Mit der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 26. Oktober würde Laschet dann Abgeordneter in Berlin. Sollte er das Bundestagsmandat annehmen, kann er laut NRW-Landesverfassung nicht länger Ministerpräsident bleiben. Aber kommt es wirklich so? Oder zieht Laschet jetzt doch eine Rückkehr an den Rhein in Erwägung, nachdem er die Wahlpleite am Montag offen eingeräumt hat?
In NRW stieße eine solche Kehrtwende wohl kaum auf große Begeisterung. „Ich gehe davon aus, dass er eine Rolle in Berlin einnehmen wird“, sagte Romina Plonsker, Landtagsabgeordnete aus dem Rhein-Erft-Kreis, unserer Zeitung. „Wir brauchen jetzt schnell eine Lösung, die in die Zukunft gerichtet ist. Dafür steht Hendrik Wüst.“ Der Verkehrsminister stehe in der Mitte der Partei, betonte die Plonsker. Behauptungen, Wüst sei ein Konservativer, seien „Unsinn“. Als erster Landesverkehrsminister habe er ein Fahrradgesetz auf den Weg gebracht, als junger Familienvater wisse er um die Sorgen und Nöte von Familien. „In den zukunftsrelevanten Politikfeldern hat Hendrik Wüst eine hohe Glaubwürdigkeit“, sagte die CDU-Abgeordnete.
Ausgerechnet in der Riege der CDU-Minister gibt es aber Vorbehalte gegen Wüst. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach hat selbst Ambitionen, das Laschet-Erbe anzutreten. NRW-Innenminister Herbert Reul hält auch Neuwahlen für ein mögliches Szenario und schließt selbst eine Rückkehr von Laschet nach NRW nicht aus. Laut Landesverfassung kann nur ein Mitglied des Landtags zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Weder Scharrenbach noch Reul verfügen über ein solches Mandat.
Einvernehmliche Lösung finden
In der CDU hoffen viele darauf, dass es noch gelingt, den Streit um das Laschet-Erbe vor dem Parteitag am 24. Oktober geräuschlos beizulegen. „Die stellvertretenden Landesvorsitzenden, die Bezirksvorsitzenden und der Generalsekretär haben in den nächsten Tagen Gespräche zu führen, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen“, sagte der Kölner Florian Braun. Wüst selbst gab sich zurückhaltend. „Das Wählervotum gibt der Union die Chance, eine Regierung in Berlin zu bilden“, sagte der Verkehrsminister dem „Kölner Stadt-Anzeiger. „In 230 Tagen ist Landtagswahl, und die Menschen haben den berechtigten Anspruch, dass wir uns klar aufstellen“, fügte Wüst hinzu.
Arndt Klocke, Vize-Fraktionschef der Grünen im Landtag, warnte die Union bereits davor, Bauministerin Scharrenbach zur neuen Frontfrau zu küren. „Ihre Wohnungsbaupolitik ist miserabel und ihr Vorgehen beim Hambacher Forst wurde kürzlich erst gerichtlich als rechtswidrig eingestuft. Ihre Auslassungen im Landtag, wir Grüne würden Umweltschützer zu Straftaten aufwiegeln, sind haltlos und indiskutabel.“ Für die Grünen sei Scharrenbach „nicht anschlussfähig“.