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CDU stimmt schwarz-grünem Koalitionsvertrag im Eiltempo zu

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Bonn/Bielefeld – Sechs Wochen nach der Landtagswahl hat die CDU den Weg frei gemacht für eine schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Bei einem Landesparteitag in Bonn stimmte am Samstag - ohne Kontroverse - eine große Mehrheit offen per Handzeichen für die Annahme des ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrags in NRW. Das Parteitagspräsidium, das von einer „überwältigenden Mehrheit” sprach, zählte in den Reihen der rund 580 anwesenden Delegierten nur vier Gegenstimmen.

Bei einem parallel beratenden Parteitag der NRW-Grünen in Bielefeld, wo dagegen durchaus Disput laut wurde, stand die Abstimmung am frühen Nachmittag noch aus. Die Grüne Jugend hatte im Vorfeld Ablehnung empfohlen. Sie vermisst verbindliche Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz.

Für die Christdemokraten war die Sache hingegen nach einer knappen Stunde und nur einer einzigen Wortmeldung in der Aussprache klar. Ein Delegierter trat für einen kurzen Kommentar zum Nationalpark Senne ans Mikrofon. Da es keine weiteren Wortmeldungen gab, wurde anschließend direkt abgestimmt.

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Damit war der kurz nach 11 Uhr eröffnete Bonner Parteitag gegen 12 Uhr schon beendet. Als die diskussionslose Eil-Abstimmung der Christdemokraten Minuten später beim Parteitag der Grünen in Bielefeld durchsickert, wird das in der Halle mit großem Gelächter quittiert.

Zuvor hatten der CDU-Landesvorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst ebenso wie Bundesparteichef Friedrich Merz eindringlich für die Annahme des ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrags für NRW geworben. Das 146 Seiten starke Werk sei „eine gute Basis für eine gute Zusammenarbeit und für eine gute Landesregierung in Düsseldorf”, sagte Merz in einer Video-Botschaft. Wüst bezeichnete den „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen” als „guten Vertrag für das Land, für die Menschen und die Zukunft unserer Kinder”.

Wenn auch die 280 Delegierten der Grünen den Vertrag, wie erwartet, billigen, könnte Wüst - derzeit noch Chef einer schwarz-gelben Regierung - am Dienstag im Düsseldorfer Landtag mit schwarz-grüner Mehrheit als Ministerpräsident wiedergewählt werden. Da CDU und Grüne über eine komfortable Mehrheit von 115 der 195 Mandate verfügen, sind bei der geheimen Abstimmung keine Überraschungen in dem Fünf-Parteien-Parlament zu erwarten.

Wüst sagte vor der Abstimmung in Bonn, nach gut dreiwöchigen Koalitionsverhandlungen könne er sagen: „Das Fundament für eine erfolgreiche Arbeit für Nordrhein-Westfalen in den nächsten fünf Jahren ist gelegt.”

Der Weg dorthin sei weit gewesen, aber jetzt verbinde beide Parteien ein klarer Kompass: „Wir wollen Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen.” Wie CDU und Grüne, die bislang grundlegend unterschiedliche Vorstellungen gehabt hätten, einen gemeinsamen Weg gefunden hätten, zeige der vereinbarte Ausbau der erneuerbaren Energien.

Ziel sei es nun, mehr Flächen für die Errichtung von Windanlagen auszuweisen, um den Ausbau dort zu konzentrieren. Das schaffe mehr Akzeptanz bei Anwohnern. „Lieber 50 Anlagen konzentriert an drei Stellen als drei Anlagen auf 50 Stellen”, erklärte Wüst. Künftig könnten Windräder auch dort stehen, wo Natur- und Artenschutz das bislang verhindert hätten. Der heftig umstrittene Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Windanlagen und Wohnhäusern soll schrittweise abgeschafft werden.

Nach Vorstellung der Kernpunkte des Koalitionsvertrags quer durch alle Ressorts sagte Wüst, in den gemeinsamen Gesprächen nach der Landtagswahl am 15. Mai sei Vertrauen zwischen beiden Seiten entstanden. „Dieser Koalitionsvertrag trägt die Handschrift sowohl von CDU als auch von Grünen”, betonte er.

Kindern, Eltern und Lehrern versprach Wüst „Schulfrieden” und Verlässlichkeit nach der coronabedingten Unsicherheit. „Es wird keine System-Debatte geben. Die Förderchulen bleiben erhalten.” Die neue landesregierung werde 10.000 neue Lehrkräfte einstellen und die Qualität der Ganztagsangebote stärken.

Wüst und die Landesparteichefin der Grünen, Mona Neubaur, hatten die Ergebnisse ihrer Verhandlungen am vergangenen Donnerstag präsentiert. In den nächsten fünf Jahren solle NRW sozial gerechter, ökologischer, digitaler, wirtschaftlich stärker werden, hatte Neubaur die Ziele umrissen. Die 44-jährige Diplom-Pädagogin soll Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie werden.

Für Montag ist die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags geplant. Mittwoch soll das komplette neue Landeskabinett öffentlich vorgestellt und im Landtag vereidigt werden. Der Koalitionsvertrag sieht acht Ministerien für die CDU vor, vier für die Grünen. Die Öko-Partei hat bereits bekanntgegeben, wen sie ins Kabinett entsenden möchte - die CDU hütet ihre Personalgeheimnisse noch.

Die CDU war am 15. Mai mit 35,7 Prozent als klare Wahlsiegerin aus der Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland hervorgegangen. Die Grünen konnten ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2017 auf 18,2 Prozent fast verdreifachen und landeten hinter der SPD (26,7) auf dem dritten Platz. Die Freidemokraten hatten ihr Wahlergebnis auf 5,9 Prozent halbiert. Schwarz-Gelb konnte daher nicht weiter regieren.

© dpa-infocom, dpa:220624-99-789096/6 (dpa/lnw)