Coesfeld – Nach dem Ausbruch des Coronavirus in einer Fleischfabrik werden die eigentlich landesweiten Auflagenlockerungen im Kreis Coesfeld teilweise verschoben und die Sammelunterkünfte der Branche für Leiharbeiter sowie für Erntehelfer in Nordrhein-Westfalen überprüft.Im Kreis Coesfeld haben sich mehr als 100 Mitarbeiter der Firma Westfleisch angesteckt.
Der Betrieb werde vorübergehend geschlossen, wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag mitteilte. Ein Teil der für kommenden Montag vorgesehenen Lockerungen bei den Schutzmaßnahmen - die unter anderem die Gastronomie und den Handel betreffen - würden im Kreis Coesfeld um eine Woche verschoben.
Coesfeld: Grenze der Neuinfektionen überschritten
In dem zum Münsterland gehörenden Kreis Coesfeld hat die Zahl der Neuinfizierten den Grenzwert von 50 Neuinfizierten je 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche deutlich überschritten. Ab dieser Obergrenze sind nach einer Vereinbarung von Bund und Ländern wieder strikte Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie vorgesehen. Die Zahl der Neuinfizierten im Schnitt der vergangenen sieben Tage liege im Kreis Coesfeld bei 66 Neuinfizierten je 100 000 Einwohnern.
„Konkret haben wir bislang in dem untersuchten Betrieb in Coesfeld 134 Infizierte bei 1200 Beschäftigten mit steigender Tendenz“, teilte das NRW-Gesundheitsministerium mit (Stand Freitag). In einem weiteren Fleischwerk in Oer-Erkenschwick im Kreis Recklinghausen gebe es zudem 150 Infizierungen bei insgesamt 1250 getesteten Mitarbeitern.
Das könnte Sie auch interessieren:
Das NRW-Gesundheitsministerium hat angeordnet, dass die Mitarbeiter aller Schlachtbetriebe in Nordrhein-Westfalen auf das Virus getestet werden. Insbesondere müssten Mitarbeiter getestet werden, die mit einem Werkvertrag beschäftigt seien, sagte der Sprecher der NRW-Landesregierung, Christian Wiermer. Zu den Maßnahmen gehöre auch die Kontrolle ihrer Unterkünfte. Bei hygienischen Defiziten müssten Auflagen zur Nachbesserung erteilt werden. Auch bei Transporten von den Gemeinschaftsunterkünften zu den Arbeitsplätzen müssten die Firmen der Leiharbeiter jetzt nachbessern. Fahrten mit bis zu neun Menschen in einem Kleinbus dürfen laut Laumann nicht mehr sein.
Landesregierung schließt Einschränkungen der Bewegungsfreiheit nicht aus
Bei einem lokal begrenzten Infektionsgeschehen können Beschränkungen etwa auch nur für eine betroffene Einrichtung eingeführt werden. Wenn die Zahlen weiter steigen und unklar ist, ob Infektionsketten weitgehend unterbrochen sind, wären auch Beschränkungen der Bewegungsfreiheit denkbar.
Der Coesfelder Landrat Christian Schulze Pellengah sagte in einem Youtube-Video am Freitag: „Viele von ihnen haben Sorge, ob wir damit automatisch wieder in die Situation der starken Einschränkungen zurückfallen werden. Hier haben wir Gott sei Dank die Situation, dass wir sehr konkret in diesem Unternehmen die notwendigen Maßnahmen auch durchführen können, so dass wir sehr regional dieses Ausbruchsphänomen haben, was nun konsequent auch angegangen wird und in den letzten Tagen auch angegangen worden ist.“
Unterbringungen von Saisonarbeitern werden untersucht
Der Bauernverband hatte sich am Freitag gegen eine vorübergehende Schließung des Werkes in Coesfeld gewandt: Für die rund 1000 Schweinemäster aus Westfalen-Lippe, die das Werk belieferten, sei das Aufrechterhalten des Schlachtbetriebes enorm wichtig“, mahnte der Präsident des Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverbands, Hubertus Beringmeier. Alle Unternehmen, die Lebensmittel verarbeiteten, müssten unter strikter Einhaltung der strengen Hygienevorgaben offen bleiben, um den Weiterbetrieb sicherzustellen. „Nur so können wir die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln gewährleisten“, betonte er.
Nach den Corona-Infektionen in dem Fleischbetrieb sollen auch die Unterbringungsmöglichkeiten von Erntehelfern kontrolliert werden. Wie Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte, werde man sich die Unterbringung von Saisonarbeitnehmern „genauer ansehen“.
Die Bedingungen der Unterkünfte müssten nach der vorgeschriebenen zweiwöchigen Quarantäne gleich bleiben. Seit April dürfen Erntehelfer aus dem Ausland unter strengen Regeln in Deutschland arbeiten. So müssen sich in NRW die Unterkünfte auf dem Betriebsgelände der Landwirte befinden und dürfen 14 Tage lang nur halb belegt werden. (dpa)