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„Erinnert an dunkelste Zeiten“Drohnachricht auf Wahlplakat in Grevenbroich schlägt hohe Wellen

Lesezeit 4 Minuten
Das Wahlplakat in Grevenbroich wurde mit roter Farbe und einer Hassbotschaft beschmiert.

Das Wahlplakat in Grevenbroich wurde mit roter Farbe und einer Hassbotschaft beschmiert.

Grevenbroichs Bürgermeister zeigte sich „entsetzt“. Auch verschiedene Parteien reagierten auf die Schmiererei.

Schmierereien auf Wahlplakaten sind keine Seltenheit. Auch vor der Bundestagswahl 2025 sieht man sie auf Plakaten. Hier ein Schnurrbart, da eine Brille oder eine Zahnlücke. Es ist ein Phänomen, mit dem sich die Parteien zähneknirschend arrangiert haben. Eigentlich. Ein Kommunalpolitiker im Saarland nahm eine solche Schmiererei auf einem seiner Wahlplakate sogar einmal zum Anlass für ein Video, in dem er sich so verkleidete, wie er auf dem verunstalteten Plakat aussah.

Eine Schmiererei auf einem Wahlplakat in Grevenbroich im Rhein-Kreis Neuss schlägt jetzt jedoch ungewöhnlich hohe Wellen. Über die Kritzelei eines Schnurrbarts oder einer Zahnlücke ist die Sachbeschädigung jedoch auch weit hinaus. Vielmehr handelt es sich um eine klare Drohnachricht.

Bundestagswahl 2025: Drohnachricht auf Wahlplakat mit Robert Habeck

Der Hassbotschaft zum Opfer gefallen ist ein großes Wahlplakat der Grünen. Bundeskanzlerkandidat Robert Habeck wurde mit roter Sprühfarbe ein dicker Balken über die Augen gemalt. Über das Wahlmotto „Zuversicht. Ein Mensch. Ein Wort.“ steht nun in großen Lettern zu lesen: „Grüne, ihr sollt verrecken“.

Welcher politischen Gesinnung die Urheber der Hassnachricht sind, lässt kaum Raum für Spekulationen. „Nur die AfD!“, und in mehrfacher Ausführung der Parteiname AfD, wurden in roter Farbe über das komplette Wahlplakat der Grünen verteilt.

Grevenbroichs Bürgermeister reagiert mit öffentlichem Beitrag auf Drohnachricht

Aufmerksamkeit bekam der Farb-Anschlag auf das Wahlplakat im Stadtteil Wevelinghoven vor allem durch einen Beitrag von Grevenbroichs Bürgermeister Klaus Krützen (SPD). Er veröffentlichte am Samstag (26. Januar) ein Foto von dem beschmierten Plakat und äußerte sich in einem Statement.

Der Post wurde inzwischen rege kommentiert, auch Politiker unterschiedlicher Grevenbroicher Parteien meldeten sich zu Wort.

Klaus Krützen: „Ich bin entsetzt“

„Ich bin entsetzt, so etwas am heutigen Tag in Wevelinghoven lesen zu müssen“, zeigte sich der Rathaus-Chef Krützen zornig. „Unabhängig von der demokratischen Auseinandersetzung im Wahlkampf habe ich in meinem mittlerweile 35-jährigen politischen Engagement dieses Niveau noch nie erlebt. Diese Form des Umgangs, Menschen öffentlich den Tod zu wünschen, erinnert an dunkelste Zeiten in Deutschland.“

Auch die aggressive politische Konfrontation, die hier gesucht werde, gab dem Bürgermeister Grevenbroichs zu denken. „Die Absender geben sich mittlerweile klar und ohne Skrupel zu erkennen“, so Klaus Krützen weiter. „Bei allem Verständnis für die momentane Unsicherheit in unserer Gesellschaft: Das geht nicht, hier heißt es für alle Demokraten Haltung zu zeigen.“

Drohnachricht auf Wahlplakat: Rege Diskussion auf Facebook

Der Beitrag wurde in wenigen Tagen rege diskutiert. Einige Userinnen und User, dass es Schlimmeres gebe, als solch eine Schmiererei auf einem Wahlplakat. Die meisten Nutzerinnen und Nutzer stellten sich jedoch hinter Bürgermeister Klaus Krützen und verurteilten die Hassnachricht.

Unter den Kommentaren fanden sich auch einige Stimmen von Politikerinnen und Politikern verschiedener Parteien. So erklärte etwa Simon Esser, Vorsitzender der Jungen Liberalen: „Unsere Demokratie wird auf die Probe gestellt. Ein solches Verhalten ist nicht zu verstehen. Schade, dass nun solche abstoßende Verhaltensweisen auch in Grevenbroich angekommen sind.“

„Nie wieder ist jetzt!“, kommentierte Hans Christian Markert, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rhein-Kreis Neuss und bedankte sich bei Bürgermeister Krützen für den Post.

„Jeder Einsatz für die Demokratie ist wichtig. Klare Kante zeigen für unsere Werte und gegen Hass und Diffamierung!“, so Ulrike Oberbach von der Wähleralternative Mein Grevenbroich.

Hassbotschaft in Grevenbroich – Konsequentere Strafverfolgung gefordert

SPD-Bundestagsabgeordneter Michael Müller schrieb: „Da stimme ich dir voll zu, so etwas gehört sich absolut nicht, egal um welche Partei es sich dabei handelt.“ Müller forderte in dem Zusammenhang eine konsequentere Strafverfolgung.

Von der Politik komme zeitweise keinerlei Reaktion, obwohl sich die Drohungen zeitweise sogar in Taten gezeigt hätten. „Die Täter sind teilweise sogar polizeilich aufgenommen und erkennungsdienstlich behandelt und erfasst und laufen immer noch frei herum“, so Michael Müller weiter auch in Bezug auf Straftaten und Drohungen gegen RWE.

Der Fall mit der Hassbotschaft in Wevelinghoven ist derweil beim Staatsschutz der Polizei in Düsseldorf gelandet, der auch für Taten im Rhein-Kreis Neuss zuständig ist. Die Abteilung befasst sich mit der Verfolgung politisch motivierter Kriminalität. Ein Sprecher hat den Eingang der Anzeige bestätigt; geprüft werde nun auch, ob der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt ist.