Düsseldorf – Die Internationale Schule Düsseldorf (ISD) steht im Verdacht, in den vergangenen drei Jahren zu Unrecht knapp zwölf Millionen Euro vom Staat erhalten zu haben. Dies geht aus einem Schriftwechsel zwischen dem Rechtsanwalt der Schule und der Bezirksregierung hervor, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Die Eliteschule in Kaiserswerth, auf die viele Prominente, aber auch hochrangige Manager aus der internationalen Wirtschaft ihre Kinder schicken, hat schon seit den frühen 1990er Jahren Ersatzschulfinanzierung vom Staat erhalten, obwohl sie zeitgleich üppiges Schulgeld von den Eltern verlangt haben soll. Eine Doppelfinanzierung ist aber gesetzlich nicht zulässig. Ob und wie viele der Millionen die Schule nun zurückzahlen muss, ist noch nicht geklärt. Die Zahlungen vor 2015 sind bereits verjährt.
Laut Bundesverfassungsgericht liegt die Grenze für legales Schulgeld bei etwa 120 bis 150 Euro pro Monat und Kind. In Kaiserswerth zahlten die Eltern aber das zehn- bis 15-fache – die Schule verstieß damit gegen das Gebot, dass eine öffentlich unterstützte Schule allen Kindern, unabhängig vom Einkommen der Eltern, zugänglich sein soll.
Luxusleben für Direktor
Zusätzlich zu den zwanzig Millionen Euro der Eltern packte der Staat jährlich knapp vier Millionen drauf. Ein ganzer Haufen Geld, von dem nicht nur die neuste Ausstattung angeschafft wurde, sondern der auch dem Direktor ein Luxusleben sicherte. Laut Gehaltsabrechnungen, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen, geht der Schulleiter am Jahresende mit rund 415000 Euro brutto nach Hause. Diese Summe ergibt sich, weil der Direktor zusätzlich zum beachtlichen Monatsgehalt von einer Nettolohn-Vereinbarung profitiert – die man sonst vor allem von internationalen Fußballstars kennt. Die ISD zahlt nämlich sogenannte Netto-Hochrechnungs-Zuschläge. Dazu kommen Einmalzahlungen, kostenfreies Wohnen in einer exklusiven Villa und obendrein ein üppiges Reisebudget für Erste-Klasse-Flüge um die Welt.
Der Direktor verdient damit etwa fünfmal so viel wie ein Schulleiter eines öffentlichen Gymnasiums. Verstößt ein derart hohes Gehalt nicht gegen den Gemeinnützigkeitsanspruch einer Schule, die Geld vom Steuerzahler erhält? Die Bezirksregierung gibt sich ausweichend. Ersatzschulträger hätten „die Möglichkeit, höhere Gehälter auszuzahlen, als sie an vergleichbaren öffentlichen Schulen gezahlt würden“, schreibt die Bezirksregierung auf Anfrage. Die Schule selbst will sich zu solch „internen Prozessen“ nicht äußern.
Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD im Landtag, zeigt sich geschockt von der Zahl. „Öffentliche Förderung und solche Schulleitergehälter – das passt nicht zusammen. Die Schule muss sich überlegen, ob Schulgeld und Gehälter angemessen sind.“ Sonja Neuhaus, schulpolitische Sprecherin der Linken im Landtag, sieht durch die hohe Entlohnung den Status der Schule gefährdet: „Gemeinnützigkeit kann auch dann aberkannt werden, wenn der Geschäftsführung - im Fall der ISD also der Schulleitung - unangemessene Gehälter gezahlt werden.“
Beitragszahlungen für Förderverein sind bekannt
Viele Jahre wurde das illegal eingestrichene Steuergeld auch nach Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der ISD von allen Seiten wissentlich geduldet. „Dass für Schüler der ISD die Mitgliedschaft in einem Förderverein zwingend ist und mit dieser Mitgliedschaft feste Beitragszahlungen verbunden sind, war immer bekannt“, sagt ein Kenner der Schule. Weil die Schule in Düsseldorf aber als Glanzstück für Stadt und Wirtschaft gilt, sah man die Sache lange wohl nicht so eng. Für die Schüler existierten richtiggehende Preislisten, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen. Für einen Neuntklässler müssen die Eltern danach 19 325 Euro pro Jahr berappen. Dazu kommt eine Aufnahmegebühr von 5800 Euro.
Privatschulen in NRW
Neben den öffentlichen Schulen gibt es in NRW auch solche in freier Trägerschaft. Etwa jeder zwölfte Schüler besucht eine Privatschule. Tendenz steigend.
554 der Privatschulen sind Ersatzschulen. Das entspricht knapp zehn Prozent aller Schulen. Sie gleichen denjenigen des öffentlichen Schulwesens, werden von Steuern finanziert und bieten die gleichen Unterrichtsinhalte. Schüler können dort die gleichen Abschlüsse ablegen, nur in Weltanschauung und Pädagogik setzen die Einrichtungen eigene Schwerpunkte. Zu ihnen gehören kirchliche und Montessori-Schulen. Schulgeld ist, allenfalls in geringer Höhe zulässig. Allerdings wird in NRW auch diese Einnahme auf die staatliche Finanzierung angerechnet.
Eine Alternative bieten zudem 290 Ergänzungsschulen. Sie vermitteln Inhalte, die öffentliche Schulen so nicht kennen. Es gibt Berufsschulen dieser Art oder ausländische Schulen. Finanziert werden diese Einrichtungen durch Mitgliedsbeiträge der Eltern. Ein Beispiel: Die Kölner „St. George’s School“.
Zwei Jahre lang forderte die Bezirksregierung die Schule auf, die Verträge mit den Eltern zu ändern. Um das Problem aus der Welt zu schaffen, beauftragte die Einrichtung schließlich einen auf Privatschulrecht spezialisierten Verwaltungsrechtler aus Düsseldorf. In den neuen Verträgen ist nun von „freiwilligen“ Beiträgen die Rede. Die Bezirksregierung zeigte sich beschwichtigt. Bleibt abzuwarten, wie viele Eltern nun tatsächlich nichts oder wenig bezahlen werden.
Vergleichsangebot über sechs Millionen Euro
Die Sehnsucht nach einer Lösung, die wenig Staub aufwirbelt, ist nicht nur von Seiten der Schule groß. Auch die Bezirksregierung scheint bereit, in die Trickkiste zu greifen. So soll Schulgeld, das vom Arbeitgeber der Eltern bezahlt wird nach Recherchen dieser Zeitung, als „Zuwendung Dritter“ deklariert werden. Das könnte Schulgeldeinnahmen und damit mögliche Rückzahlungen verringern. Die Bezirksregierung versichert auf Anfrage: Wir prüfen „selbstverständlich unter Beachtung der geltenden Vorschriften.“ Derzeit stehen knapp zwölf Millionen Euro für die vergangenen drei Jahre im Raum. Sigrid Beer, Bildungspolitische Sprecherin der Grünen, fordert: „Ich gehe von einem klar rechtswidrigen Verhalten aus. Das heißt, dass eine Rückerstattung der öffentlichen Gelder erfolgen muss.“ Für Sonja Neuhaus von den Linken geht das nicht weit genug: „Eine Konsequenz sollte sein, der Schule ihren Status als staatlich anerkannte Ersatzschule abzuerkennen.“
Auf ein Vergleichsangebot der Rechtsanwälte der Schule, die Hälfte der Landesmittel zurückzuzahlen – knapp sechs Millionen Euro – ist die Bezirksregierung bislang nicht eingegangen. Auf Anfrage heißt es: „Die konkrete Höhe“ einer Nachzahlung „ergibt sich nach vollständigem Abschluss der Prüfung der jeweiligen Jahresrechnungen.“ . Auch die Schule selbst gibt sich bedeckt: Man sei „mit der Bezirksregierung Düsseldorf in konstruktiven Gesprächen“ und wolle das vorerst nicht kommentieren.