Knapp zwei Jahre nach der Flutkatastrophe informierten sich die NRW-Frauenunion und Heimatministerin Ina Scharrenbach in Bad Münstereifel und entlang der Erft.
Zwei Jahre nach der FlutAn einigen Stellen in Bad Münstereifel stockt der Wiederaufbau noch
Einen Ausflug der besonderen Art unternahm die Frauenunion Nordrhein-Westfalens an diesem Wochenende. Denn fast zwei Jahre nach der Flutkatastrophe trafen sich die Mitglieder in Bad Münstereifel, um den Spuren des Hochwassers zu folgen und sich über die Fortschritte beim Wiederaufbau informieren zu lassen. Zeitweise 32 Mitglieder der Frauen-Union nahmen an der Veranstaltung teil.
Zwei Tage waren die Frauen der Unterorganisation der Landes-CDU unterwegs in den Flutgebieten rund um die Erft. Mit dabei waren neben der Landtagsabgeordneten Claudia Schlottmann auch Mitglieder des Landesvorstandes der NRW-Frauenunion sowie verschiedene Kreis- und Bezirksvorstände. Bereits am Freitagnachmittag kamen sie im Café des Printenhauses Portz zusammen.
Politikerinnen folgten der Erft bis zur Steinbachtalsperre
Anschließend war Bewegung angesagt. Mit E-Bikes folgten die Frauen dem Weg des Wassers und fuhren, begleitet von Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, über Iversheim und Arloff bis zur Steinbachtalsperre, wobei sie immer wieder an den Stellen Halt machten, an denen die Flut in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 besonders gewütet hatte.
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In Arloff wurden sie von dem Stadtverordneten Reiner Jansen empfangen, der sie über den Stand des Wiederaufbaus in dem Ort in Kenntnis setzte. Besonders tiefe Einblicke wurde ihnen an der „Steinbach“ gewährt. Wolf-Christian Lorenz, Ingenieur an der Talsperre, führte sie in den Tunnel unter dem Damm des derzeit trockenliegenden Stausees.
Heimatministerin Ina Scharrenbach kam aus Berlin nach Bad Münstereifel
Zum Abendessen traf auch die Landesvorsitzende der Frauenunion, NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach ein, die vorher noch in Berlin bei einer Beratung des Bundesrates war. Mit ihr startete der Samstag mit einer Führung durch die Jesuitenbibliothek im St.-Michael-Gymnasium. Die dort gehüteten Schätze wurden vorgestellt von Marius Schulten, der sich als ehemaliger Lehrer an der Schule der Bewahrung der Sammlung widmet.
Bei einem Vortrag im Historischen Rathaus brachte Preiser-Marian die Teilnehmerinnen der Exkursion auf den neuesten Stand der Wiederaufbaumaßnahmen. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif war vor Ort und teilte seine Eindrücke von der Expertenanhörung zum Katastrophenschutz mit, die in dieser Woche im Bundestag in Berlin stattgefunden hatte.
In der ehemaligen Brauerei wartet man aufs Geld von der Versicherung
Mit einer Führung durch den Gebäudekomplex der ehemaligen Brauerei Hendrichs an der Ecke der Werther Straße zum Markt hatten die Organisatorinnen ein besonderes Schmankerl parat. Zwar sollen die Gebäude demnächst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Doch wie an so vielen Stellen hakt es auch hier beim Wiederaufbau. Den Grund nannte der Vorsitzende des Stiftungsrates der Anlage, Bernhard Ohlerth, der durch den Komplex führte: „Die Wiederaufbauhilfe ist da, aber es fehlen noch die Mittel von der Versicherung.“
Ohlerth berichtete von dem verstorbenen Besitzer Eberhard Hendrichs, der nur wenigen Besitzern Zugang zu dem Gebäudekomplex gewährt hatte. „Er war ein Sammler“, sagte er. Hendrichs Traum sei gewesen, ein Museum, vergleichbar dem Roten Haus in Monschau, einzurichten. Deshalb habe er viele Einrichtungsgegenstände zusammengetragen und gelagert – leider in den Erdgeschossen der vielen Räume, die von der Erft überflutet wurden.
Die Freitreppe an der Erft und das Flutmuseum wurden besichtigt
Zwar sind die Flutfolgen beseitigt, Putz und Tapeten von den Wänden abgetragen. Doch, wie sich die Frauen bei dem Gang durch die verschiedenen Innenhöfe und vorbei an dem kupfernen Braukessel in den Räumen von der einstigen Gaststätte sowie der Buchhandlung Mütters überzeugen konnten, stockt der Neuaufbau.
Besser sieht die Situation auf der Werther Straße aus, wo die Mauern an der Erft fast wieder komplett hergestellt sind. Ralf Wassong, technischer Leiter der Stadtwerke, stellte die Arbeiten vor. Stolz präsentierte Preiser-Marian die Freitreppe zur Erft, deren Steine teilweise mit Fotos aus der Flut beklebt wurden. Auch das Flutmuseum, das in einem Raum des ehemaligen Hotels Hillebrand untergebracht ist und einige Überreste aus den Tagen im Juli 2021 versammelt, konnte besichtigt werden.
Zwei Flutbetroffene berichteten von ihren Erfahrungen
Zum Abschluss des Rundgangs stellte Preiser-Marian mit Friseurmeisterin Melanie Dederichs die Person vor, die als erste im Oktober 2021 ihren Laden in der Innenstadt wieder geöffnet hatte. „Das war möglich, weil der Vermieter Gas gegeben hatte“, sagte sie. Auch Marcel Hayen, Betreiber des Café T, einer Institution in Bad Münstereifel, der eigentlich gerade von einem Kamerateam des ZDF in Beschlag genommen worden war, gesellte sich zu der Gruppe.
Seine Angestellten, berichtete er, backen für die Stammgäste zu Hause Kuchen, damit es irgendwie weitergeht. Auch die offizielle Wiedereröffnung rücke immer näher. Die sei für den 1. Oktober geplant. „Bis dahin ist auch hier das Pflaster fertig“, versprach Preiser-Marian.
Mancherorts kehrt eine Katastrophendemenz ein
„Bad Münstereifel ist ungeheuer weit. Das ist eine Riesenleistung“, sagte Scharrenbach zu dem, was sie zu sehen bekam. Nachdem sie bereits am Tag nach der Flut in der Stadt gewesen sei, sei sie häufig dort gewesen, das bislang letzte Mal vor einem Jahr. „Seitdem ist viel passiert, die Mauern sind im Grunde fertig“, lobte sie.
Wer die Folgen die Flutkatastrophe nicht kenne, sehe nicht, dass etwas gewesen sei. „Man merkt immer wieder, das lässt die Leute nicht los, das vergisst keiner“, so die Ministerin. Auch sie habe keine Katastrophendemenz. Doch in den Behörden sei zu spüren, dass immer mehr Business as usual und der alte Trott einkehre. „Das ist schade, mit dem Pragmatismus nach der Flut sind gute Ergebnisse erzielt worden“, berichtete sie von den ersten Wochen und Monaten nach der Katastrophe.
„Für uns sind solche Besuche enorm wichtig“, sagte auch Bürgermeisterin Preiser-Marian. Im Gegensatz zum Ahrtal müsse die mediale Aufmerksamkeit wachgehalten und immer wieder daran erinnert werden, dass es auch im Kreis Euskirchen eine Flut gegeben habe. Nur im Austausch könne gelernt werden, wie Dinge besser gemacht werden können. „Ich hoffe, das wirkt der Demenz entgegen“, äußerte sie.
Dass die Informationen in der Mehrzahl von Männern vorgetragen worden seien, sei Zufall, sagte die Kreisvorsitzende der Frauen-Union, Birgit Braun-Näger: „An der Steinbachtalsperre und in der Jesuitenbibliothek gibt es nur Männer.“ Mit Bürgermeisterin Preiser-Marian und der Stadtplanerin Carmen Haltenhof sowie der Friseurin Dederichs sei aber auch weibliches Fachwissen vertreten gewesen.
Eröffnung und Kirmes
Die Freitreppe an der Erft in Bad Münstereifel ist weitgehend fertiggestellt. Wie die Stadt mitteilt, werden Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian und Vertreter der Stadtrats-Fraktionen die Treppe zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe am Samstag, 15. Juli, um 11 Uhr offiziell freigeben.
Außerdem wird sie zu diesem Anlass eingesegnet. Am Wochenende findet zudem die Kirmes auf dem Klosterplatz statt. Die Eröffnung ist am Freitag, 14. Juli, um 18 Uhr. Am Samstag ist zudem Late-Night-Shopping bis 22 Uhr, um 22.30 Uhr startet das Feuerwerk. Am Sonntag ist ab 13 Uhr verkaufsoffen, um 14 Uhr startet das Musikprogramm am Biergarten. Am Montag ist Familientag. (sev)