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Fluthilfen in EuskirchenMit dem Bescheid gibt’s nun direkt erstes Geld

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NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach, hier bei der Wiederaufbaukonferenz in Bad Münstereifel, kündigt eine beschleunigte Auszahlung der Hilfsgelder an Private an. (Archivfoto)

Kreis Euskirchen/Scharrenbach – Was sie als Ministerin selbst in den Monaten nach der Flutkatastrophe gelernt hat? Die Redaktion hielt NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach am Freitag in einer Pressekonferenz vor, dass das Bewilligungsverfahren zur Wiederaufbauhilfe aus Sicht der Region quälend schleppend verlaufe. Scharrenbach: „Mir ist klar geworden, dass wir im Land eine ständige Eingreiftruppe für außergewöhnliche Lagen benötigen.“ Das habe sich schon bei der Auszahlung von Corona-Hilfen und jetzt erneut bei der Wiederaufbauhilfe gezeigt.

Das Nadelöhr bildet nach ihrer Darstellung das noch fehlende Personal. „Die ganze gute Arbeit wird vom vorhandenen Personal geleistet“, sagte Scharrenbach: „Und die Leute machen das zusätzlich zu ihren normalen Aufgaben.“ Die Arbeit, so Scharrenbach, sei außerdem mit der Auszahlung der Gelder noch lange nicht getan. Und werde noch komplexer. Im März rechne sie schon mit den ersten kommunalen Wiederaufbauplänen.

284 neue Stellen sind beim Land und bei den Bezirksregierungen für den Wiederaufbau und die Bewältigung der Folgen der Katastrophe geschaffen worden, davon 203 bei den Bezirksregierungen. Doch die Stellenbesetzungen brauchen Zeit. Sechs Monate nach der Flut, vier Monate nach Bereitstellung der 12,3 Milliarden für den Wiederaufbau in den NRW-Flutregionen, sind erst 21 der 284 Stellen besetzt. Es ist offenbar schwierig, entsprechend qualifizierte Mitarbeiter für die befristeten Stellen zu finden. Daher wird die besonders betroffene Bezirksregierung Köln durch die in Arnsberg, Düsseldorf, Münster und Detmold unterstützt.

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Nach Einschätzung von Scharrenbach hat nun auch die Auszahlung der Aufbauhilfe für Private an Fahrt aufgenommen: Bis zum 7. Januar seien 77 Prozent der 11 301 eingegangenen Anträge geprüft oder bewilligt worden. Das seien 8694 mit einem Volumen von 99,5 Millionen Euro. Von diesem Geld seien 50 Millionen Euro ausgezahlt worden. 20 Millionen sollen laut der Ministerin in den nächsten Tagen folgen.

Schneller Geld auf den Konten

Am 13. Januar – die Zahl der gestellten Anträge hatte sich zwischenzeitlich um 246 erhöht, seien 9239 Anträge mit einem Volumen von 117,4 Millionen geprüft oder bewilligt worden, das seien 80 Prozent.

Durch ein verändertes Auszahlungsverfahren, so kündigte Scharrenbach an, soll dafür gesorgt werden, dass das Geld schneller bei den Antragstellern eintrifft. Bisher wurde erst vier Wochen nach dem Bescheid gezahlt. Nun soll mit dem Bescheid die Hausratspauschale komplett ausgezahlt werden. Bei den Gebäudeschäden werde nach Bereitstellung des Leistungsbescheids eine Billigkeitsleistung in Höhe von 40 Prozent ausgezahlt. Weitere 30 Prozent können nach Vorlage einer Zwischenabrechnung überwiesen werden. Dazu reiche es künftig aus, so die Ministerin, eine Belegliste vorzulegen. Bislang mussten dafür bereits Rechnungen eingereicht werden. Den noch nicht abgerufenen Rest der Billigkeitsleistung gebe es dann nach Vorlage und Prüfung der Verwendungsnachweise.

Betroffene sind am Limit

In der Pressekonferenz der Ministerin berichtete der Odendorfer Fluthelfer Kai Imsande darüber, wie sich die Situation vor Ort darstellt. „Es ist durchwachsen“, konstatierte er. „Die von der Flutkatastrophe Betroffenen“, so der 45-Jährige, „sind am Limit – seelisch und finanziell.“ Die Auszahlung der Gelder müsse dringend beschleunigt werden. Neben dem finanziellen Druck stünden sie vor der Aufgabe, Handwerker zu finden und Gutachten zu beschaffen. „Sie kümmern sich um ihre Familien und gehen ja auch noch ihrer Arbeit nach.“ Da sei es kein Wunder, dass sich viele Menschen sechs Monate nach der Flut alleingelassen fühlten. „Man darf die Bürger nicht als Bittsteller behandeln, wir müssen zu ihnen gehen“, forderte Imsande.

Ministerin Scharrenbach forderte ausdrücklich dazu auf, dass in den Fällen, in denen Antragsteller noch nichts gehört hätten, sich Sorgen machten oder vor Problemen stünden, sich per E-Mail an hochwasser@mhkbg.nrw.de direkt an ihr Ministerium wenden könnten.

Euskirchener hat Monate gewartet

Der Euskirchener Dirk Neumann ist mit seiner Familie vom Hochwasser betroffen und einer der Bürger, die vom zähen Verlauf des Bewilligungsverfahrens zur Aufbauhilfe enttäuscht sind. Am 30. Oktober habe er seinen Antrag gewissenhaft mit Hilfe der Kreisverwaltung ausgefüllt und abgesendet.

An Heiligabend meldete er sich in der Redaktion, weil er trotz mehrfachen Nachfragens keine Informationen zu seinem Antrag erhalten hatte. „Ich habe bei allen möglichen Stellen und Hotlines in Köln und Düsseldorf nachgefragt, was mit meinem Antrag ist, und nirgends eine Antwort erhalten, mit der ich etwas anfangen konnte. Stattdessen hat man mir gesagt, dass ich nicht anrufen solle, damit man keine Zeit verliere, die Anträge zu bearbeiten.“ Als er sich schließlich bei Ministerpräsident Hendrik Wüst beschwert habe, habe er aus dem NRW-Heimatministerium die Bestätigung erhalten, dass sein Antrag noch nicht bearbeitet worden sei und man auch nicht wisse, wann das sein werde. „Das hat mir nun gar nicht weitergeholfen“, ärgerte er sich.

In der vergangenen Woche, so bestätigte Neumann jetzt auf Anfrage der Redaktion, sei der Bewilligungsbescheid bei ihm eingetroffen. Sowohl für den Hausrat als auch für den Gebäudeschaden seien die von ihm beantragten Mittel bewilligt worden. Die erste Tranche werde laut Bescheid in vier Wochen gezahlt. (ch)