Mit 11.640 Besuchern an sechs Tagen ist die Hölle von Vettweiß die größte Sitzung im Umkreis. Auch viele Kölner Karnevalsstars treten auf.
MädchensitzungenSo feiern die Jecken und die Kölner Stars in der Hölle von Vettweiß
Die „Hölle von Vettweiß“ feiert in dieser Session Jubiläum. Bei fünf Mädchensitzungen geht in dieser Woche im Riesenzelt die Post ab. Darunter ist auch die 121. Sitzung, nach der Rechnung der Karnevalisten also die „elfmal elfte“. 9700 jecke Frauen und 1940 jecke Herren (beim Männerstammtisch) werden am Ende der Woche wieder ausgelassen Karneval gefeiert haben. Viele der bekanntesten Kölner Kräfte, ob Brings oder Solorednerin Achnes Kasulke, waren dann wieder auf der Höllen-Bühne.
„Oh Susanna, wo ist das rote Pferd? Es ist jetzt auf Mallorca, weil es auch in Urlaub fährt.“ Sinnfrei, sozusagen Dadaismus des Alltags, doch lauthals mitgesungen von 1940 jecken Frauen im 55 mal 30 Meter großen Festzelt – und der Dielenboden bebt. Marita Köllner, 65, bekannt als Fussich Julche, die auch auf Mallorca lebt, braucht nicht mehr, um die Hölle von Vettweiß zum Brodeln zu bringen.
Diese Hölle, an sechs Tagen hintereinander, ist mit ihren 11.640 Besuchern die „größte Karnevalsveranstaltung im Umkreis“, sagt Peter Eversheim, Vorsitzender der KG Vettweiß, die Ausrichter der Riesensause ist. Damit auch am Mittwoch die kostümierten Frauencliquen, die meist mit dem Fahrdienst ihrer Männer und Freunde aus einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern angereist sind, alles wie gewohnt vorfinden, haben am Morgen wieder bis zu 50 Helfer und Helferinnen aus den Reihen der KG zum Beispiel die Bierzelttische im Zelt eingedeckt.
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11.640 Besucher feiern an sechs Tagen in der Hölle von Vettweiß
Auch Franz Kau aus Langendorf hat samt Familie und Team das Seinige getan. Das imposante Zelt, das in den vergangenen Jahren noch um Zusatzmodule erweitert wurde, stand angesichts der Kürze der Session schon am 30. Dezember: ein in der Höllen-Geschichte seltener Fall.
„Fragen Sie mich jetzt ja nicht, wie viel Limo oder Wasser die Frauen an einem Höllen-Tag trinken“, sagt Kau. Doch auch die von den Cliquen georderten „Pittermännchen“ gehen in der Höllen-Woche nach seinen Angaben im vierstelligen Bereich über den Tresen. Fragt man Kau, was neben dem Umsatz für ihn das Besondere an Vettweiß ist, kommt die Antwort schnell: „Dass wir mitten im Winter eine Zeltveranstaltung haben, und eben keinen Saal.“ Das sei einfach gemütlicher. Dabei hätte man angesichts der zuverlässigen Besucherzahlen hier schon längst einen festen Bau hinstellen können, davon ist er überzeugt.
Unterdessen haben am Nachmittag vor Beginn der sechsstündigen Sitzung (offizielles Ende ist gegen 22 Uhr) wie immer 30 Aktive der KG Vettweiß, hinzu kommt das 21-köpfige Sicherheitsteam, den Dienst begonnen.
Beim Männerstammtisch kommen seit neuestem fünf Aufpasser dazu: Die Beschwerden über die Wildpinkler im Umfeld des Festzeltes, das auf einem Schulgelände aufgestellt ist, seien immer zahlreicher geworden. Daher gebe es nun eine zusätzliche Außenbestreifung beim Männertag, heißt es. Immer dabei sind zudem sechs Rettungssanitäter im Zelt sowie ein Rettungs- und ein Krankentransportwagen davor. Auch die Polizei lässt sich ab und an blicken.
Was den Unterschied in diesem Jahr ausmacht? KG-Vorsitzender Peter Eversheim meint mit Blick auf die Stimmung im Zelt: „Dass Corona wirklich kein Thema mehr ist. Alle wollen feiern!“
Klar, meinen die 22 Ahoi-Brause-Frauen aus Vettweiß, Lommersum, Euskirchen, Zülpich und der Eifel, wie Nicole den Einzugsbereich ihrer Clique beschreibt. Sie selbst sei ja zuerst kritisch gewesen: „Ich bin ein Kölner Mädchen. Als ich nach Vettweiß gezogen bin, war ich mir sicher: Ich gehe doch nicht auf eine Dorfsitzung!“ Der Vorsatz kippte schnell. „Mit der Stimmung hier kommt keine Sitzung in Köln mit“, ist sie überzeugt. Keine Einzelmeinung an diesem Tag. Auch die Cowgirls einige Tische weiter, Tanja und ihre Tochter Hannah aus Schöneseiffen, stimmen zu: „Selbst im Gürzenich ist es nicht so“, meint die Mutter. Das sei „einfach die geilste Sitzung“, ergänzt die Tochter.
Unterdessen hat Guido Cantz Marita Köllner auf der Bühne abgelöst, nach Marc Metzger damit der Dritte im Bunde der Solisten auf der Höllen-Bühne, bevor die eigentliche Party mit den Kölner Musikbands beginnt. Zwischendurch – auch das hat schon Tradition – gibt es etwa Aufzüge einer der großen Kölner Karnevalsgarden und der Showtanzgruppen der KG. Die beiden Sitzungspräsidenten Thorsten Bohlem und Torsten Hubin sitzen mit ihrem Elferrat ja nicht nur als Dekoration auf der Bühne. Auch die Hölle hat ihre Sitzungsordnung.
Guido Cantz kam bei dem Vettweißer Publikum gut an
Guido Cantz ist immer für ein paar Worte zum Zeitgeschehen gut, was seine Fans zu schätzen wissen. In diesem Fall wirkt er auch mit Blick auf die Kriege in der Ukraine und in Israel nachdenklich: „Karneval war noch nie so wichtig wie in diesem Jahr. Ich habe den Eindruck, dass da draußen die Verrückten rumlaufen, hier drinnen sind die Normalen.“ Doch dann wird Cantz gewohnt unterhaltsam.
„Er hat einfach einen schönen, trockenen Humor“, kommentiert Nicole, die Teil einer zehnköpfigen Katzengruppe aus Simmerath ist. Auch diese Clique ist schon häufiger in der Hölle gewesen. Warum sie immer wiederkommen? „Hier geben sich alle wirklich Mühe. Die, die feiern. Und die Organisatoren. Alle machen so richtig Fastelovend.“ Jetzt freue sie sich vor allem auf den Auftritt von Cat Ballou, die offenbar im Saal besonders viele Fans haben. „Die haben einfach das gewisse Etwas“, so die Simmerather Katzenfrau.
Den Reigen der Kölner Bands eröffnet an diesem Tag aber Kasalla, deren Sänger Bastian Campmann als Teil des Auftritts ein Bad in der Menge nimmt und in die ersten Reihen der begeisterten Fans herabsteigt. Im Lichtspot um ihn herum werden sofort die Smartphones für Selfies mit dem Sänger gezückt.
„Is dat Hollywood – ne, die Hölle von Vettweiß“ ist wieder so ein einfacher Slogan, der die Fans in noch euphorischere Stimmung bringt. Man ist schließlich Teil davon! Domstürmer-Sänger Micky Nauber intoniert den Refrain eher als Schlachtruf, und die Dielenbretter beben wieder. So, wie es auch Brings, den Klüngelköpp oder den Paveiern gelingt.
Pathi aus Köln ist Teil einer kleinen Sonnen-Gruppe. Bei ihr geht es jetzt ums rechte Posing für die Event-Fotos auf Instagram. „Die Stimmung hier, das ist eben doch noch mal was anderes als in der Stadt“, begründet sie den Landausflug.
Das hat in der Session 2018/19 auch das Kölner Dreigestirn so erlebt. Udo Kreitz, Präsident der KG Vettweiß, kann sich noch gut an den prächtigen Einzug des Trifoliums samt Prinzengarde und Tanzgarde erinnern. Nach seiner 44. Session, der letzten, in der er auch als Sitzungspräsident an einigen der sechs tollen Höllen-Tage von Vettweiß Verantwortung trägt, geht der 65-Jährige in den jecken Altersruhestand. In der damaligen Session hatte Bauer Markus einen Besuch in der Hölle für den üblichen Ausflug des Dreigestirns der Domstadt ins befreundete Umland vorgeschlagen. Für Kreitz, seit 1978 Aktiver bei der KG, ein Höhepunkt seines Karnevalistenlebens.
Die 44. Session ist für KG-Präsident Udo Kreitz die letzte
Begleitet von einem Aufnahmeteam des WDR-Fernsehens, schreitet Kreitz durch den Mittelgang des Festzeltes bis zur Bühne. Es hat etwas von einer Zeremonie und einer Ein-Mann-Prozession – was dem Großteil der feiernden Frauen allerdings schlicht schnuppe ist.
Wenige Minuten später zieht er aus seiner Sicht Bilanz. Dass die heutige Hölle dem „Näschen und der Weitsicht unserer Altvorderen“ zu verdanken sei. Kreitz hat ja die Anfänge miterlebt. 600 statt der erwarteten 300 Besucher kamen damals. Im Jahr drauf dann die erste Damensitzung. Und dann ging es immer nur nach oben: mehr Besucher, Zelt statt Saal, der schon längst zu klein geworden war, größeres Zelt, mehr Sitzungen, noch einmal ein größeres Zelt. Sechs Sitzungen hintereinander. Und der Vereinskarneval kommt ja immer noch dazu.
„Das ist alles organisch gewachsen“, meint Udo Kreitz: „Doch jetzt stoßen wir auch an Grenzen.“ Mehr als ausverkauft geht eben nicht, mehr Platz gibt es auch nicht. „Save the date“, heißt es deshalb jetzt schon auf den Tischen im Festzelt auf kleinen Handzetteln. Vorsorglich. Der Vorverkauf für die „Hölle von Vettweiß“ beginnt nämlich weit vor Aschermittwoch. In einem wahren Höllentempo werden in zwei Tagen die 11 640 Karten verkauft sein.
Der Kartenvorverkauf für die Hölle von Vettweiß 2025 findet von Samstag, 27. Januar, 9 Uhr, bis Sonntag, 28. Januar, 18 Uhr, online statt.