Dass die NRW-Regierung von Hendrik Wüst im Kreis Euskirchen noch viele Flächen für Windkraft ausmacht, stößt auf heftige Kritik.
KonfliktSo versuchen CDU-Politiker, Windkraft-Kritiker im Kreis Euskirchen zu beruhigen
Steht dem Kreis Euskirchen ein massiver Ausbau der Windenergie ins Haus? Die am Donnerstag vorgestellte Analyse des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), die hierzulande noch viel geeignete Fläche für Windräder aufzeigt, sorgt für Aufregung.
Etwa bei Ralf Hoffmann, dem Sprecher AG Windenergie Eifel & Börde. „Im Wahlkampf hatte Hendrik Wüst gesagt, die CDU wolle an dem Mindestabstand von 1000 Meter von Windanlagen zu Wohnhäusern im Innenbereich festhalten“, erinnert Hoffmann sich. Und nun das: Die 1000-Meter-Regel ist so gut wie Geschichte.
Laut Lanuv gibt es im Kreis Euskirchen 8665 Hektar, die für Windkraft geeignet sind, also 6,9 Prozent der Gesamtfläche – die natürlich bei Weitem nicht genutzt werden sollen. Bislang ist im Kreis ein Prozent als Windkraftzonen ausgewiesen und teils mit Windrädern versehen.
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Und die CDU? Sie sitzt in NRW nun mit den Grünen in einer Koalition. Kann man da schon mal das Festhalten an der 1000-Meter-Abstand-Regel vergessen? Klaus Voussem, dessen Wahlkreis aus Bad Münstereifel, Blankenheim, Kall, Euskirchen, Mechernich, Nettersheim und Zülpich besteht, und Dr. Ralf Nolten, zu dessen Wahlkreis Dahlem, Hellenthal und Schleiden gehören, sitzen für die CDU im Landtag.
CDU-Abgeordnete: Russischer Angriffskrieg hat vieles verändert
Beide verweisen darauf, dass sich mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vieles verändert habe – nicht zuletzt im Energiebereich. „Wir wollen und wir müssen mehr tun im Bereich Windenergie“, sagt Voussem. Sie sorge für Unabhängigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, niedrigere Energiepreise und Klimaschutz.
Die Landesregierung habe daher ein neues Steuerungsinstrument geschaffen. Damit könne der Bau von Windenergieanlagen dort wirksam verhindert werden, wo sie nicht sinnvoll seien und keine Akzeptanz fänden. Dieses neue Instrument mache die pauschale 1000-Meter-Regelung obsolet, so Voussem und Nolten unisono.
Dass im Kreis viel Potenzialfläche gefunden wurde, „ist wenig überraschend, wenn man Landschaft und Topografie kennt“, sagt Voussem. Es handele sich aber nur um eine Flächenanalyse, stellt Nolten klar. Die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger bleibe wichtig. Sie könne etwa durch finanzielle Beteiligungen gestärkt werden. „Bei mir im Heimatort waren vor 20 Jahren fast alle gegen Windräder“, erinnert sich der 59-jährige Nolten. Die Zustimmung sei gewachsen, als darin „nicht mehr die Verspargelung, sondern die Geldanlage“ gesehen wurde.
Politiker wollen Bürger bei der Windkraft mit ins Boot holen
Außerdem bedeute die Flächenanalyse nicht, dass nun innerhalb kurzer Zeit massenweise Windräder im Kreis aufgestellt würden, so die beiden CDU-Abgeordneten. Wie viele es am Ende sein werden, wisse niemand. Erst im Regionalplan werden die Windkraftzonen ausgewiesen. Der soll 2025 fertig sein.
Richtig sei zwar, dass die Kommunen nicht mehr selbst bestimmen können, wo sie Windkraft haben wollen. Aber sie werden selbstverständlich intensiv in den Prozess eingebunden. „Sie können auch davon ausgehen“, so Nolten, „dass ich als Vorsitzender des Eifelvereins die Belange der Natur und Landschaft im Auge haben werde.“
Windkraft: Klaus Voussem verspricht Augenmaß im Kreis Euskirchen
Auch Voussem verspricht Augenmaß: In keiner Planungsregion sollen mehr als 75 Prozent der Potenzialfläche für Windkraft zur Verfügung gestellt werden. Die Obergrenze von 2,2 Prozent der Gesamtfläche werde nicht überschritten. Und keine Kommune solle mehr als 15 Prozent des Gemeindegebiets für die Windenergie vorhalten müssen. Voussem: „Es muss verhindert werden, dass Windenergieanlagen dort entstehen, wo sie in Zukunft nicht gewünscht sind, weil sie außerhalb der vorgesehenen Windenergiegebiete auf Regionalplanungsebene liegen und die Entwicklungspotenziale der Kommunen beschränken.“
Dennoch will die Landesregierung bis 2027 1000 zusätzliche Windrädern bauen lassen. 450 könnten relativ schnell aufgestellt werden, so die beiden Christdemokraten: auf Kernpotenzialflächen mit einer Gesamtgröße von 9000 Hektar. „Das entspricht rechnerisch etwa 450 zusätzlichen Windrädern“, erläutert Voussem.
Der Kreis Euskirchen sei bis auf Bereiche bei Zülpich in Richtung Kreis Düren und bei Weilerswist davon nicht betroffen. Diese sogenannten No-Regret-Flächen („kein Bedauern“) sorgten einerseits für den weiteren Ausbau, verhinderten aber, dass bis zum Abschluss des Regionalplanverfahrens außerhalb dieser Zonen Wildwuchs stattfinde oder bei Investoren Goldgräberstimmung ausbreche.
Ralf Hoffmann dürfte das nicht überzeugen. Er hält den Ausbau für falsch: „Wir machen den zweiten vor dem ersten Schritt. Wir brauchen erstmal Speicher.“ Hoffmann verweist auf Möglichkeiten, klimaschädliches CO2 bei der Produktion abzuscheiden.
Marion Zöller, eine der drei Vorsitzenden des Kreis-Naturschutzbundes (Nabu), ist nach eigenem Bekunden keine strikte Gegnerin der Windkraft. Sie frage sich aber schon, wo das Lanuv so viele potenzielle Flächen ausmache.
Euskirchener Landrat Markus Ramers sieht „gehöriges Konfliktpotenziel“
„Wir kommen hier in der Nordeifel langsam an die Grenzen“, sagt sie und denkt an Natur- und Artenschutz. Schließlich sei ja noch eine Solaroffensive geplant. „Auch da wird auf jeden Fall Fläche für die Landwirtschaft wegfallen“, gibt Zöller zu bedenken: „Wir müssen aber irgendwann mal so ehrlich sein und sagen: Die Ressource Fläche ist nicht unendlich.“
Landrat Markus Ramers könnte also recht haben, wenn er „gehöriges Konfliktpotenzial“ ausmacht.