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ArchäologieDie Vergangenheit des Kreises Euskirchen wird mit Hightech erkundet

Lesezeit 3 Minuten
Leo Klinke führt das Gestell über ein Feld.

Mit diesem Magnetometer können Leo Klinke und seine Kollegen das Alter von Funden unter der Erde ermitteln.

Bei der Archäologietour Nordeifel wurde deutlich: Computerprogramme und Drohnen lösen Spaten bei der Erkundung der Vergangenheit ab.

Langsam drehen die Landwirte ihre Runden. Die Felder werden gegrubbert, der Boden für eine künftige Nutzung vorbereitet. Der zwischen Billig und Rheder gelegene Acker wirkt auf den ersten Blick wie jedes andere Feld in der Region. Doch tatsächlich birgt er zahlreiche Geheimnisse aus ferner Vergangenheit.

Aus diesem Grund zählte er auch zu den insgesamt sechs Stationen der mittlerweile 17. Archäologietour Nordeifel, bei der die Besucher tief in die Geschichte des Kreises eintauchen konnten. Organisiert durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, die Nordeifel Tourismus GmbH sowie die beteiligten Kommunen, folgten erneut Hunderte Gäste den ausgelegten Spuren dieser Zeitreise.

Billig verdankt seinen Namen einer sogenannten „vicus belgica“

Die Historie des erwähnten Ackers führte die Geschichtsinteressierten dabei zurück in die ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt. Bereits in den 1880er-Jahren wurden bei Ausgrabungen Spuren einer alten römischen Siedlung, einer sogenannten „vicus belgica“, gefunden.

Dieser habe der Ort Billig sogar seinen Namen zu verdanken, wie Christine Wohlfarth, Leiterin der Abteilung Prospektion vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, erklärte. „Die damals gemachten Funde haben ergeben, dass vom ersten bis fünften Jahrhundert rund um eine hier verlaufende wichtige Militär- und Handelsstraße der Römer eine kleine Ansiedlung entstanden ist.“ Tonscherben, Steinfundamente und Tafelgeschirr ließen Rückschlüsse auf die Lebensweise zu.

Grabungen, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts hier durchgeführt wurden, sind heute gar nicht mehr nötig.
Leo Klinke, Landschaftsverband Rheinland

Die Mitarbeiter des LVR-Amtes gewährten jedoch nicht nur Einblicke in die Vergangenheit, sondern auch in die moderne Technik. Mit der sei heutzutage eine deutlich schonendere archäologische Arbeit möglich, erklärte Leo Klinke von der archäologisch-geophysikalischen Prospektion.

„Grabungen, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts hier durchgeführt wurden, sind heute gar nicht mehr nötig. Geräte wie das Magnetometer erlauben es uns, die kleinsten, durch Bodenbewegung entstandenen Abweichungen des Erdmagnetfeldes auch in Metern Tiefe zu ermitteln und der entsprechenden Zeitepoche zuzuordnen“, erläuterte Klinke.

Das Bild zeigt Teile des Gemäuers von Burg Kallmuth.

Ihren Ursprung haben Teile der Burg Kallmuth im frühen 13. Jahrhundert.

Der zusätzliche Einsatz von Drohnen erlaube es, mithilfe von Computerprogrammen ein dreidimensionales Abbild der damaligen Bauwerke zu rekonstruieren, ohne auch nur einen einzigen Spaten in den Boden setzen zu müssen.

Doch auch die heute noch sichtbare Architektur rückte bei der Archäologietour in den Fokus. Die Burg Kallmuth, die sich heute in Privatbesitz befindet und einst Sitz des Adelsgeschlechts Kallmuth war, vereinte dabei mehrere Jahrhunderte Bau- und Gesellschaftsgeschichte in sich.

Die Burg Kallmuth war einst Sitz eines Adelsgeschlechts

„Die ältesten Teile der Burg sind im 13. Jahrhundert entstanden und entstammen einer Zeit, in der der sogenannte Schwertadel sein Land vor ständigen Angriffen verteidigen musste“, erklärte Jonathan Schoenenberg vom LVR.

Diese aus der Zweckmäßigkeit heraus sehr ungemütliche Bauweise sei im 14. Jahrhundert durch den Wunsch der Burgherren nach mehr Luxus und einer entsprechenden Außenwirkung abgelöst worden, was sich in dem deutlich gastfreundlicheren Eingangsbereich erkennen lasse. „Im 16. Jahrhundert entstand ein dritter, sogenannter landtagsfähiger Neubau, um die Burg für politische Treffen der Adeligen herzurichten.“

Die Sprungschanze in Hollerath ist kaum noch bekannt

Genau diese noch heute erlebbare Geschichte, die im Alltag häufig übersehen werde, wolle man mit der Archäologietour mehr ins Bewusstsein rücken, betonte Alexandra Ziesché von der Abteilung für Grabungstechnik: „Uns ist eine abwechslungsreiche Darstellung sehr wichtig, weshalb wir bei den einzelnen Stationen immer sehr unterschiedliche Schwerpunkte setzen.“

Neben den Ausgrabungen und der Architektur stünden daher auch Themen im Fokus wie die Wasserversorgung zu römischer Zeit in Zülpich, in Nettersheim das Leben im Flachmeer, in dem das Rheinland vor einigen hundert Millionen Jahren lag, die alte Stadtmauer in Bad Münstereifel und in Hollerath die einstige Skisprungschanze.

„Die Sprunganlage wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und ist heute kaum noch bekannt“, so Ziesché: „Da die Zeit sich jedoch immer weiterbewegt, zählt auch die Schanze mittlerweile zu der Geschichte der Region, die wir mit unserer Archäologietour in all ihrer Vielfalt präsentieren wollen.“