Kreis Euskirchen – Wird der Antrag für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe künftig auf einem Bierdeckel ausgefüllt werden können? „Nein“, sagt Ina Scharrenbach. Die Steuererklärung auf dem Bierdeckel sei ja auch nicht gekommen, so die NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung war Mittwoch im Kreishaus.
Die Ministerin nahm auch vielen Betroffenen die Hoffnung, dass das Stellen des Antrags zumindest ein bisschen einfacher werden wird. So werde auch künftig beispielsweise die Steueridentifikationsnummer benötigt. „Wir benötigen eine Sicherheit im System, denn die Summen die ausgezahlt werden, sind zwischen 13.000 Euro und hoch sechsstellig“, so die Ministerin. Auch eine E-Mail-Adresse werde weiter benötigt.
Die Ministerin ist trotz allem insgesamt zufrieden: „Der Antrag ist ein lernendes System"
Die E-Mail-Adresse jedoch ist gerade bei älteren Menschen eine erste große Hürde. „Mitunter sitzen die Mitarbeiter hier und legen erstmal eine E-Mail-Adresse an“, sagt Landrat Markus Ramers, der unmittelbar nach dem Startschuss für die Antragstellung noch heftige Kritik an dem System geäußert hatte. Mittlerweile sei es an vielen Stellen einfacher geworden, so der Landrat. Eine große Hilfe sei beispielsweise die Hotline, die für Kreis-Mitarbeiter zum Ministerium eingerichtet worden sei. Auf diesem Weg könne die eine oder andere Frage der Betroffenen schneller geklärt werden. Und auch die Menschen kommen laut Ramers mit den Anträgen immer besser zurecht.
Das Info-Mobil des Kreises wird weiter durch die Orte touren, um den Menschen Hilfestellungen beim Ausfüllen des Antrags zu geben. Die Beratungen sind jeweils von 9.30 bis 15.30 Uhr, eine Terminvereinbarung ist nicht erforderlich.
Die nächsten Stationen sind am heutigen Donnerstag in Arloff/ Kirspenich, Bachstraße 33. Am Freitag steuert das Info-Mobil den Parkplatz „Im Burggarten“ in Schleiden an. Am Samstag steht es in Sinzenich auf dem Dorfplatz. Am Montag, 4. Oktober, ist das Info-Mobil in Roitzheim, Lilienstraße 73. Am Dienstag geht es dann nach Bad Münstereifel in die Kernstadt. Am Mittwoch macht das Mobil Station auf dem Dorfplatz in Golbach. (tom/Bild: Steinicke)
Laut Ramers sind aktuell 78 Mitarbeiter im Einsatz, um die vom Hochwasser Betroffenen beim Ausfüllen der Anträge zu unterstützen. Wie Ministern Scharrenbach mitteilt, sind landesweit in den ersten eineinhalb Wochen rund 3000 Anträge gestellt worden. Mit dieser Zahl sei sie zufrieden. In dieser Woche werden laut Scharrenbach die ersten Bewilligungen erteilt, die Auszahlung werde danach „zügig“ folgen. „Der Antrag ist ein lernendes System. Wir haben noch nie eine vergleichbare Katastrophe in NRW erlebt, wir haben noch nie zwölf Milliarden in den verschiedensten Bereichen an die Menschen bringen dürfen“, so die 44-Jährige.
Info-Mobil des Kreises zur Beratung der Flut-Opfer unterwegs
Doch worum drehen sich so die Fragen der Antragsteller? Scharrenbach liefert im Kreishaus zwei Beispiele, die die Bandbreite widerspiegeln: „Eine Frau hat angerufen, die Erbin eines Hauses ist, worin der Angehörige bei der Flut ums Leben gekommen ist. Sie wollte wissen, ob sie mit der Sanierung beginnen könne, obwohl der Erbfall noch nicht beschieden ist.“ In einem anderem Fall habe jemand gefragt, ob er einen Antrag für seine hochwertige Golfausrüstung stellen könne. Im ersten Fall sei die Antwort Ja, im zweiten Nein, so Scharrenbach: „Daran merkt man, wie facettenreich die Fragen sind und deshalb bin ich dem Kreis dankbar, dass es die Beratungsstellen gibt.“
Ramers freute sich über den Besuch der Ministerin. „Mir war es wichtig zu zeigen, wie wichtig die Unterstützung ist, die wir leisten. Um diese Hilfe auch über Monate gewährleisten zu können, brauchen wir die Unterstützung des Landes“, so der Landrat, der auch auf der Info-Mobil des Kreises verwies. Die Mitarbeiter fahren durch den Kreis, um die Betroffenen direkt in den Ortschaften helfen zu können.
Fluthilfe: Ministerin Scharrenbach kündigt auch im Rhein-Erft-Kreis zügige Bearbeitung der Anträge an
Die Anträge der Flutopfer auf staatliche Unterstützung sollen zügig bearbeitet werden. Das hat NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach auch im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Rhein-Erft-Kreis am gleichen Tag zugesagt. Ab der nächsten Woche sollte das erste Geld Summen ausgezahlt werden.
Das Antragsverfahren war von vielen Betroffenen auch in Blessem und Bliesheim als umständlich und bürokratisch kritisiert worden. Menschen, die keinen Internet-Zugang haben, blieben zunächst außen vor. Mittlerweile können die Beratungsstellen in den Kommunen und beim Kreis nicht mehr nur Tipps geben, sondern tatsächlich helfen beim Ausfüllen und beim Abschicken. Im Notfall könnten sie sogar eine Mailadresse für die Betroffenen anlegen, sagte Scharrenbach.
Auch bei der Frage nach den Gutachtern schaffte sie Klarheit. Ein Gutachten muss nur der vorlegen, dessen Schaden höher ist als 50.000 Euro und der keine Elementarschaden-Versicherung hat. Die Gutachterliste, die online hinterlegt ist, sei nicht bindend. Flutopfer können auch andere Bausachverständige beauftragen.
Scharrenbach: Keine klare Aussage zur Kiesgrube bei Erftstadt-Blessem
Eine klare Aussage zur Zukunft der Kiesgrube bei Erftstadt-Blessem machte die Ministerin nicht. Beim Hochwasser Mitte Juli war ein Damm an der Erft gebrochen, das Wasser war in die Grube geströmt und hatte dann einen Krater gerissen, in dem drei Häuser versanken, weitere Häuser mussten am Abgrund abgerissen werden.
Es gebe Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium und der Bergbehörde unter Einbeziehung des Umweltministeriums. Ihr sei aber klar, dass die Blessemer strikt dagegen seien, dass der Betrieb dort wieder aufgenommen werde.
Ina Scharrenbach wird als mögliche Nachfolgerin von Armin Laschet an der Spitze der nordrhein-westfälischen CDU und als künftige Kandidatin für das Ministerpräsidentenamt gehandelt. Die Frage, wie viel Zuspruch sie dafür bekomme, beantwortete sie knapp: „Sehr viel.“ (uj/bru)