Neuanfang in Zingsheim: Das Werksgelände Firma Sieber Forming Solutions in Eicherscheid war bei der Flut komplett zerstört worden.
Flut zerstörte FirmengeländeSo wagt Sieber den Neuanfang in Zingsheim
Neuer Standort, neue Werkshalle, neue Maschinen – einen beeindruckenden Start von null auf hundert legte die Firma Sieber Forming Solutions hin, nachdem ihre Werksanlagen in Bad Münstereifel-Eicherscheid in der Flutkatastrophe in einen Totalschaden verwandelt worden waren.
Nach rund zwölf Monaten Bauzeit konnte der Bauträger G+S aus Euskirchen in der im Gewerbegebiet Zingsheim frisch errichteten Halle die offizielle Übergabe des neuen Produktionsortes feiern. Noch werden die Maschinen geliefert, montiert und aufgestellt.
Firma Sieber zieht nach der Flut von Eicherscheid nach Zingsheim
Noch sind die Wände in den Büros leer und weiß, doch das Engagement und der Elan, den Chefetage und Mitarbeiter in den vergangenen eineinhalb Jahren entwickelt haben, spricht für sich. „Es gab jeden Tag Entscheidungen, die getroffen werden mussten. Wir haben nur noch entschieden und kaum noch geplant“, sagte der Geschäftsführer Klaus Daniels.
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Das habe nur durch Vertrauen und auf kleinem Dienstweg mit dem Investor G+S funktioniert. Seine Firma habe nun die Grundlage, um neu anzufangen, das sei ein Beispiel für andere. Das könne auch ein Beispiel für höhere Ebenen sein. „Wir sind Eifeler, wir arbeiten an Lösungen, nicht an Hürden“, betonte er.
„Deshalb sind wir in der Region, hier gilt noch ein Handschlag“, lobte auch Hartmut Lackner, mit Jörg Wiskirchen Geschäftsführer von G+S die Zusammenarbeit. Probleme löse man nicht mit dem Mund, sondern mit dem Team, das die Pläne umsetze, lobte Lackner die Arbeit der Mitarbeiter.
Mit deutlich niedrigeren Kosten sei geplant worden, führte Spannmann Wiskirchen aus. Es habe während der Bauzeit in der Baubranche eine Inflation von 35 Prozent gegeben. So seien letztendlich rund 4,5 Millionen Euro investiert worden.
G&S vermietet an die Sieber. Das Unternehmer hat 4,5 Millionen Euro investiert
Das Gebäude bleibt im Besitz der Investoren und wird an die Firma Sieber vermietet. „Besprochen war am Anfang eine Halle, jetzt ist es ein Werk“, sagte Wiskirchen.
Komplett überspült wurde das Gelände in Eicherscheid in der Flutnacht im Sommer 2021. „Wir haben das ganze Wasser aufgefangen, sonst hätte es unten noch mehr Schäden gegeben“, schilderte Daniels die Ereignisse.
Eine 50-Tonnen schwere Maschine sei aus der Lagerhalle gespült worden. Mittlerweile sei das Gelände vollständig freigeräumt und wieder eine Wiese. „Das ist jetzt Retentionsgebiet“, so der Firmenchef.
Überleben konnte die Firma laut Daniels nur, da sie einen zweiten Produktionsstandort in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg hat. Die hätte das Geschäft weitergeführt, sonst sei Sieber nicht mehr am Markt. „Wir hätten sonst für neun Monate Fertigungsstopp gehabt“, sagte Daniels.
Mitarbeiter wurden mit Bussen nach Hamburg gefahren
Die Angestellten seien wochenweise mit Bussen nach Norddeutschland gefahren worden. In Bad Münstereifel sei die Halle eines Werkzeugmachers erworben worden, der das Geschäft nach der Flut aufgegeben habe. „Dort haben wir mit gebrauchten Maschinen wieder angefangen“, berichtete er.
Zahlreiche Maschinen seien Schrott gewesen, nur die alten gusseisernen hätten gerettet werden können. Doch in Bad Münstereifel habe er mit der Firma nicht bleiben wollen. „Die Bürgermeisterin wollte mir nicht garantieren, dass so ein Hochwasser nächste Woche nicht wiederkommt“, sagte er halb im Scherz.
So habe er mit G+S ein Grundstück gesucht und sei schnell im Gewerbegebiet in Zingsheim fündig geworden. Dort konnten 16.000 Quadratmeter erworben werden, die noch nicht vollständig bebaut sind. „Wir sind offen für jede Idee“, sagte Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump bei der Werksbesichtigung.
1800 Quadratmeter beträgt die Nutzfläche der Werkhalle, in der die Produktionsmaschinen des Werkzeugherstellers stehen. Dazu wurden Büros inklusive einer bisher noch nicht genutzten Restfläche auf rund 900 Quadratmeter errichtet.
Photovoltaik und ein neuer Standard für Industriegebäude
Beheizt wird das Gebäude mit Erdwärme, Strom von den Photovoltaikanlagen auf dem Hallendach wird für die Produktion verwendet, erläuterte Lackner: „Was möglich ist zu tun, haben wir getan.“ Geheizt werde über den Betonboden, der im Sommer auch kühle und die entzogene Wärme wieder in den Boden einleite, fügte Wiskirchen hinzu: „Der Standard dieser Halle ist bei Industriegebäuden neu.“ Bei den Maschinen, die Prozesswärme entwickelten, sei eine Heizung aber eigentlich nicht notwendig, so der Experte.
Seit drei Wochen ziehen die Maschinen aus der Halle in Bad Münstereifel nach Zingsheim. An den ersten wird bereits produziert. Nach Ostern solle alles fertig sein, so Daniels. Bis dahin müssten alle Maschinen richtig installiert und ausgerichtet sein.
Die Firma Sieber Forming Solutions arbeitet an Werkzeugen für die Kaltmassivumformung. Dabei werden aus einem Stück Draht komplexe Teile geformt. Das geschieht über mehrere Schritte mit hydraulischen Pressen, die bis zu 20 Tonnen Druck leisten.
Die Kaltmassivumformung ist verlustfrei, Abfall entsteht nicht. Sieber Forming Solutions entwickelt die Prozesse, baut die dafür notwendigen Werkzeuge, installiert sie beim Kunden und sorgt auch dafür, dass sie funktionieren. Auch wenn ein Teil der Kunden aus der Massenfertigung in der Automobilindustrie kommt, ist die Fertigung bei Sieber Forming Solutions von Einzelanfertigungen bestimmt.
Deutschlandweit arbeiten rund 80 Mitarbeiter bei Sieber. In Zingsheim sind es 40, die größtenteils in der Region leben. (sev)