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Zu Geldstrafe verurteiltEuskirchenerin erschlich sich 25.000 Euro Fluthilfe

Lesezeit 4 Minuten
Das Symbolbild zeigt eine Baustelle mit Schuttcontainern in Euskirchen.

In Euskirchen richtete die Flut 2021 schwere Schäden an. Betroffene erhielten unbürokratisch Hilfe. Das nutzte eine Frau, die verschont worden war, schamlos aus.

Eine Frau aus Euskirchen wurde zu 3000 Euro Geldstrafe verurteilt. Sie hatte sich mit gefälschten Angaben als Flutopfer ausgegeben.

Wieder ist am Euskirchener Amtsgericht eine Frau wegen Fluthilfebetrugs verurteilt worden. Richterin Stefanie Diel verurteilte eine 35 Jahre alte Angeklagte zu einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro (120 Tagessätze zu je 25 Euro). Leila P. (Name geändert) hatte sich mit wahrheitswidrigen Angaben als Opfer der Naturkatastrophe von Juli 2021 ausgegeben und sich auf diese Weise 25.000 Euro erschlichen.

Der Fall gleicht dem einer 34-jährigen Euskirchenerin, die in Anfang Februar wegen Betrugs ein Jahr auf Bewährung kassiert hatte. Ihr waren knapp 30.000 Euro an Fluthilfe ausgezahlt worden, die ihr nicht zustanden.

Die Euskirchenerin fügte ihrem Antrag 80 Fotos bei

P. wohnt mit ihrer Familie in einem Mietshaus in der Euskirchener Innenstadt. In einem Antrag an das Land NRW, den die Bezirksregierung Münster bearbeitete, erklärte sie im März 2022, dass das Hochwasser in ihrer Wohnung und im Keller in großem Umfang Hausrat zerstört habe. Um die Schäden zu illustrieren, fügte sie dem Schreiben 80 Fotografien bei.

Die Bezirksregierung zahlte der Euskirchenerin die beantragten 25.000 Euro aus. Im Nachhinein jedoch fielen der Behörde Unstimmigkeiten auf, die in einer Anzeige bei der Bonner Staatsanwaltschaft und letztlich in einem Strafprozess am Amtsgericht mündeten. Ermittlungen hatten ergeben, dass das Haus, in dem P. mit ihrem Ehemann und zwei Kindern wohnt, von dem Hochwasser nicht betroffen war. Und die 80 Bilder, die das Unheil beweisen sollten, stammten nicht aus ihren Räumen, sondern aus zwei Häusern in der Kölner Straße und der Eisenauerstraße in Kall, wie es in der Anklageschrift hieß.

Sie sah darin die Chance auf leicht verdientes Geld.
Thomas Bößem, Rechtsanwalt

Leila P. legte zu Beginn der Verhandlung über ihren Verteidiger Thomas Bößem ein Geständnis ab. Die Hausfrau selbst erklärte, dass „ein Bekannter aus Euskirchen“, ein gewisser Ahmet, ihr angeboten habe, mit der geschilderten Methode ihr Konto aufzustocken. „Sie sah darin die Chance auf leicht verdientes Geld“, sagte ihr Rechtsanwalt. In den Augen seiner Mandantin sei das wie ein Lottogewinn gewesen.

Besagter Ahmet habe sich mit den Personalien und den Ausweisdaten der Frau um die Formalitäten gekümmert und für sie eine E-Mail-Adresse generiert. Für seine Dienste habe er 10.000 Euro erhalten, sagte Bößem, der zudem erklärte, dass Ahmet auch anderen Leuten in der Stadt seine Unterstützung angeboten habe: „Das war in Euskirchen so eine Art Massengeschäft.“

Die Bezirksregierung Münster fordert von der Angeklagten 25.000 Euro

Nach Angaben des Gerichts waren vom Konto der Angeklagten kurz nach Überweisung der Finanzhilfe zuerst 6000 Euro, dann 2000 Euro abgehoben worden. Mittlerweile hat P. von der Bezirksregierung einen Rückforderungsbescheid über den Gesamtbetrag erhalten. Sie wolle das Geld zurückzahlen, sagte sie.

Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft wollte von der Angeklagten Näheres über deren Bekannten erfahren – freilich erfolglos. P. sagte, sie kenne weder seinen Nachnamen, noch wisse sie, wo er sich aufhalte: „Er wohnt immer woanders, mal in Euskirchen, mal in Köln, mal in Bonn.“

Die Euskirchenerin verstrickte sich in Widersprüche

Auf Nachfragen hin verstrickte sich die Angeklagte in Widersprüche. Zunächst sagte sie, ihr seien von den 25.000 Euro Fluthilfe 15.ooo geblieben, während Ahmet 10.000 Euro erhalten habe. Kurz darauf belief sich sein Anteil ihren Angaben zufolge auf einen Betrag zwischen 6000 und 10.ooo Euro, schließlich auf „ungefähr 8000“.

Als die Anklagevertreterin Details zur Kontaktaufnahme hören wollte, erzählte P., sie habe Ahmet in der Stadt getroffen, nur um im nächsten Moment zu erklären, sie habe mit ihm telefoniert. Ob sie seine Nummer kenne? „Nein.“

Mir platzt gleich der Kragen, obwohl ich Ihnen erst drei Minuten zugehört habe.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft

„Ich glaube Ihnen kein Wort“, erwiderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. „Mir platzt gleich der Kragen, obwohl ich Ihnen erst drei Minuten zugehört habe.“ Was Leila P. getan habe, sei „eine absolute Sauerei gegenüber allen Flutopfern“. Sie habe die Notlage vieler Menschen ausgenutzt, die am Ende ihrer Existenz gewesen seien, fügte die Anklägerin hinzu.

Während sie eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten und die Zahlung von 150 Euro je Monat an eine gemeinnützige Einrichtung für die Dauer der Bewährungszeit von drei Jahren forderte, beantragte die Verteidigung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen.

Die Vorsitzende sagte in der Urteilsbegründung, das Verhalten der Angeklagten sei „besonders schändlich und schäbig“ und von Niederträchtigkeit geprägt gewesen: „Sie haben Geld abgegriffen, das für diejenigen gedacht war, die wirklich in Not waren.“ Leila P. habe einen hohen Schaden verursacht, sagte Diel weiter: Ob sie in der Lage sei, das Geld zurückzuerstatten, so die Richterin, „das steht in den Sternen“.