Düsseldorf/Münster – Wegen steil ansteigender Fallzahlen nehmen einige Gesundheitsämter in Nordrhein-Westfalen nur noch zu besonders gefährdeten Corona-Infizierten Kontakt auf. Die Situation in den Gesundheitsämtern sei angespannt, teilte das Gesundheitsministerium auf Anfrage mit. Das Land unterstütze die Ämter mit mehr finanzierten Stellen, auch Soldatinnen und Soldaten seien im Einsatz. Mehrere Städte in Nordrhein-Westfalen berichten dennoch, dass sie wegen der Anzahl der Corona-Fälle mit dem verfügbaren Personal nicht mehr hinterherkämen.
Nach der aktuellen Corona-Quarantäneverordnung müssen sich Infizierte nach einem positiven Test selbstständig abschotten - eine Anordnung der Behörde ist demnach nicht mehr nötig. Zudem sind die positiv Getesteten verpflichtet, „unverzüglich” alle engen Kontaktpersonen zu informieren. Üblicherweise hatten die Gesundheitsämter in der Vergangenheit Infizierte kontaktiert, um sie zum Beispiel nach Kontaktpersonen zu fragen oder Hinweise zur Quarantäne zu geben - das schaffen einige nun nicht mehr.
Besonders angespannt scheint die Lage in Köln und Solingen zu sein. Hier werden die meisten Infizierten nicht mehr vom Gesundheitsamt kontaktiert. Nur in Ausnahmefällen wie Ausbrüchen bei Pflegeheimbewohnern wird an Betroffene in der Domstadt herangetreten, wie ein Sprecher mitteilte. Solingen konzentriert sich auf „Infektionen und größere Ausbrüche in Schulen und Kindertagesstätten sowie in Pflegeeinrichtungen, in Krankenhäusern und in weiteren vergleichbaren Einrichtungen”.
In anderen Städten priorisieren die Gesundheitsämter bei ihrer Arbeit bestimmte Gruppen. In der Region Aachen werden Corona-Infizierte nach Angaben eines Sprechers nur noch vom Gesundheitsamt kontaktiert, wenn sie älter als 70 Jahre sind. Zudem betreue das Gesundheitsamt Krankenhäuser, Seniorenzentren, Schulen und Kitas mit Ausbrüchen. In Münster werden die Meldungen von Infizierten nur noch tagesaktuell abgearbeitet. Erst bei freien Kapazitäten kümmern sich die Mitarbeiter laut einer Sprecherin um Fälle vom Vortag.
In Essen setzt man zur Bearbeitung der hohen Fallzahlen auf technische Hilfe. Ab der kommenden Woche sollen Infizierte mithilfe eines SMS-Tools über ihre Quarantäne informiert werden. Zurzeit müsse das Gesundheitsamt noch keine Priorisierung vornehmen - sollte es dazu kommen, würden sich die Mitarbeiter auch in Essen vorrangig um die Betreuung vulnerabler Gruppen und Einrichtungen kümmern.
In der Landeshauptstadt Düsseldorf werden die Infizierten nach Angaben eines Sprechers weiterhin telefonisch kontaktiert. Das sei zwar laut Verordnung nicht notwendig, aber eine „Serviceleistung” der Stadt.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte zuvor gesagt, eine Priorisierung zur Entlastung der kommunalen Gesundheitsämter sei erforderlich. Die Kontaktnachverfolgung müsse sich auf vulnerable Gruppen, etwa Pflegeheime, konzentrieren.
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