Am Donnerstag beginnt an den Hochschulen in NRW das Wintersemester.
In Zeiten von Corona ist allerdings alles ein bisschen anders: Der Vorlesungsbeginn verschiebt sich teilweise bis Anfang November und die Hochschulen verfolgen ein Hybridmodell.
Was das für die Studierenden und Lehrenden bedeutet, lesen Sie hier.
Köln – Im normalen Universitätsalltag wechseln Studierende von Hörsaal zu Hörsaal. In dem einen kommen 60 Kommilitonen zusammen, in der Vorlesung danach sitzen rund 500 Studienkameraden und anschließend versammeln sich dreißig Menschen, um über das Gelernte zu diskutieren. Problem in Corona-Zeiten: Ehe eine mit dem Virus infizierte Person identifiziert wäre, hätten unzählige weitere Seminare und Vorlesungen mit Kontaktpersonen stattgefunden. Das will natürlich niemand. „Ein Superspreading-Event wollen wir an der Universität zu Köln mit allen Mitteln vermeiden“, sagt Beatrix Busse, Prorektorin für Lehre und Studium an der Universität zu Köln.
Mit dem Oktober startet an den Hochschulen das neue Wintersemester. Doch der Vorlesungsbeginn verschiebt sich teilweise bis Anfang November. Von den Hochschulen in NRW wird ein Hybridsemester angestrebt – eine Mischung also aus Präsenz- und Online-Lehre. Für die Präsenz-Veranstaltungen gelten Einschränkungen. „Es ist unser Ziel, dass die Hochschulen zum Wintersemester auch wieder zu Orten der Begegnung und des direkten Austauschs werden können“, teilt das Landesministerium für Kultur und Wissenschaft mit. Klar sei aber: Die Gesundheit von Studierenden und Lehrenden habe nach wie vor höchste Priorität.
Vorlesungsbeginn verschoben
An vielen Universitäten beginnen die Vorlesungen erst am 2. November, anstatt am 12. Oktober an Universitäten und am 28. September an Fachhochschulen. Der Grund: Abiturprüfungen wurden nach hinten geschoben, weshalb die Bewerbungsfrist an den Hochschulen und in der Folge der Vorlesungsbeginn für Erstsemester angepasst werden mussten. Für alle anderen Semester gilt der 26. Oktober. „Wir fanden es unübersichtlich, unterschiedlich zu starten und wollen alle einheitlich am 2. November beginnen lassen“, sagt Eva Prost von der Technischen Universität Dortmund. Ausnahmen seien möglich. Auch an der Universität Münster, der Technischen Hochschule Köln und der Universität zu Köln beginnen die Vorlesungen Anfang November.
Anders ist das in Aachen: Hier starten die Erstsemester am 2. November, alle anderen bereits am 26. Oktober. „Wir wollen nicht noch eine Woche mehr verlieren“, sagt Aloys Krieg, Prorektor für Lehre an der RWTH Aachen. Das Semester wurde zwei Wochen nach hinten geschoben, allerdings am Ende nur um eine Woche verlängert. Auch an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn starten die Erstsemester eine Woche später.
Der Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) Köln, Eugen Esman, begrüßt die Verschiebung des Semesters: „Nicht nur Abiturprüfungen, auch viele Klausuren in der Uni fanden verspätet statt. Auch der Übergang von Bachelor zu Master hätte sonst schwierig werden können.“ Die interne einheitliche Regelung in Köln sei hilfreich. „Das gibt den Studierenden eine gewisse Sicherheit.“
Erstsemester bei Präsenz bevorzugen
Die Hochschulen in NRW setzen im Wintersemester auf eine Art Hybridmodell. Die Präsenz-Lehre soll wieder aufgenommen werden, allerdings unter Beachtung der aktuellen Auflagen mit Beschränkung auf 50 Personen. Insbesondere die großen Veranstaltungen wie Vorlesungen werden digital angeboten. Bei den Präsenz-Veranstaltungen wollen die Hochschulen die Erstsemester bevorzugen. „Es ist wichtig für sie, an der Uni anzukommen und die Kommilitonen kennenzulernen – das soziale Miteinander wird oft unterschätzt“, sagt Krieg. Die Studierendenvertretungen unterstützen die Bevorzugung der Erstsemester in der Präsenz-Raumbelegung. „Der Austausch und die Kontakte vor Ort sind für die Erstsemester elementar“, sagt Esman.
Schwierig für die Studierenden sei, noch nicht zu wissen, ob Veranstaltungen in Präsenz oder online stattfinden, so die stellvertretende Vorsitzende des Asta Bonn, Johanna Münzel. Das erschwere individuelle Planungen wie Wohnungs- und Jobsuche.
Die Hochschulen bereiten sich gleichzeitig auf steigende Infektionszahlen vor. Es müsse jederzeit damit gerechnet werden, dass eine Umstellung auf reinen Online-Lehrbetrieb nötig werde, sagt Beatrix Busse. „Es werden zudem nicht alle Studierenden an den Präsenzveranstaltungen teilnehmen können – etwa internationale Studierende oder Studierende, die zur Risikogruppe gehören“, so Busse. Damit auch sie die Veranstaltungen verfolgen und Prüfungen ablegen können, soll in jedem Fall Veranstaltungsmaterial online zur Verfügung gestellt werden.
Mindestabstand und Masken
Nach der Allgemeinverfügung der Landesregierung darf bei festen Sitzplätzen auf Abstand verzichtet werden. Dennoch halten die Hochschulen in NRW in ihren Räumen mindestens jeden zweiten Platz frei, manche wahren überall den 1,5 Meter-Abstand.
Innerhalb der Hochschulgebäude sind Masken zu tragen. Laut Schutzverordnung können sie auf den Plätzen abgenommen werden. An der Uni Köln sind die Regeln strenger: 1,5 Meter Mindestabstand, Räume mit Belüftung und eine Maskenpflicht auch während der Lehrveranstaltungen an den Plätzen.
Modelle der Rückverfolgbarkeit
Besonders wichtig im Fall von Infektionen ist die Rückverfolgbarkeit. Die Landesschutzverordnung sieht eine einfache Rückverfolgung vor, wenn der Abstand eingehalten wird. Ist dies nicht der Fall, spricht man von einer besonderen Rückverfolgung: Dann muss in einem Sitzplan festgehalten werden, wer, wann, wo gesessen hat. An einigen Universitäten gibt es dafür digitale Lösungen. An der TU Dortmund ist jeder Platz mit einem QR-Code versehen, mit dem sich Studierende einchecken. Die Uni Münster arbeitet an einem Registrierungstool, an dem sich die Studierenden einen Sitzplatz buchen – wie beim Kinobesuch.
An der Uni Bonn setzt man auf eine Art „Urnenmodell“: „Auf den Plätzen, die besetzt werden dürfen, liegen Kärtchen, auf die die Studierenden Daten und Platznummer eintragen. Beim Verlassen des Raums werfen sie dieses in den vorgesehenen Behälter“, sagt die Prorektorin der Uni Bonn, Karin Holm-Müller. In Aachen und Düsseldorf müssen die Studierenden bei jeder Veranstaltung Zettel mit ihren Kontaktdaten ausfüllen.
Rückblick Online-Semester
Das Sommersemester lief rein digital. Die Hochschulen zeigten sich im Rückblick zufrieden. „Es gab durchaus Erfolgsmomente,“ sagt Esman. Allerdings sei der Arbeitsaufwand für Studierende enorm angestiegen. Viele seien überfordert gewesen. „Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass ein digitaler Unterricht von den Dozierenden gesondert vorbereitet werden muss und für die Online-Lehre eigene didaktische Konzepte gefragt sind.“
Viele Unis bauen ihre Technik in den Hörsälen aus. Die Tonqualität bei Übertragungen soll verbessert werden, Kamerawechsel vom Redner zur Tafel oder Aufzeichnungen in Form von vertonten Folien sollen möglich werden.
Mit der vereinzelten Rückkehr der Präsenz-Lehre soll ein Stück Normalität im Hochschulbetrieb geschaffen werden. Für das Hybridsemester ist ein vorsichtiger Optimismus vorhanden: „Im Online-Semester haben wir Erfahrungen sammeln können, wie digitale Lehre funktionieren kann. Jetzt müssen wir die Lehren nutzen“, sagt Esman.