- Wenige hätten Armin Laschet vor drei Jahren zugetraut, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen zu werden.
- Mittlerweile regiert der Aachener nicht nur weitgehend geräuschlos, sondern hat sich auch als Kanzlerkandidat im Wartestand positioniert.
- Die Kanzlerkandidatur wäre für Laschet ein kalkulierbares Risiko, kommentiert unser Chefredakteur.
Manchmal, in stillen Momenten, dürfte Armin Laschet die eigene Metamorphose selbst ein wenig unwirklich vorkommen. Der CDU-Politiker aus Aachen führt nicht nur seit zweieinhalb Jahren ziemlich geräuschlos die schwarz-gelbe Koalition in NRW. Mit gutem Gespür hat er sich auch als Kanzlerkandidat der Union im Wartestand positioniert.
Weder das eine – Regieren mit ruhiger Hand im Land – noch das andere – aussichtsreiche Ambitionen auf das Kanzleramt – hätten ihm seine Freunde und noch weniger seine Gegner vor einigen Jahren zugetraut.
Das könnte Sie auch interessieren:
Laschets Wirken in der Düsseldorfer Staatskanzlei und sein Agieren als möglicher Merkel-Nachfolger sind derzeit schwer auseinanderzuhalten. Es läuft gut für Laschet, im doppelten Sinne. Der Höhenflug birgt aber auch Gefahren. Wie lange geht so ein Tanz auf zwei Hochzeiten gut? Und je länger der Machtkampf um die Merkel-Nachfolge dauert, desto ungemütlicher wird die Lage für Laschet in NRW werden.
Es gibt keinen Kronprinzen in der Union
Mit Ausnahme seiner Vorgängerin Hannelore Kraft glaubten eigentlich alle Ministerpräsidenten von NRW, sie könnten Kanzler. Laschet hat nun eine realistische Option, es auch zu werden. Es gibt keinen Kronprinzen in der Union mit natürlicher Anwartschaft auf Merkels Erbe. Das ist Laschets große Chance.
Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist schon nach einem Jahr im Amt angezählt. Und Merkel scheint in der Endphase ihrer Kanzlerschaft jeden Gestaltungswillen aufgegeben zu haben. Das Führungsvakuum führt zwar zu einem Wiedererstarken von Friedrich Merz. Dessen aggressiver Ton kommt jedoch nicht überall in der Partei gut an.
Im richtigen Moment zur Stelle
Laschet verhält sich geschickter. Er verteilt als Ratschläge getarnte Seitenhiebe auf AKK. Anders als Merz sendet er das Signal, die Macht nicht selbst aktiv erobern zu wollen, aber im richtigen Moment zur Stelle zu sein. Sollte AKK scheitern, hätte er als Chef des größten CDU-Landesverbands beste Chancen.
Für Laschet spricht auch: Er kann mit den Grünen – ein womöglich entscheidender Faktor. Schwarz-Grün ist derzeit die wahrscheinlichste künftige Regierungskonstellation im Bund. Mit Blick darauf geht Laschet mit der Öko-Partei behutsam um.
Laschet muss warten, ob AKK selbst den Punkt erkennt, an dem sie die Kanzlerkandidatur einem anderen überlässt. Gleichzeitig muss er verhindern, dass in NRW eine Debatte losbricht, er nutze die Düsseldorfer Staatskanzlei nur noch als Vorposten für das Kanzleramt. Diese Konstellation kann ihm auf Dauer gefährlich werden.
Dramatische Schwäche der SPD
Die Opposition im Landtag wird mehr und mehr versuchen, ihn zu treiben. Und im Land gibt es Anzeichen für ein Rumoren: Im Gegensatz zu Laschets persönlichen Beliebtheitswerten sinkt die Zufriedenheit mit seiner Regierung. Schwarz-Gelb hätte laut einer Befragung im September keine Mehrheit mehr.
Doch Laschet kann darauf spekulieren, dass sich die Doppelbelastung für ihn auszahlt. Die Kanzlerkandidatur wäre ein kalkulierbares Risiko: Aufgrund der dramatischen Schwäche der SPD ist die Aussicht, das Amt für die Union zu sichern, sehr groß. Dann wäre Laschet, der oft Unterschätzte, am Ziel.