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Anklage gegen Leverkusener ClanMit Folter Details zu Liebesbeziehung erpresst

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ClanAxel

Razzia in Leverkusen: Die Polizei untersucht das Haus, das  dem Clan gehört (Archivbild von  2021)

Leverkusen – Der mutmaßliche Pate des kurdisch-arabischen Al Zein-Clans hatte alles genau geplant. Mit einigen Hilfskräften wollte er einen Ehebrecher nahe der Berliner Allee in Düsseldorf abpassen. Die Zielperson pflegte eine Liebschaft mit der Ehefrau eines Bekannten des Leverkusener Clanchefs Badia Al Zein. Dafür sollte der Nebenbuhler nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ büßen. Als Murat E. (Name geändert) aus der Haustür trat, wurde er von seinen Kidnappern umringt. Panisch versuchte er zu fliehen, kam aber nicht weit.

Die Bande brachte ihn in einen für Musikaufnahmen schallisolierten Kellerraum einer Shisha-Bar. Dort, so wird es das Opfer später der Polizei berichten, sollen die Gangster ihn gequält haben. Der Zeuge spricht von einer „Folter-Gerichtsverhandlung“. Den Vorsitz im Tribunal soll Badia Al Zein eingenommen haben. Er soll zudem seinen Schergen befohlen haben, den Gefangenen wie einen Hund zu prügeln. Immer wieder setzte es Schläge und Tritte. Einer der Männer filmte das Geschehen, der Clip wurde später sichergestellt.

Details zur Liebesbeziehung erfahren

Demonstrativ hatte die Bande eine Schaufel und Hacke gut sichtbar platziert, dadurch sollte Murat E. glauben, dass man ihn später töten und irgendwo verscharren würde. Völlig eingeschüchtert ließ er das Martyrium über sich ergehen, ohne dass seine Peiniger ihm Fesseln anlegen mussten. Immer wieder suchten die Folterer Details zur Liebesbeziehung zu erfahren. Während das Opfer sich vor Schmerzen krümmte, soll Badia Al Zein das Kommando gegeben haben, ihn mit einem Stock zu malträtieren. Anschließend sollte die Geisel im Wald begraben werden. Als die Kidnapper alles aus Murat E. herausgequetscht hatten, ließen sie ihn aber laufen.

Alles zum Thema Herbert Reul

Die Geschehnisse im September 2018 schildert die Staatsanwaltschaft Düsseldorf in ihrer Anklage gegen den Leverkusener Clan-Chef und sechs weitere Angeklagte aus seiner Großfamilie. Wenn das Folter-Opfer heute zurückblickt, kommen wieder Todesängste hoch. Er sei fast gestorben, gab Murat E. zu Protokoll.

Geiselnahme, Schutzgelderpressung, Geldwäsche, Zwangsarbeit, Sozialleistungsbetrug von fast einer halben Million Euro – das sind nur einige Anklagepunkte gegen die Nummer zwei in der bundesweiten Al-Zein-Hierarchie und seine mutmaßlichen Komplizen.

Omeirats führen Straftatenliste an

Mit etwa 3000 geschätzten Mitgliedern zählt der Al-Zein-Clan zu den führenden Großsippen hierzulande. Im neuen Clan-Lagebild, das NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) während einer Fachtagung in Neuss am Dienstag vorstellte, rangiert das Familiensyndikat, deren Protagonisten etwa unter diversen Alias-Namen wie El Zein firmieren, mit 431 Straftaten auf Rang Zwei. An der Spitze stehen kriminelle Zweige der Omeirats mit knapp 700 Fällen.

Allein diese beiden türkisch-arabischen Großfamilien kommen 2021 für ein Fünftel der 5462 aufgeführten Taten auf. Fast ein Drittel betreffen Gewaltattacken, eine große Steigerung von fast 40 Prozent verzeichnet der Report des Landeskriminalamts (LKA) NRW bei Sexualdelikten. Als Clan-Hotspot Nummer eins gilt nach wie vor Essen, auf weitere Ruhr-Städte folgt Köln auf Rang sieben.

Zahl der Tatverdächtigen ist gesunken

Insgesamt registriert das LKA 113 einschlägig bekannte türkisch-arabische Clans, deren kriminelle Zweige an Rhein und Ruhr aktiv sind. Die Zahl der Tatverdächtigen sank vermutlich durch den Corona-Faktor bedingt um gut fünf Prozent auf 3629.

Seit 2017 hat Reul den Kampf gegen die Clanunterwelt massiv forciert. Allein im vergangenen Jahr haben sich die beschlagnahmten Summen im Vergleich zu 2020 auf gut zehn Millionen Euro mehr als verdoppelt. „NRW ist kein Honigtopf mehr für kriminelle Clans“, sagte der Minister, der die seit 2018 verfolgte Null-Toleranz-Strategie der Polizei für die positive Zwischenbilanz verantwortlich macht. „Wir piesacken mit Erfolg“, betonte Reul. Die Wegnahme der illegalen Clan-Millionen, „geht denen an die Substanz“.

Zahl der Tumultdelikte ist gesunken

Polizeiinspekteur Michael Schemke hob nochmals die Taktik der 1000 Nadelstiche als richtigen Weg hervor. Seit 2018 habe die Polizei mit ihren Partnern vom Zoll, der Bundespolizei, der Steuerfahndung und den städtischen Behörden mehr als 2000 Kontrollen in dem Bereich durchgeführt. 5000 Objekte seien durchsucht, 448 wegen Verstößen geschlossen worden.

Auch seien die Zusammenrottungen von Clanangehörigen bei kleinsten Anlässen - so genannte Tumultdelikte - von 179 auf 37 im vergangenen Jahr zurückgegangen. „Der Staat hat die Straße zurückerobert“, resümierte Schemke.

Auch den großen Namen im Clanmilieu machen die Ermittler das Leben schwer. „18 der 90 OK-Verfahren werden durch türkisch-arabische Familien dominiert“, berichtete Achim Schmitz, OK-Chef im LKA NRW. OK steht für Organisierte Kriminalität. Allein die Drogenkomplexe, die größtenteils auf entschlüsselte Handy-Nachrichten der Krypto-Software Encrochat basieren, summieren sich nach seinen Hochrechnungen auf gut 21 Millionen Euro.

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Auf der Jagd nach den Chefs hat das LKA NRW eine Task Force eingerichtet, die sich mit den Finanzströmen der Clans beschäftigt. „Follow the money“ (folge dem Geld) lautet auch die Devise in jenem Komplex um einen großen Geldwäschering, in dem die Kölner Staatsanwaltschaft kurz vor dem Abschluss der Nachforschungen steht. Wie Behördensprecherin Miriam Margerie mitteilte, stehen 61 Bandenmitglieder auf der Beschuldigtenliste. „Es geht um Geldwäsche von Drogengeld hauptsächlich aus den Niederlanden und Großbritannien.“

So fielen Kuriere auf dem Weg in die Türkei mit eingenähten Gelddepots bei Zollkontrollen an hiesigen Flughäfen auf. Die Spur führte zu einer türkischen Großfamilie, die vom Düsseldorfer Raum aus operierte. Das Rauschgiftgeld wurde zunächst in Lagern in Bochum verpackt und durch Verwandte in der Türkei gewaschen. Nach Abzug einer hohen Provision erhielten die Geldgeber ihre Beträge zurück. Insgesamt, so Staatsanwältin Margerie, soll die Großfamilie „einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gewaschen haben“.

Mit Hartz-IV Villa finanziert

Ein Modell, das der Leverkusener Al Zein-Clan laut Anklage ebenfalls äußerst clever betrieben haben soll. Mit den Hartz-IV-Leistungen schaffte man es sogar Kredite für eine Villa in Rheindorf zu finanzieren. Ferner soll der Hartz-IV-Empfänger Badia Al Zein im Mai 2021 mit einem Partner zusammen ein Grundstück für den Bau eines Hotels im türkischen Badeort Izmir erworben haben. Kostenpunkt: 3,5 Millionen Euro. Sein ältester Sohn, ebenfalls Bezieher staatlicher Stütze, soll eine 160 Quadratmeter große Penthouse-Wohnung in der Türkei gekauft haben.

Wie diese Zeitung erfuhr, laufen gegen den Chef der Al Zeins zwei weitere Geldwäscheverfahren. So soll die Familie laut Staatsanwaltschaft ihre kriminellen Gewinne in diversen Unternehmen investiert haben, darunter 350.000 Euro in eine Immobiliengesellschaft. Die Firma finanzierte dem Clan im Gegenzug einen Range Rover und organisierte Kick-Back-Zahlungen von bis zu 10.000 Euro pro Monat.